JudikaturJustiz2Ob18/91

2Ob18/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner, Dr. Floßmann und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz A*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Moringer und Dr. Heinrich Maderthaner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) B***** VERSICHERUNGS-AG *****, und 2.) Wolfgang K*****, beide vertreten durch Dr. Andreas Karbiener, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, wegen 142.381,-- S s.A (Revisionsstreitwert 90.689,33 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 31. Jänner 1991, GZ 13 R 34/90-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 22. Mai 1990, GZ 2 Cg 139/89-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit 5.603,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 933,90 S an Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Am 23.9.1988 ereignete sich auf der Bundesstraße 1 im Gemeindegebiet von R***** ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger mit seinem PKW Mazda 323 und der Zweitbeklagte mit seinem bei der Erstbeklagten haftpflichtversicherten PKW VW Golf GTI beteiligt waren. Bei diesem Unfall wurde der Kläger verletzt und wurden beide Fahrzeuge beschädigt.

Mit der am 11.4.1989 erhobenen Klage begehrte Franz A***** - vom Alleinverschulden des Zweitbeklagten ausgehend - von den Beklagten zur ungeteilten Hand den Ersatz des ihm bei diesem Unfall entstandenen Schadens, den er zuletzt mit

142.381 S sA - darin enthalten für PKW-Sachschaden ein Betrag von 193.300 S - bezifferte. Zu dem im Revisionsverfahren - von der Frage eines Mitverschuldens des Klägers abgesehen - allein strittig gebliebenen PKW-Sachschaden brachte der Kläger vor, daß an seinem PKW Totalschaden eingetreten sei. Das Fahrzeug sei erst am 14.9.1988 erstmals zum Verkehr zugelassen worden. Der Neu- bzw Zeitwert habe 212.400 S, der Restwert lediglich 20.000 S betragen, sodaß sich der PKW-Sachschaden auf 193.300 S belaufe. Unter Bedachtnahme auf die Abschleppkosten von der Unfallsstelle zur PKW-Werkstätte, die Kosten der Ummeldung des Fahrzeuges und diverse Fahrtkosten und andere Spesen betrage der Gesamtschaden

197.881 S.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein 50 %iges Mitverschulden des Klägers an dem Unfall ein, weil er seine Absicht, links abzubiegen, weder durch ein Blinkzeichen noch durch Einordnen seines Fahrzeuges zur Fahrbahnmitte angezeigt habe. Bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte er schon lange vor dem Abbiegemanöver den in Überholstellung befindlichen PKW des Zweitbeklagten wahrnehmen und unfallsverhindernd reagieren können. Der PKW des Klägers habe zur Unfallszeit einen Zeitwert von 185.000 S gehabt. Unter Bedachtnahme auf einen Restwert von 20.000 S betrage der am PKW des Klägers entstandene Schade nur 165.000 S. Im übrigen wendeten die Beklagten den dem Zweitbeklagten bei dem Unfall entstandenen Schaden (Totalschaden am PKW) in der Höhe von 41.300 S der Klageforderung gegenüber aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht erkannte - von einer Verschuldensteilung im Verhältnis 2 : 1 zugunsten des Klägers ausgehend - die Klageforderung mit 44.475,30 S und die eingewendete Gegenforderung mit 13.333,33 S als zu Recht bestehend, die Klageforderung mit 97.905,67 S sowie die Gegenforderung mit 27.966,67 S als nicht zu Recht bestehend und sprach daher dem Kläger - unter Abweisung eines Mehrbegehrens von 111.239 S sowie eines Zinsenmehrbegehrens - den Betrag von 31.142 S samt stufenweisen Zinsen zu. Die vom Erstgericht über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen und im Revisionsverfahren noch bedeutsamen Feststellungen lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Im Bereich der im Freilandgebiet - in Fahrtrichtung der beiden Unfallsbeteiligten betrachtet - in einer langgezogenen Linkskurve befindlichen Unfallsstelle bestand eine Sichtweite von mehreren hundert Meter. In Fahrtrichtung der unfallsbeteiligten Fahrzeuge befindet sich links von der Bundesstraße vor einem Gasthaus ein Parkplatz, der durch eine 14 m breite Zufahrt erreichbar ist. An diese Zufahrt schließt eine 33 m lange Grünfläche an, auf die eine weitere 13 m breite Zufahrt folgt; diese Zufahrt geht in einen Autobushaltestellenbereich über. Etwa 40 bis 50 m nach dem Ende der zweiten Parkplatzzufahrt und etwa 10 m nach dem Ende der Autobushaltestelle zweigt - ebenfalls in Fahrtrichtung der Beteiligten gesehen - eine Straße nach links (Zufahrtsstraße zur Bundesstraße) ab. In Annäherung an die Unfallsstelle ist in Fahrtrichtung der Unfallsbeteiligten das Gefahrenzeichen "Achtung Kreuzung" mit der Zusatztafel "Linksabbieger" aufgestellt. Der Kläger fuhr mit seinem PKW von Schwanenstadt kommend in Richtung Attnang Puchheim; er hatte die Absicht, sein Fahrzeug am Parkplatz des Gasthauses abzustellen, um mit der mit ihrem PKW hinter ihm nachfahrenden Monika H***** im Gasthaus eine geschäftliche Besprechung zu führen. Etwa 300 m vor der ersten Parkplatzeinfahrt, rund 21 Sekunden vor der nachmaligen Kollision, schaltete er an seinem Fahrzeug den linken Blinker ein, um das beabsichtigte Linksabbiegemanöver anzuzeigen. Er verringerte in der Folge die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges aus 80 km/h durch Gaswegnehmen auf knapp 40 km/h. Vor Betätigung des linken Blinkers hielt der Kläger mit seinem 1,6 m breiten Fahrzeug eine Fahrlinie etwa in der Mitte der rechten Fahrbahnhälfte der Bundesstraße ein. Welche Fahrlinie, d.h. welchen Abstand zur Fahrbahnmitte bzw zum rechten Fahrbahnrand der Kläger bei seiner weiteren Annäherung an die Unfallsstelle einhielt, konnte vom Erstgericht nicht festgestellt werden. Bei einem Blick in den Rückspiegel unmittelbar vor Betätigung des linken Blinkers hatte der Kläger mit Ausnahme des PKW Monika H*****s kein weiteres Fahrzeug nachkommen gesehen. Als der Kläger im Zuge der weiteren Annäherung an die spätere Unfallsstelle abermals in den Rückspiegel blickte, sah er in größerer, nicht exakt feststellbarer Entfernung - abgesehen vom PKW H*****s - zwei Fahrzeuge mit relativ hoher Geschwindigkeit am rechten Fahrstreifen nachkommen. Als der Kläger unmittelbar vor der ersten Parkplatzeinfahrt war, in die er vorerst hatte einbiegen wollen, bemerkte er, daß eines der beiden nachkommenden Fahrzeuge zum Linksüberholen seines und H*****s Fahrzeuges angesetzt hatte; er entschloß sich daher, nicht bei der ersten, sondern erst bei der zweiten Einfahrt zum Parkplatz abzubiegen. In der Folge bemerkte er, daß der unbekannte Lenker dieses zum Überholen angesetzt habenden Fahrzeuges sein Fahrzeug wiederum nach rechts verlenkte. 2 bis 3 Sekunden vor der Kollision begann der Kläger sein Fahrzeug nach links zu verlenken, um in den Parkplatz des Gasthauses bei der zweiten Zufahrt einzubiegen. Er unterließ es, sich unmittelbar vor dem Einbiegebeginn davon zu überzeugen, daß er nicht überholt werde. Hätte sich der Kläger unmittelbar vor dem Linksabbiegen durch einen Blick zurück über den Nachfolgeverkehr vergewissert, hätte er das in der Mitte der linken Fahrbahnhälfte der Bundesstraße mit einer Geschwindigkeit von rund 90 km/h in Überholposition nachkommende Fahrzeug des Zweitbeklagten wahrnehmen können. Spätestens zu einem Zeitpunkt, als sich der PKW des Klägers etwa 80 m vor Beginn der zweiten Zufahrt zum Parkplatz befand, also rund 5,7 Sekunden vor der Kollision, bemerkte Monika H*****, daß am Fahrzeug des Klägers der linke Blinker eingeschaltet ist, worauf auch sie den linken Blinker an ihrem Fahrzeug einschaltete, um ihre Absicht, nach links zum Gasthaus abzubiegen, anzuzeigen. Welche Fahrlinie sie einhielt, konnte vom Erstgericht ebenfalls nicht festgestellt werden. Der Zweitbeklagte hatte trotz des am Fahrzeug H*****s sowie an jenem des Klägers eingeschalteten linken Blinkers sein Überholmanöver eingeleitet. Ob er das Blinkzeichen übersehen oder bewußt mißachtet hat, konnte vom Erstgericht auch nicht festgestellt werden. Als der Zweitbeklagte bemerkte, daß der PKW des Klägers nach links verlenkt wird, verlenkte er sein Fahrzeug ebenfalls nach links und leitete er eine Vollbremsung ein. Ca 3 m vor dem Beginn der zweiten Zufahrt zum Parkplatz kam es bei einer Geschwindigkeit des Fahrzeuges des Zweitbeklagten von 65 bis 70 km/h zur Kollision mit dem knapp 40 km/h schnellen Fahrzeug des Klägers. Zur Zeit des Anstoßes war der PKW des Zweitbeklagten vom linken Fahrbahnrand der Bundesstraße nur mehr knapp 1 m entfernt; er stieß mit der rechten Vorderkante unter Einschluß eines Winkels von 30 Grad gegen den Bereich der linken A-Säule der Fahrertür des Fahrzeuges des Klägers. Der Zweitbeklagte hatte die Notwendigkeit einer Bremsung 1,7 bis 1,9 Sekunden bzw 30 bis 35 m vor der Kollision erkannt. Daß das Fahrzeug des Klägers nach links verlenkt wird, war - abgesehen von dem am Fahrzeug des Klägers eingeschalteten linken Blinker - jedenfalls während der letzten knapp 2 Sekunden vor der Kollision erkennbar. Jedenfalls während der letzten 3,5 Sekunden vor der Kollision hatte der Zweitbeklagte uneingeschränkte Sicht auf den eingeschalteten linken Blinker am Fahrzeug des Klägers. Durch Einleitung einer Bremsung längstens 2,8 Sekunden vor der Kollision hätte der Zweitbeklagte den Unfall verhindern können. Das beim Unfall "total" beschädigte Fahrzeug des Klägers war erstmals am 14.9.1988 zum Verkehr zugelassen worden. Der Kläger hatte diesen PKW am 2.9.1988 beim Autohaus Daxl gegen Rückgabe eines PKW und Leistung einer Aufzahlung von 67.300 S erworben. Der Zeitwert des in Zahlung gegebenen PKW lag ca 10 bis 15 % unter dem Neupreis von 153.900 S. Der Wiederbeschaffungspreis für das Fahrzeug des Klägers beträgt unter Berücksichtigung der, wenn auch allenfalls verbotenen, so doch üblichen Preisnachlässe im Kraftfahrzeughandel rund 201.500 S.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß der Zweitbeklagte gegen die Bestimmung des § 16 Abs. 1 lit a StVO verstoßen habe, weil er das Fahrzeug des Klägers trotz des an diesem eingeschalteten linken Blinkers links zu überholen versucht habe. Auch den Kläger treffe ein Mitverschulden am Unfall. Gemäß § 11 Abs. 1 StVO dürfe ein Fahrzeuglenker die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt habe, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich sei. Wenn nach den Umständen damit zu rechnen sei, daß die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer nicht ausreichend erkennen könnten, daß und wo nach links abgebogen werden solle, bestehe die Notwendigkeit, sich unmittelbar vor dem Einbiegen noch einmal zu vergewissern, daß dies ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer möglich sei. Im vorliegenden Fall wäre der Kläger, selbst wenn man zu seinen Gunsten davon ausgehe, daß er sich ordnungsgemäß zur Fahrbahnmitte eingeordnet gehabt habe, verpflichtet gewesen, sich unmittelbar vor dem Einbiegen noch einmal zu vergewissern, daß das Linkseinbiegen ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer möglich sei. Der Kläger habe dadurch, daß er bereits 21 Sekunden vor der Kollision den linken Blinker eingeschaltet habe und in die zweite Einfahrt des Parkplatzes eingebogen sei, eine unklare Verkehrssituation herbeigeführt und wäre daher verpflichtet gewesen, sich unmittelbar vor dem Abbiegen nochmals zu vergewissern, daß kein anderer Verkehrsteilnehmer zum Überholen angesetzt habe, zumal er von einer stark frequentierten Bundesstraße im Freilandgebiet in einen unbedeutenden Parkplatz eingebogen sei und zuvor zwei mit deutlich höherer Geschwindigkeit nachkommende Fahrzeuge wahrgenommen habe. Hätte sich der Kläger unmittelbar vor dem Einbiegen nochmals über den Nachfolgeverkehr vergewissert, hätte er das Fahrzeug des Zweitbeklagten in Überholposition nachkommen gesehen. Bei Gegenüberstellung des beiderseitigen Fehlverhaltens sei eine Verschuldens- und Schadensteilung im Verhältnis von 2 : 1 zugunsten des Klägers gerechtfertigt.

Zur Höhe des PKW-Schadens führte das Erstgericht im wesentlichen folgendes aus:

Wegen des geringen Alters des Fahrzeuges des Klägers im Unfallszeitpunkt sei bei der Totalschadensabrechnung vom Wiederbeschaffungswert auszugehen. Da dieser 201.500 S und der Wrackwert 20.000 S betrage, ergebe sich ein Fahrzeugschaden von

181.500 S, wozu noch die Abschleppkosten, die Abmeldungskosten, die Fahrtkosten von der Unfallsstelle nach Hause und die sonstigen Spesen kämen, was Sachschäden von insgesamt 184.588 S ausmache. Mit Rücksicht auf die Schadensteilung von 2 : 1 habe der Kläger einen Schadenersatzanspruch (einschließlich Schmerzengeld) von insgesamt 139.725,33 S, abzüglich des bereits erhaltenen Betrages von 95.250 S, somit von restlichen 44.475,33 S. Davon sei ein Drittel des unfallskausalen Schadens des Zweitbeklagten, somit 13.333,33 S abzuziehen, sodaß dem Kläger noch ein Betrag von 31.142 S sA gebühre.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es - unter Einschluß des bestätigten und des unangefochten gebliebenen Teiles - die Klageforderung mit 47.882 S als zu Recht bestehend und mit 94.499 S als nicht zu Recht bestehend, die Gegenforderung des Zweitbeklagten mit 13.333,33 S als zu Recht bestehend und mit 27.966,67 S als nicht zu Recht bestehend erkannte und die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung des Betrages von 34.548,87 S samt Anhang bei Abweisung eines Mehrbegehrens von 107.832,33 S sowie eines Zinsenmehrbegehrens schuldig erkannte, wobei es die ordentliche Revision als zulässig erklärte.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes - insbesondere über den Unfallshergang - als Ergebnis einer unbedenklichen Würdigung der aufgenommenen Beweise und legte sie seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde. Den in der Unterlassung einer Feststellung über den Listenpreis des Fahrzeuges des Klägers geltend gemachten Feststellungsmangel erachtete das Berufungsgericht durch die in der mündlichen Berufungsverhandlung getroffenen Feststellungen, wonach der Listenpreis eines neuen PKW Mazda 323 - wie der des Klägers - zum Unfallszeitpunkt 213.000 S betrug, als behoben.

Ausgehend von dem von der Rechtsprechung zu den Bestimmungen der §§ 11 und 12 StVO entwickelten Grundsatz, wonach der Lenker eines Kraftfahrzeuges, der seine Absicht nach links einzubiegen, rechtzeitig angezeigt habe (§ 11 Abs. 2 StVO) und, nachdem er sich davon überzeugte, daß niemand zum Überholen ansetzt, sein Fahrzeug ordnungsgemäß eingeordnet habe (§ 12 Abs. 1 StVO) nicht verpflichtet sei, unmittelbar vor dem Abbiegen nach links noch einmal den Nachfolgeverkehr zu beobachten, und wonach dieser Grundsatz allerdings nur mit der Einschränkung gelte, daß nicht besondere Gründe den Linksabbieger eine Gefahr erkennen ließen, und damit besondere Vorsicht erforderlich machten, und die Frage, ob die Unterlassung eines weiteren Rückblicks unmittelbar vor dem Linksabbiegen ein Verschulden begründe, letztlich von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhänge (ZVR 1989/195; ZRV 1985/24 ua), schloß sich das Berufungsgericht der Ansicht des Erstgerichtes an, daß für den Kläger im vorliegenden Fall eine Situation bestanden habe, die einen nochmaligen Blick in den Rückspiegel auf den Nachfolgeverkehr unmittelbar vor Beginn des Linksabbiegemanövers erfordert hätte. Zu berücksichtigen sei zunächst, daß der Kläger über eine außerordentlich lange Zeit (21 Sekunden) nach links geblinkt habe, bevor er tatsächlich dieses Anzeigen in die Tat umgesetzt habe; dazu komme, daß zum Linksabbiegen in diesem Bereich drei Möglichkeiten bestanden hätten, nämlich bei der ersten Zufahrt zum Gasthaus, bei der zweiten Zufahrt und etwas später in die Einmündung einer Nebenstraße. Für den Nachfolgeverkehr sei daher aufgrund des lange vorher gesetzten Linksblinkzeichens und der verschiedenen Möglichkeiten zum Linksabbiegen unklar gewesen, ob überhaupt und welche Gelegenheit der Kläger zum Linksabbiegen wahrnehmen würde. Überdies habe der Kläger durch vorangegangene Blicke in den Rückspiegel zwei Fahrzeuge mit höherer Geschwindigkeit nachkommen gesehen, wobei eines sogar zum Linksüberholen seines Fahrzeuges angesetzt gehabt hätte, was den Kläger dazu veranlaßt habe, nicht bei der ersten, sondern erst bei der zweiten Einfahrt zum Parkplatz des Gasthauses abzubiegen. Wenn er auch in der Folge wahrgenommen habe, daß dieses zunächst in Überholposition befindliche Fahrzeug wieder nach rechts verlenkt worden wäre, habe er doch nicht ohne weitere Beobachtung des Nachfolgeverkehrs davon ausgehen dürfen, diese Fahrzeuge würden auf jeden Fall sein Linksabbiegen abwarten oder ihn rechts überholen. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß der Kläger in der gegebenen Situation zu einem weiteren Blick nach rückwärts unmittelbar vor Beginn des Linksabbiegemanövers verpflichtet gewesen wäre, sei daher zu billigen.

Das Berufungsgericht erachtete weiters die vom Kläger in seiner Berufung gewünschte Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 3 zu seinen Gunsten als nicht berechtigt und billigte unter Bedachtnahme auf die Umstände des vorliegenden Falles die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung.

Zu der in der Berufung des Klägers schließlich noch erhobenen Rechtsrüge, daß bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes des total beschädigten Kraftfahrzeuges des Klägers ein im Autohandel möglicherweise üblicher aber im Widerspruch zu § 2 RabG stehender 5 %iger Rabatt vom Listenpreis zu Unrecht angenommen worden sei, richtigerweise vom Listenpreis des Fahrzeuges als Wiederbeschaffungswert auszugehen gewesen wäre, sodaß der ihm zu ersetzende Fahrzeugschaden 192.400 S betrage, nahm das Berufungsgericht wie folgt Stellung:

Es entspräche Lehre und Judikatur, daß im Falle eines Totalschadens eines fast neuen Fahrzeuges der Schädiger den Wiederbeschaffungswert zu ersetzen habe, unabhängig davon, ob sich der Geschädigte ein Ersatzkraftfahrzeug anschaffe. Maßgebend sei dabei der Preis, der beim Kauf eines gleichen Fahrzeuges mit Werksgarantie an einen seriösen Händler zu bezahlen wäre, wovon dann der verbliebene Wrackwert abzuziehen sei (ZVR 1978/48, ZVR 1970/35, ZVR 1971/254; Harrer in Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB, Rz 42 zu § 1323; Palandt BGB49 Anm 5 zu § 251). Der Geschädigte habe Anspruch auf die für die Ersatzbeschaffung erforderlichen Kosten. Handelsübliche Rabatte und Skonti bestimmten dabei den Maßstab der Erforderlichkeit (Geigel, Haftpflichtprozeß20 62). Nach Ansicht des erkennenden Senates könnten bei Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes nur jene Rabatte in Abzug gebracht werden, die jeder Käufer unter Einhaltung der Bestimmungen des RabG durch den Verkäufer zu erzielen in der Lage sei. Andernfalls hinge die Höhe des zu ersetzenden Schadens vom Verhandlungsgeschick des Käufers ab. Es könne als gerichtsbekannt angesehen werden und finde überdies auch im Kfz-Sachverständigengutachten Deckung, daß beim Kauf eines Neuwagens in jedem Fall der nach § 2 RabG höchstzulässige 3 %ige Rabatt vom Listenpreis gewährt werde. Der von den Beklagten dem Kläger zu ersetzende Wiederbeschaffungswert minus Wrackwert betrage demnach im vorliegenden Fall 186.610 S (213.000 S minus 3 % Rabatt 6.390 S minus Wrackwert 20.000 S). Zuzüglich der übrigen nicht strittigen Sachschäden und des Schmerzengeldes betrügen daher die gesamten Ansprüche des Klägers ungekürzt 214.698 S und mit Rücksicht auf die Verschuldensteilung

143.132 S. Davon seien die bereits erhaltenen Zahlungen von 95.250 S in Abzug zu bringen, sodaß die Klagsforderung restlich mit 47.882 S zu Recht und mit 94.499 S nicht zu Recht bestehe. Abzüglich der aufrechnungsweise eingewendeten zu Recht bestehenden Gegenforderung der beklagten Parteien von 13.333,33 S gelangte das Berufungsgericht zu einem Zuspruch von 34.548,67 S und einer Abweisung des restlichen Klagebegehrens von 107.832,33 S.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß zu der Frage, ob und in welchem Ausmaß bei Ersatz der Wiederbeschaffungskosten Rabatte zu berücksichtigen seien, soweit hier überblickbar, eine oberstgerichtliche Judikatur nicht bestehe.

Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Z 3 und 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Feststellung der Klageforderung mit dem Betrag von restlichen 125.238 S als zu Recht bestehend, der Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und des Zuspruches von 125.238 S sA abzuändern; hilfsweise wird die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen unter Zugrundelegung einer Verschuldensteilung von 1 : 4 zugunsten des Klägers beantragt und in letzter Linie ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragten in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision mangels Vorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Die Revision ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Im Zusammenhang mit der nach Ansicht des Berufungsgerichtes die Zulässigkeit der Revision begründenden Rechtsfrage vertritt der Revisionswerber die Ansicht, der vom Berufungsgericht bei Ermittlung des ihm erwachsenen Sachschadens vorgenommene Abzug eines "fiktiven Rabattes" von 3 % stehe mit der "herrschenden Rechtslage" nicht im Einklang. Das Erstgericht habe festgestellt, daß es sich bei der Anschaffung des unfallsbeteiligten Fahrzeuges nicht um einen "vollständigen Barkauf" gehandelt habe, von ihm vielmehr ein anderer PKW zurückgegeben und die Differenz bezahlt worden sei. Davon ausgehend könne es nicht als gerichtsbekannt angesehen werden, daß auch bei solch einer Kaufkonstellation ein 3 %iger Rabatt gewährt werde. Es sei auch nicht festgestellt worden, daß ihm beim Ankauf des neuen Fahrzeuges 12 Tage vor dem Unfall tatsächlich ein solcher Rabatt eingeräumt worden wäre. Der Bemessung des ihm zustehenden Schadenersatzes sei daher der ihm in Rechnung gestellte Preis ohne Vornahme eines Rabattabzuges zugrundezulegen. Dem kann nicht gefolgt werden.

Vorweg ist festzuhalten, daß das Vorliegen eines Totalschadens im Verfahren nicht mehr strittig ist, und die Streitteile sich dadurch nicht beschwert erachteten, daß die Vorinstanzen dem Kläger den Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes zuerkannt und dabei jenen Preis als maßgebend erachtet haben, der beim Kauf eines gleichwertigen Fahrzeuges mit Werksgarantie an einen seriösen Händler zu bezahlen wäre.

Nach der für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage hat der Kläger für sein bei dem Unfall beschädigtes Fahrzeug kein Ersatzfahrzeug angeschafft (vgl AS 118, 92 und 93). Dementsprechend hat der Kläger seinem Schadenersatzbegehren in Ansehung des Totalschadens an seinem PKW die Behauptung zugrundegelegt, der "Neu- bzw Zeitwert" habe

212.400 S, der Restwert 20.000 S betragen. Da die Beklagten das Vorbringen des Klägers hinsichtlich des Zeitwertes seines Fahrzeuges bestritten und ihrerseits einen solchen von 185.000 S behaupteten, haben die Vorinstanzen mit Recht zur Feststellung des der Schadensermittlung zugrundezulegenden Wertes einen Sachverständigen beigezogen. Wenn die Vorinstanzen - von den Ergebnissen des Sachverständigenbeweises ausgehend und nicht allein als gerichtsbekannt - der Wertermittlung unter anderem die Annahme zugrundelegten, beim Ankauf eines Neufahrzeuges ohne Zurücknahme eines Fahrzeuges oder bei Rückgabe nur des Wracks würden üblicherweise Preisnachlässe gewährt (vgl Ersturteil AS 118; Sachverständiger Dipl.Ing. Jörg Landertshammer AS 47), so handelt es sich dabei um eine der Sachverhaltsgrundlage zuzuordnende Feststellung, die einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof als alleiniger Rechtsinstanz entzogen ist. Daß die Gewährung eines Preisnachlasses im Ausmaß von 3 % des in der Berufungsverhandlung außer Streit gestellten Listenpreises (eines neuen PKW Mazda 323 zur Unfallszeit in der Höhe von 213.000 S) gesetzlich verboten wäre, wird in der Revision nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Da der Kläger tatsächlich kein Ersatzfahrzeug angeschafft hat, kann er sich auch nicht dadurch beschwert erachten, daß vom Berufungsgericht im Rahmen der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes des beim Unfall beschädigten Kraftfahrzeuges des Klägers die Annahme berücksichtigt wurde, der Wiederbeschaffungswert läge im Ausmaß eines gesetzlich wohl zulässigen Rabattes von 3 % unter dem Listenpreis eines neuen Fahrzeuges. Auf die Lösung der vom Berufungsgericht zur Begründung seines Ausspruches über die Zulässigkeit der Revision herangezogenen Rechtsfrage, ob und in welchem Ausmaß bei Ersatz der Wiederbeschaffungskosten Rabatte zu berücksichtigen sind, kommt es im vorliegenden Fall somit gar nicht an, weshalb dieser Frage die Relevanz iS des § 502 Abs. 1 ZPO fehlt.

In seiner Revision wendet sich der Kläger weiters gegen die Ansicht der Vorinstanzen, ihm sei ein Mitverschulden an dem Unfall anzulasten; zu einem neuerlichen Blick in den Rückspiegel vor dem Linksabbiegen sei er unter den gegebenen Umständen nicht verpflichtet gewesen. Schließlich erachtet er sich noch dadurch beschwert, daß die Vorinstanzen im Rahmen der Verschuldensabwägung jedenfalls nicht zu einer für ihn günstigeren Schadensteilung im Verhältnis 1 : 4 gelangt sind. Auch damit zeigt der Revisionswerber keine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage iS des § 502 Abs. 1 ZPO auf. Denn bei seiner Entscheidung über die Frage, ob der Kläger zu einem zweiten Blick in den Rückspiegel verpflichtet war und ihn wegen der Unterlassung einer solchen Vorsichtsmaßnahme ein Mitverschulden trifft, hat sich das Berufungsgericht im Rahmen der nun schon ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gehalten. Das Ergebnis der Verschuldensabwägung hingegen ist von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängig. Inwiefern die hier ergangene Entscheidung an Bedeutung über den Einzelfall hinausgehen sollte, wurde in der Revision nicht dargetan und ist auch nicht erkennbar. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage hätte das Berufungsgericht die Revision somit nicht zulassen dürfen.

Die unzulässige Revision mußte daher zurückgewiesen werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.