JudikaturJustiz2Ob31/05f

2Ob31/05f – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. April 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** AG, *****, vertreten durch Dr. Christian Girardi und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Michael R*****, vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 168.679,26 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. Dezember 2004, GZ 1 R 230/04i 14, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. August 2004, GZ 18 Cg 16/04h 10, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im angefochtenen Umfang (EUR 159.695,98 sA) aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die c*****gesellschaft mbH (im Folgenden kurz: GmbH) hatte als Unternehmensziel eine laufende Präsentation von wechselnden interaktiven Themenausstellungen und Wahrnehmungsinstallationen, verbunden mit gastronomischen Angeboten. Hiefür wurde ein ehemaliges Kino umgebaut. Die Finanzierung war zur Gänze auf Spenden und öffentlichen Zuschüssen aufgebaut. Es gab jedoch keine verbindlichen Zusagen der Sponsoren. Als schließlich die Umbauarbeiten massiv die Kosten überschritten, trat der Geschäftsführer der GmbH an den Beklagten heran. Es wurde vereinbart, dass der Beklagte künftig als Gesellschafter und gewerberechtlicher Geschäftsführer bei der GmbH eintreten solle; hiefür sollten die übrigen Gesellschafter dem Beklagten Anteile abtreten. Weiters wurde über eine Zwischenfinanzierung durch den Beklagten als Überbrückung für die zu erwartenden Subventionen gesprochen. Daraufhin kontaktierte der Beklagte die Klägerin wegen eines Finanzierungsantrages. Am 10. 10. 2002 wurde vom Beklagten eine Abstattungskreditzusage zwischen der Klägerin und der GmbH als Realschuldner mitunterzeichnet, durch die ein Kredit in Höhe von EUR 200.000, - eingeräumt wurde. Die Rückzahlung sollte ab 1. 9. 2003 in 48 monatlichen Kapitalraten von EUR 4.166,67 erfolgen. Unter Punkt 5. der Abstattungskreditzusage wurde angeführt, dass „zur Sicherung aller Forderungen und Ansprüche aus diesem und zukünftigen Krediten, sowie aus der Geschäftsverbindung überhaupt" die Anmerkung der Rangordnung für ein einzuverleibendes Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von EUR 250.000, - in EZ ***** GB ***** im ersten Rang dienen solle, wobei von dem Recht der Einverleibung im Range dieser Rangordnung jederzeit Gebrauch gemacht werden könne. Am 16. 10. 2002 unterfertigte der Beklagte eine Pfandurkunde, in welcher angeführt wurde, dass „zur Sicherung aller Forderungen und Ansprüche aus Haupt und Nebenverbindlichkeiten aller Art bis zum Höchstbetrag von EUR 250.000, " für die Kreditforderungen der Klägerin auf der betreffenden Liegenschaft des Beklagten das Singularpfandrecht einverleibt wird. Die Anmerkung der Rangordnung wurde am 24. 10. 2002 im Grundbuch eingetragen.

Mit 10. 12. 2003 wurde über die GmbH der Konkurs eröffnet und (in der Folge) ein 20 %iger Zwangsausgleich abgeschlossen. Dabei wurde von der Klägerin als Forderung aus dem Kreditkonto ein Betrag von EUR 201.613,44 und aus dem Girokonto ein Betrag von EUR 9.572,42 angemeldet. Diese Beträge wurden anerkannt. Mit Schreiben vom 12. 1. 2004 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung dieser Beträge auf. Die Ausgleichsquote in Höhe von insgesamt EUR 42.237,17 erging am 28. 4. 2004 an die Klägerin.

Über diesen Sachverhalt hinaus ist unstrittig, dass die Klägerin weder gegenüber der GmbH als Hauptschuldnerin aus dem Abstattungskredit noch im Konkurs derselben ihre Forderung aus dem Abstattungskredit jemals fällig gestellt hat oder den Kredit aufgekündigt hat.

Die Klägerin begehrte nach Klagseinschränkung (Zwangsausgleichsquote) die Zahlung von insgesamt EUR 159.695,98 sA bei sonstiger Exekution in die vom Beklagten verpfändete Liegenschaft und brachte dazu vor, dass sich diese Summe aus ihren Forderungen aus dem Abstattungskredit und einem Girokonto der GmbH ergebe. Infolge der Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH seien sämtliche Beträge fällig und der Beklagte als Realschuldner verpflichtet, die offenen Beträge zu bezahlen.

Der Beklagte wendete ein, dass er mangels Fälligstellung der Hauptschuld aus dem Abstattungskredit nicht als Realschuldner in Anspruch genommen werden könne. Weiters habe er den Eröffnungsvertrag zum Girokonto nicht mitunterfertigt und sei die in der Pfandurkunde abgegebene Haftung nicht auf dieses abgestellt.

Das Erstgericht wies das Begehren auf Zahlung eines Betrages von EUR 8.983,28 (Girokonto) - rechtskräftig - ab und verurteilte im Übrigen den Beklagten dazu, der Klägerin EUR 159.695,98 sA (Abstattungskredit) zu bezahlen. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass der Beklagte mit einer Haftung für das Girokonto der GmbH nicht zu rechnen gehabt habe und dass es sich bei der in die Pfandurkunde aufgenommenen Erstreckungsklausel um eine sittenwidrige Vertragsklausel handle. Im Übrigen bejahte es die Haftung des Beklagten als Realschuldner für die Forderung aus dem Abstattungskredit.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne der gänzlichen Klagsabweisung ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei und führte im Wesentlichen Folgendes aus:

Nach den Grundsätzen der §§ 447, 461 ABGB sei Voraussetzung für die Befriedigung aus einer verpfändeten Sache die Nichtbezahlung der fälligen Schuld. § 14 Abs 2 KO bestimme, dass betagte Forderungen im Konkurs als fällig gelten. Das vorliegende Kreditverhältnis falle als „betagte Forderung" unter diese Norm, weil es sich ja um einen in einem bestimmten Zeitraum abzustattenden Kredit handle. Die Forderung sei im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht fällig gewesen. Solche Forderungen würden jedoch lediglich im Konkurs im Hinblick auf den Teilnahmeanspruch des Konkursgläubigers als fällig gelten. Materiell rechtlich ändere sich die Fälligkeit nicht. Die Fälligkeit sei also nur so weit als vorhanden anzusehen, als es zum Zweck der Geltendmachung im Konkurs erforderlich sei, also zur Feststellung der Forderungen, zur Teilnahme an Abstimmungen und Verteilungen, zur Vornahme der Aufrechnung. Außerhalb des Konkurses, also in Hinblick auf Dritte (etwa Mitschuldner, Bürgen, Pfandbesteller), auf konkursfreies Vermögen und nach dem Konkurs könne die Forderung nur geltend gemacht werden, wenn der Fälligkeitstag bereits gekommen sei.

Daraus resultiere, dass die Forderung der Klägerin zwar im Konkursverfahren als fällig gegolten habe, für eine Geltendmachung gegenüber dem Beklagten als Realschuldner jedoch die Fälligstellung der Schuld erforderlich gewesen wäre. Eine solche Fälligstellung hätte gegenüber dem Hauptschuldner erfolgen müssen. Unbestrittenermaßen sei eine solche Fälligstellung nicht erfolgt, die Klägerin habe im erstinstanzlichen Verfahren die Ansicht vertreten, dass eine Fälligstellung dem Hauptschuldner gegenüber nicht nötig und nicht möglich sei. Da die Fälligkeit der Forderung Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Realschuldners sei und es an dieser Voraussetzung mangle, sei der Berufung Folge zu geben gewesen.

Da es zur Rechtsfrage der Inanspruchnahme eines Realschuldners bei Konkurs des Hauptschuldners und zur Frage der Fälligkeit nach § 14 Abs 2 KO eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gebe, hänge die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage ab, weshalb die ordentliche Revision mangels der Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren mit Ausnahme des rechtskräftig abgewiesenen Teiles Folge gegeben werde.

Der Beklagte beantragte in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtsprechung zu § 14 Abs 2 KO zwar richtig wiedergegeben, aber unrichtig angewendet hat. Sie ist im Sinne des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht im Wesentlichen geltend, eine Fälligstellung gegenüber dem Hauptschuldner sei nicht nur sinnlos, sondern rechtlich unmöglich, weil sich dieser im Zuge des Zwangsausgleiches von seiner Schuld befreit habe.

Hiezu wurde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Zwangsausgleich des Hauptschuldners die Rechte des Gläubigers gegenüber dem Bürgen oder sonstigen für diese Schuld Haftenden (gemäß § 151 KO) nicht berührt, der Gläubiger die Haftung des Bürgen bis zur vollen Befriedigung seiner Forderung in Anspruch nehmen kann und der Bürge weiterhin für den Ausfall haftet, den der Gläubiger im Zwangsausgleich des Hauptschuldners erlitten hat. Der Zwangsausgleich hat auf die Verpflichtung des Bürgen nur insoweit Einfluss, als sich seine Schuld um die bezahlte Quote verringert (8 Ob 212/97b = ecolex 1998, 469 mwN; RIS Justiz RS0032057). Auch die Sicherstellung durch Einräumung eines Pfandrechtes auf einer einem Dritten gehörenden Liegenschaft wird durch den Ausgleich nicht berührt. Das Pfandrecht verschafft einem Gläubiger das gegen jedermann wirkende Vorzugsrecht, sich bei Nichterfüllung seiner Forderung aus den verpfändeten Vermögensstücken zu befriedigen, und zwar unabhängig davon, ob dem Schuldner im Rahmen eines Insolvenzverfahrens die Reduktion dieser Forderung gewährt worden ist (8 Ob 47/04a mwN).

Die Hypothekarklage setzt ua die Fälligkeit der sichergestellten Forderung voraus (vgl Hofmann in Rummel3 § 466 ABGB Rz 5). Gegenüber dem dritten Pfandbesteller kann sich der Gläubiger nicht auf § 14 Abs 2 KO berufen, wonach betagte Forderungen im Konkurs als fällig gelten, weil diese Fiktion nur so weit eintritt, als es zum Zweck der Geltendmachung im Konkurs erforderlich ist. Materiell rechtlich ändert sich jedoch die Fälligkeit nicht. Außerhalb des Konkurses, also insbesondere im Hinblick auf Dritte, kann die Forderung nur geltend gemacht werden, wenn die Fälligkeit bereits eingetreten ist (SZ 39/122; 5 Ob 281/02p = ÖBA 2003, 781; Apathy in Bartsch/Pollak/Buchegger4 § 14 KO Rz 13 f; vgl auch Gamerith in Rummel3 § 1353 ABGB Rz 4, § 1356 ABGB Rz 2; P. Bydlinski, Der Bürge im Konkurs, ÖBA 2005, 97, 99 f).

Dem beklagten Pfandbesteller gegenüber bleibt es somit - mangels Behauptung und Nachweis einer vertragsgemäßen vorzeitigen Fälligstellung - bei der vereinbarten Fälligkeit der Rückzahlung des Abstattungskredites in 48 Monatsraten ab 1. 9. 2003. Im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz am 15. 6. 2004 war demnach teilweise Fälligkeit gegeben.

Die Rechtssache war daher - unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile im Umfang der Anfechtung - an das Erstgericht zur Erörterung, in welchem Umfang unter Berücksichtigung der Erfüllung des Zwangsausgleiches Fälligkeit eingetreten ist (vgl wiederum SZ 39/122), zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.