JudikaturJustiz2Ob19/15f

2Ob19/15f – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 30. Dezember 2004 verstorbenen Dr. R***** H*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der erblasserischen Tochter M***** H*****, vertreten durch Dr. Michael Krüger Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 28. November 2014, GZ 1 R 246/14t II 35, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 dritter Satz AußStrG).

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat sich zuletzt in der Entscheidung 2 Ob 153/11f (= EF Z 2012/85, 128 [ A. Tschugguel ] = iFamZ 2012/110, 156 [ W. Tschugguel ] = NZ 2012/63, 178) mit dem Erfordernis eines Kollisionskurators in einem Verlassenschaftsverfahren befasst. Nach Wiedergabe der allgemeinen Grundsätze und Ablehnung der Entscheidung 1 Ob 568/79 (Interessenwiderstreit schon bei Vorliegen einer Erbengemeinschaft) als veraltet, gelangte er in Anlehnung an Mondel (Kuratoren im Verlassenschaftsverfahren, NZ 2007/67, 289 [290 f]) zu dem Ergebnis, dass die dort zu beurteilende Konstellation (Mutter und Töchter als präsumtive Erben) zunächst nur eine formelle , nicht aber auch eine materielle Kollision begründe. Aus dem Akt gehe nicht hervor, dass die Mutter bisher gegen die Interessen der Kinder gehandelt hätte.

Im vorliegenden Fall waren Mutter und Tochter zwar als Pflichtteilsberechtigte, die Tochter überdies als Nacherbin (Vorerbin ist ihre Tante), Parteien des Verlassenschaftsverfahrens und obendrein Legatare, ein konkreter Interessenkonflikt, also eine materielle Kollision, wie sie § 271 ABGB fordert, trat während des gesamten Verfahrens jedoch nicht auf. Dem Rekursgericht ist deshalb auch keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen, wenn es nicht schon in der gemeinsamen Vertretung von Mutter und Tochter durch ein- und dieselbe Rechtsanwaltskanzlei einen nur durch die Bestellung eines Kollisionskurators zu lösenden Interessenwiderstreit erblickte.

2. Für die Lösung der Frage, ob die Vertretungshandlung des gesetzlichen Vertreters einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 154 Abs 3 ABGB aF (nunmehr § 167 Abs 3 ABGB) bedarf, kommt es allgemein darauf an, ob die Vertretungshandlung zum ordentlichen oder zum außerordentlichen Wirtschaftsbetrieb zu zählen ist. Entscheidend für diese Beurteilung sind die Umstände des Einzelfalls. Maßgebende Kriterien sind dabei das wirtschaftliche Risiko sowie, ob es sich um eine vorläufige oder endgültige Maßnahme handelt und deren Dauer (6 Ob 240/10b mwN). Bei der Beauftragung und Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts kommt es ganz wesentlich darauf an, ob ein Minderjähriger mit den Rechtsanwaltskosten belastet werden könnte. Aus diesem Grund gilt etwa in außerstreitigen Unterhaltsverfahren die Erteilung einer Vollmacht an einen Rechtsanwalt als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung, die keiner pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf (3 Ob 223/02v; 7 Ob 32/11y; vgl ferner Nademleinsky in Schwimann/Kodek , ABGB 4 I § 154 Rz 26 bzw Ia § 167 Rz 26; Thunhart in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ § 154 Rz 38).

Die Antragstellerin und Rechtsmittelwerberin (Tochter) behauptet gar nicht, dass die Gefahr ihrer Belastung mit den Kosten der Rechtsanwaltskanzlei (aus deren Tätigkeit in dem bereits im Jahr 2007 beendeten Verlassenschaftsverfahren) bestand. Mit dem mehrfachen Hinweis auf die Folgen der ihrer Meinung nach fehlerhaften anwaltlichen Vertretung vermag sie aber nicht zu begründen, dass die Bevollmächtigung dieser Rechtsanwaltskanzlei durch ihre Mutter eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung und deshalb genehmigungspflichtig gewesen wäre. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG liegt auch insoweit nicht vor.

3. Zusammengefasst erweist sich somit die Rechtsansicht der Vorinstanzen, Mantelbeschluss und Einantwortungsurkunde seien wirksam an die anwaltlichen Vertreter der damals minderjährigen Antragstellerin zugestellt worden, sodass die nunmehr (nach Eintritt der Volljährigkeit) beantragte (neuerliche) Zustellung nicht mehr in Betracht kommen könne, jedenfalls als vertretbar. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.