JudikaturJustiz2Ob22/02b

2Ob22/02b – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. April 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Riedl und Dr. Gerold Ludwig, Rechtsanwälte in Haag, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 5.487,09 sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 12. September 2001, GZ 35 R 324/01h-42 womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. März 2001, GZ 26 C 1287/99f-36, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Am 30. 8. 1998 kam ein bei der beklagten Partei haftpflichtversichertes Fahrzeug von der Fahrbahn ab und verursachte einen Flurschaden.

Die klagende Partei begehrte Zahlung von S 75.504; sie sei von der Straßenmeisterei Ansfelden als nachgeordnete Dienststelle der Abteilung Straßenbau der OÖ Landesregierung, die im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung für die Erhaltung von Bundesstraßen zuständig sei, mit der Behebung des Flurschadens beauftragt worden. Die Straßenmeisterei Ansfelden habe als Dienststelle der OÖ Landesregierung die Ansprüche aus dem Schadensfall der klagenden Partei abgetreten.

Die beklagte Partei anerkannte das Klagebegehren "dem Grunde nach", bestritt jedoch ausdrücklich die Aktivlegitimation der klagenden Partei sowie die Höhe des geltend gemachten Schadenersatzbetrages. Das Erstgericht gab der Klage mit einem Teilbetrag von S 60.000 statt und wies ein darüber hinausgehendes Mehrbegehren von S 15.504 ab. Es führte rechtlich - soweit noch von Interesse - aus, die klagende Partei sei aktiv legitimiert gewesen, weil die Straßenmeisterei Ansfelden als nachgeordnete Dienststelle bei der Abteilung Straßenbau der OÖ Landesregierung befugt gewesen sei, den beim Land OÖ oder der Republik Österreich eingetretenen Schaden abzutreten. Das Berufungsgericht, das mit einem rechtskräftigen Teilurteil den abweisenden Teil des Ersturteiles bestätigte, gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das Urteil im Umfang der Stattgebung des Klagebegehrens auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Es erörterte zunächst rechtlich, dass eine an eine Bundesstraße angrenzende Böschung, auf der sich die beschädigten Bäume und Sträucher befunden hätten, zu den Bestandteilen der Bundesstraße gehöre. Der Bau und die Erhaltung von Bundesstraßen stellten Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung dar, die im Bereich der Länder im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art 102 BVG vom Landeshauptmann und den ihm unterstellten Landesbehörden ausgeübt werde. Nach Art 104 B-VG iVm Art 17 B-VG werde die Stellung des Bundes als Träger von Privatrechten durch die Bestimmung über die Vollziehung der Bundesverwaltung nicht berührt. Im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung führe das dem Landeshauptmann unterstellte Amt der jeweiligen Landesregierung, dessen Organisation außerhalb Wiens im B-VG geregelt sei, die Verwaltung. Das Amt der Landesregierung sei jeweils in Abteilungen gegliedert. Laut Geschäftseinteilung des Amtes der OÖ Landesregierung bestehe beim Amt der OÖ Landesregierung eine Abteilung Straßenbau, der die Straßenmeistereien als nachgeordnete Dienststellen untergeordnet seien. Aus dem Vorbringen der klagenden Partei lasse sich nicht eindeutig ableiten, welcher Rechtsnatur der an die klagende Partei abgetretene Anspruch sei, ob es sich um einen "Substanzschaden" des Eigentümers der Bäume bzw Sträucher, deren Behebungskosten gefordert würden, handle, oder um jenen Aufwand, der dem für die Erhaltung des Straßenzuges samt Bestandteilen Zuständigen auf Grund seiner Verpflichtung zur Erhaltung entstanden sei. Aus der Tatsache, dass die Straßenmeisterei Ansfelden eine nachgeordnete Dienststelle der Abteilung Straßenbau des Amtes der OÖ Landesregierung sei, ergebe sich keinesfalls zwingend die Berechtigung, eine Forderung aufgrund des eingetretenen Flurschadens abzutreten. Das Erstgericht werde die Frage der Aktivlegitimation im aufgezeigten Sinn nach entsprechender Erörterung mit den Parteien im fortgesetzten Verfahren daher neuerlich zu prüfen haben. Außerdem trug das Berufungsgericht dem Erstgericht eine Verfahrensergänzung zur Höhe des Schadens auf. Da gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Legitimation der Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Beseitigung von Flurschäden auf Bundesstraßen nicht vorliege, sei der Rekurs für zulässig zu erklären.

Die beklagte Partei beantragt in ihrem Rekurs, den Beschluss dahin abzuändern, dass der Berufung Folge gegeben und das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde.

Die klagende Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Zutreffend hat das Berufungsgericht zunächst dargelegt, dass nach § 3 Bundesstraßengesetz 1971 (BStG 1971) als Bestandteil der Bundesstraße neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen, wie Fahrbahn und Parkflächen, auch weitere bauliche Anlagen, wie Straßenböschungen und Straßengräben gelten. Unstrittig wurden die auf einer unmittelbar neben einer Bundesstraße liegenden Straßenböschung befindlichen Büsche durch ein bei der beklagten Partei haftpflichtversichertes Fahrzeug beschädigt, deren Wiederherstellungskosten nunmehr begehrt werden. Der Schaden ist sohin im Eigentum der Republik Österreich eingetreten.

Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass gemäß Art 102 Abs 2 B-VG (Verkehrswesen iVm Artikel 10 Abs 1 Z 9 B-VG) die Bundesstraßenverwaltung im Bereich der Länder im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung vom Landeshauptmann und den Landesbehörden ausgeübt wird und nach Art 104 B-VG iVm Art 17 die Stellung des Bundes als Träger von Privatrechten nicht berührt wird. Im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung gelten jedoch die für den rechtsgeschäftlichen Verkehr bestehenden Vorschriften des Vollmachtsrechts wie für jedes andere daran beteiligte Rechtssubjekt (SZ 41/123; JBl 1976, 256).

Gemäß Art 104 Abs 2 B-VG können die mit der Verwaltung des Bundesvermögens betrauten Minister die Besorgung solcher Geschäfte dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden im Land die Vertretungsmacht zur Besorgung von Privatrechtsgeschäften des Bundes übertragen (vgl dazu Wilhelm, Die Vertretung der Gebietskörperschaften im Privatrecht 246 ff). Mit der zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage und damit auch der darin behaupteten Abtretung noch in Geltung stehenden Verordnung vom 27. 5. 1963 BGBl Nr 131/1963 (ihre Aufhebung erfolgte erst durch die Verordnung vom 29. 3. 2002, BGBl II 2002/137 im Zuge der Auflassung und Übertragung von Bundesstraßen durch den Bund an die Bundesländer durch das Bundesstraßen-Übertragungsgesetz BGBl I 2002/50) wurde die Besorgung der Geschäfte der Bundesstraßenverwaltung in den Bundesländern nach Maßgabe der gemäß § 4 Abs 2 des Bundesstraßengesetzes, BGBl 1948/59, vom Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau aufgestellten Grundsätze und erteilten Dienstanweisungen dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden übertragen. Die Kundmachung der Übertragung bewirkte den Übergang der bezeichneten Geschäftsführungskompetenz und damit die Vertretungsmacht im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung auf den Landeshauptmann, ebenso dessen Kompetenz zur Subdelegation (Wilhelm aaO 252). Die Kundmachung der Delegation von Geschäftsführungskompetenz ist das äußere Erscheinungsbild des "Anvertrauens einer Verwaltung", womit die Vertretungsregelung des § 1029 ABGB anwendbar wird (Wilhelm aaO 252 f; vgl JBl 1976, 256). Die Subdelegation bewirkt die Begründung einer Untervertretungsmacht in dem für das jeweilige Unterorgan üblichen Umfang (Wilhelm aaO 253 f). Nachgeordnete Dienststellen einer Behörde, wie Straßenmeistereien, sind in der Verordnung BGBl 1963/131 nicht angeführt. Die Vertretungsregel des § 1029 ABGB kann auf deren Handeln daher nicht unmittelbar angewendet werden. Soweit aber auch Unterorganen, in diesem Sinn auch der namentlich genannten Straßenmeisterei Ansfelden, Vertretungsmacht durch den Landeshauptmann eingeräumt wurde, können auch diese über das Vermögen des Bundes "im üblichen Umfang" disponieren. Ob der Landeshauptmann von Oberösterreich von der Ermächtigung zur Subdelegation auch gegenüber der Straßenmeisterei Ansfelden Gebrauch gemacht hat, richtet sich nach den internen Zuständigkeitsvorschriften und Weisungen (Wilhelm aaO 254; vgl Schinko in Straube, HGB3 I Rz 9 zu § 54).

Soweit daher das Berufungsgericht eine nach Erörterung mit den Parteien vorzunehmende Prüfung der Vertretungsmacht der Straßenmeisterei Ansfelden für erforderlich erachtet, ist dem nicht entgegenzutreten.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.