JudikaturJustiz2Ob239/99g

2Ob239/99g – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. September 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Stefanie H*****, geboren am 1. 8. 1985, *****, vertreten durch die Mutter Karin H*****, vertreten durch Dr. Martin Lichtenegger, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, ***** , vertreten durch Dr. Harold Schmid und Mag. Helmut Schmid, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 86.904,04 sA und Feststellung (Streitwert S 10.000,--), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 9. Juni 1999, GZ 3 R 104/99g-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 18. Dezember 1998, GZ 4 C 2907/97d-32, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt zuletzt die Zahlung von S 86.904,04 als Schadenersatz aus einem von ihr auf der von der beklagten Partei betriebenen Go-Kart-Bahn erlittenen Unfall. Sie erhob auch ein für künftige Schäden betreffendes Feststellungsbegehren und bekannte ein Eigenverschulden von 50 % ein. Zum Unfallszeitpunkt sei für die Go-Kart-Bahn keine Betriebsstättengenehmigung vorhanden gewesen; auf der asphaltierten Strecke der Go-Kart-Bahn sei unzulässigerweise Schotter vorhanden gewesen, weshalb das Go-Kart der Klägerin ins Schleudern geraten und von der Strecke abgekommen sei. Die Klägerin sei dann aus dem Go-Kart ausgestiegen und von einem nachfolgenden Go-Kart gerammt worden. Es sei unzulässig gewesen, der zum Unfallszeitpunkt 11 1/2 jährigen Klägerin ein für den "Normalbetrieb" eingerichtetes Go-Kart zu vermieten, das eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 50 km/h erreichen könne. Die Klägerin sei entgegen dem nach dem Unfall erlassenen Betriebsstättenbewilligungsbescheid nicht eingeschult worden; weder sie noch ihre Begleitpersonen seien bei Vermietung des Go-Karts auf die mit diesem Sport verbundene Gefahren aufmerksam gemacht worden.

Die beklagte Partei wendete ein, eine fehlende Betriebsstättengenehmigung stehe mit dem Unfall in keinem Rechtswidrigkeitszusammenhang. Zum Unfallszeitpunkt habe sich kein Schotter auf der Go-Kart-Bahn befunden. Ein Mindestalter für das Lenken von Go-Karts sei nicht vorgeschrieben. Die von der beklagten Partei gehaltenen Fahrzeuge erreichten keine Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h. Im Bereich der Go-Kart-Bahn habe sich ein deutlicher Hinweis darauf befunden, dass das Verlassen des Go-Karts während der Benützung der Strecke nicht gestattet sei. Hätte sich die Klägerin an dieses Verbot gehalten, wäre der Unfall nicht passiert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf - zusammengefasst - folgende Feststellungen:

Die beklagte Partei betreibt eine Renncart-Strecke und eine Light-Cart-Strecke. Die Renncart-Strecke wird von Go-Kart-Besitzern zur Durchführung von Renn- und Trainingsfahrern gemietet und benützt, während auf der Light-Cart-Strecke interessierte Personen Go-Karts ausleihen können, wobei diese eine maximale Geschwindigkeit von 50 km/h erreichen. Zum Unfallszeitpunkt waren Hinweise, dass der jeweilige Go-Kart bei Stillstand auf der Strecke nicht verlassen werden darf, angebracht. Die (zum Unfallszeitpunkt 11 1/2 jährige) Klägerin mietete gemeinsam mit ihrem Vater je ein Go-Kart und benützte die Light-Cart-Strecke, wobei ihr Vater vor ihr fuhr. Bereits beim Durchfahren der ersten Runde wurde festgestellt, dass sich im Bereich der späteren Unfallsstelle etwas Schotter auf der Fahrbahn befand. Die Klägerin hatte diese Go-Kart-Strecke bereits vorher befahren. In der zweiten Runde benutzte die Klägerin den rechten Fahrbahnrand der Go-Kart-Strecke, wurde in weiterer Folge von zwei anderen Go-Karts hinausgedrängt, wobei der geringe Schotterbelag nicht die Ursache für das "Ausreiten" war. Die Klägerin stieg dann entgegen den Anordnungen aus dem Go-Kart und wurde in der Folge von einem unbekannten Go-Kart-Lenker niedergestoßen und schwer verletzt.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, dass der beklagten Partei am Zustandekommen des Unfalles kein Verschulden anzulasten sei. Der Unfall sei letztlich darauf zurückzuführen, dass die mj. Klägerin entgegen der angebrachten Vorschrift, bei Stillstand des Fahrzeuges in diesem sitzen zu bleiben, ausgestiegen sei und dann von einem unbekannten Dritten niedergestoßen und verletzt worden sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Von der Klägerin sei in erster Instanz ausdrücklich vorgebracht worden, dass sie die Light-Kart-Strecke befahren habe und zwar nicht im Rahmen des Kinderkartbetriebes, sondern des normalen Betriebes. Eine nachweisliche Einschulung und Freigabe der Bahn für sie durch die Bahnverantwortlichen habe niemals stattgefunden. Auch seien weder sie noch ihre Begleitpersonen bei Vermietung des Go-Karts auf die mit dem Go-Kart-Sport verbundenen Gefahren hinreichend aufmerksam gemacht worden. Die beklagte Partei habe den Beweis zu führen, dass sie ihrer Sicherungspflicht durch Vorkehrung alles ihr Zumutbaren nachgekommen sei. Das Erstgericht werde dazu noch Feststellungen zu treffen haben. Eine Go-Kartanlage sei als gefährlicher Betrieb anzusehen, auf welchen das EKHG analog anzuwenden sei. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage, ob eine Go-Kartanlage ein gefährlicher Betrieb sei, nicht vorliege.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat (ZVR 2000/63), hängt gemäß § 1 EKHG die Anwendbarkeit dieses Gesetzes ua vom Betrieb eines Kraftfahrzeuges ab. Gemäß § 2 Abs 2 EKHG ist der Begriff des Kraftfahrzeuges im Sinn des KFG 1967, BGBl 267 auszulegen. Die Kraftfahrzeugeigenschaft ist von den Gerichten seit der Aufhebung des § 1 Abs 4 KFG selbständig zu beurteilen. Gemäß § 2 Z 1 KFG ist ein Kraftfahrzeug ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug. Nach § 2 Abs 1 Z 1 StVO gilt als Straße ein für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche. Ebenfalls wurde bereits ausgesprochen, dass das EKHG (damals EHG) auf ausschließlich der Unterhaltung und nicht dem Verkehr dienende (bahnähnliche) Einrichtungen in Vergnügungsstätten (wie Rutschbahn, Berg- und Talbahn udgl) nicht anzuwenden ist (SZ 19/323). Ebenfalls wurde entschieden, dass die Voraussetzungen der Straßenverwendung (§ 2 Z 1 KFG) bei Fahrzeugen einer Autodromanlage nicht gegeben ist (EvBl 1982/129; ZVR 2000/63).

Auch eine Go-Kart-Bahn dient lediglich zur Befriedigung des Spieltriebes, weshalb auch eine analoge Anwendung des EKHG nicht in Betracht kommt (ZVR 2000/63, 10 Ob 28/00s). Auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes über die Haftung der beklagten Partei nach dem EKHG wird das Erstgericht daher nicht Bedacht zu nehmen haben.

Die beklagte Partei traf allerdings - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - Schutzpflichten gegenüber der Klägerin als Mieterin der Anlage. Das Berufungsgericht hat dazu weitere Feststellungen zur Prüfung einer allfälligen Verletzung dieser Schutzpflichten durch die beklagte Partei für erforderlich erachtet. Dem kann der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten. Auch im Rekurs werden dazu keinerlei Ausführungen gemacht.

Der Rekurs ist daher - im Ergebnis - nicht berechtigt.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.