JudikaturJustiz2Ob165/04k

2Ob165/04k – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Februar 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Tittel und Dr. Veith, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Brigitte S*****, vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen den Antragsgegner August S*****, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 13. Jänner 2004, GZ 1 R 324/03k-40, mit welchem der Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Feldkirch vom 29. September 2003, GZ 2 C 102/02b-31, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 30. 6. 2001, 2 C 79/99b-37, geschieden. Die Scheidung ist rechtskräftig.

Mit Antrag vom 12. 7. 2002 begehrte die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Die Aufteilungsmasse setze sich wie folgt zusammen: Bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft habe der Antragsgegner über ein Geldvermögen in Höhe von zumindest € 150.000 verfügt, das er durch Privatentnahmen aus seinem Unternehmen angespart habe. Weiters sei er zu diesem Zeitpunkt Eigentümer mehrerer Eigentumswohnungen gewesen, zu denen auch die ehemalige Ehewohnung gehört habe. Auch die (teilweise vom Antragsgegner entfernten) Einrichtungsgegenstände der nun wieder vom Antragsgegner bewohnten Ehewohnung unterlägen der Aufteilung. Die Aufteilungsmasse sei nach Billigkeit aufzuteilen. Der Antragsgegner beantragte Abweisung des Aufteilungsantrages. Er sei einverstanden, dass die Antragstellerin sämtliche noch vorhandenen Einrichtungsgegenstände und Fahrnisse aus der ehemaligen Ehewohnung in ihr Eigentum übernehme. Hiefür bedürfe es keiner Beschlussfassung durch das Gericht. Im Übrigen verfüge er weder über Barvermögen noch über Ersparnisse. Vielmehr habe er den Antrag auf Eröffnung eines Privatkonkursverfahrens gestellt. Die Eigentumswohnungen hätten zu seinem ehemaligen Einzelunternehmen gehört und seien (ebenso wie die Ehewohnung) im Zug eines darüber geführten Konkursverfahrens verwertet worden. Die Wohnungen seien überschuldet gewesen, der Verkaufserlös sei zur Gänze den Absonderungsgläubigern zugekommen.

Das vom Antragsgegner genannte Konkursverfahren über sein Vermögen als Einzelunternehmer (13 S 32/00m des LG Feldkirch) war mit Beschluss vom 9. 6. 2000 eröffnet und mit Beschluss vom 25. 4. 2002 war mangels kostendeckenden Vermögens aufgehoben worden. Am 5. 9. 2002 - also nach Rechtskraft der Scheidung und Stellung des Aufteilungsantrages - wurde auf Antrag des Antragsgegners vom BG Feldkirch zu 17 S 35/02m ein (derzeit noch immer anhängiges) Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Dem Schuldner wurde die Eigenverwaltung belassen. In diesem Verfahren meldete die Antragstellerin aus dem Titel der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse eine Forderung von €

150.000 an. In der Prüfungstagsatzung vom 6. 11. 2002 wurde diese Forderung vom Antragsgegner bestritten. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, eine Entscheidung des Außerstreitgerichtes über die Forderung herbeizuführen.

Im Aufteilungsverfahren war die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens zwar aktenkundig geworden. Es kam jedoch weder zu einer (formellen) Unterbrechung des Verfahrens nach § 7 KO noch wurde ein Fortsetzungsantrag gestellt oder das Aufteilungsbegehren auf Feststellung der bestrittenen Konkursforderung geändert.

Nach Durchführung eines Beweisverfahrens wies das Erstgericht den Aufteilungsantrag ab. Im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seien die Streitteile dermaßen überschuldet gewesen, dass trotz Verwertung des Liegenschaftsvermögens Schulden verblieben seien. Diese Schulden seien ebenso wie die Eigentumswohnungen dem Unternehmen des Antragsgegners zuzurechnen gewesen, weswegen sie nicht in die Aufteilungsmasse fielen. Auch die Ehewohnung könne nicht mehr aufgeteilt werden, da sie bereits versteigert worden sei.

Den dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht zurück. Das Aufteilungsverfahren sei durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens gemäß § 7 KO unterbrochen worden. Diese Unterbrechung dauere an, da weder ein Aufnahmeantrag gestellt noch ein Fortsetzungsbeschluss gefasst worden sei. Nicht ausreichend sei dafür die schlüssige Aufnahme durch Setzen von Verfahrenshandlungen. Auch das Erheben eines Rechtsmittels bzw das Zustellen der Rechtsmittelschrift an den Gegner habe nicht die Wirkung eines Fortsetzungsantrags bzw einer beschlussmäßigen Aufnahme des Verfahrens gehabt. Der während der Unterbrechung eingebrachte Rekurs habe nicht der Sicherung der Unterbrechungswirkung oder der Klärung der Frage gedient, ob eine Unterbrechung überhaupt vorliege, und sei daher unzulässig. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig. Es gebe nämlich keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob es als Aufnahme des Verfahrens zu werten sei, wenn ein Aufteilungsverfahren amtswegig fortgesetzt werde, in dem die Unterbrechung durch Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens unberücksichtigt geblieben sei.

Rechtliche Beurteilung

Das Datum der Entscheidung erster Instanz liegt vor dem 1. 1. 2005. Auf den Revisionsrekurs sind daher gemäß § 203 Abs 7 AußStrG noch die Vorschriften des früheren Außerstreitgesetzes anzuwenden. Entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes, der den Obersten Gerichtshof nicht bindet (§ 16 Abs 3 AußStrG aF iVm § 508a Abs 1 ZPO), ist der Revisionsrekurs der Antragstellerin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG aF unzulässig.

1. Ein Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG wird durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines der Ehegatten unabhängig von der Bestellung eines Masseverwalters unterbrochen (stRsp, SZ 67/18, RIS-Justiz RS0057570, zuletzt 7 Ob 276/02t; Schubert in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 7 KO Rz 20 mwN; Stabentheiner in Rummel³ § 85 EheG Rz 4 mwN). Der anders zu beurteilende Fall eines bereits vor Entstehen des Aufteilungsanspruches (Rechtskraft der Ehescheidung) anhängig gewordenen Konkursverfahrens (RIS-Justiz RS0008583, zuletzt 2 Ob 190/03k) liegt hier nicht vor. Das hier relevante zweite Konkursverfahren (Schuldenregulierungsverfahren des BG Feldkirch) wurde nämlich erst nach Rechtskraft der Ehescheidung (und Einleitung des Aufteilungsverfahrens) eröffnet.

Die Unterbrechung tritt ex lege ein. Sie ist von der Fassung eines Unterbrechungsbeschlusses unabhängig. Ein solcher Beschluss hätte nur deklarative Wirkung (RIS-Justiz, RS0064046, zuletzt 9 Ob 40/03b). Die Aufnahme des unterbrochenen Aufteilungsverfahrens ist nach Abschluss der Forderungsprüfung möglich (7 Ob 276/02t).

2. Die Aufnahme eines unterbrochenen Verfahrens erfolgt grundsätzlich durch Beschluss auf Antrag einer Partei (§ 164 ZPO). Das gilt auch für gemäß § 7 KO unterbrochene Außerstreitverfahren (9 Ob 40/03b). Weder der Fortsetzungsantrag noch der Fortsetzungsbeschluss müssen zwar ausdrücklich als solche bezeichnet werden (7 Ob 711/77 = JBl 1978, 433, 4 Ob 571/79 für Fortsetzungsanträge; 7 Ob 711/77, RIS-Justiz RS0037193, zuletzt 9 Ob 40/03b für Fortsetzungsbeschlüsse). In beiden Fällen ist es jedoch erforderlich, dass der auf Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens zielende Antrags- bzw Entscheidungswille deutlich erkennbar ist (4 Ob 571/79 für den Fortsetzungsantrag; 8 ObA 104/01d, 6 Ob 318/01k, 9 Ob 40/03b für den Fortsetzungsbeschluss; Fink in Fasching², § 164 ZPO Rz 4 bzw § 165 ZPO Rz 4 bis 10, jeweils mwN).

3. Im vorliegenden Verfahren war die Unterbrechungswirkung vom Erstgericht und den Parteien offenkundig übersehen worden. Das Aufteilungsverfahren wurde ohne Bedachtnahme auf das Schuldenregulierungsverfahren fortgesetzt. Das zeigt sich insbesondere daran, dass die Umstellung auf das nach der Forderungsprüfung erforderliche Feststellungsbegehren unterblieb. Es mag nun zwar sein, dass der Oberste Gerichtshof bisher noch keine vollständig idente Fallgestaltung zu entscheiden hatte. Daraus folgt aber noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn von § 14 Abs 1 AußStrG aF. Die Annahme des Rekursgerichtes, dass es im vorliegenden Verfahren weder einen - konkludenten - Fortsetzungsantrag noch einen - ebenfalls konkludenten - Fortsetzungsbeschluss gegeben habe, steht nämlich im Einklang mit der oben dargestellten Rechtsprechung. Wenn weder die Parteien noch das Gericht eine Unterbrechung annahmen, kann der weiteren Durchführung des Verfahrens kein konkludenter Antrags- oder Entscheidungswille auf dessen Wiederaufnahme unterstellt werden (vgl 9 Ob 40/03b zu einem entsprechenden Sachverhalt im außerstreitigen Unterhaltsverfahren). Eine solche Fiktion wäre eine unzulässige Überdehnung des eindeutigen Gesetzeswortlautes. Sie würde dazu führen, Partei- und Gerichtshandlungen eine Bedeutung - nämlich die Fortsetzung eines unterbrochenen Verfahrens - zu unterstellen, die sie nach dem konkreten Antrags- bzw Entscheidungswillen wegen des Übersehens der Unterbrechungswirkung von vornherein nicht haben konnten. Die vom Rekursgericht herbeigeführte „Genehmigung der Prozessführung" durch das BG Feldkirch als Konkursgericht ist insofern irrelevant. Eine Fortsetzung des Aufteilungsverfahrens könnte nur in diesem Verfahren wirksam verfügt werden.

4. Der während der Unterbrechung eingelegte Rekurs hatte sich nur auf Gründe gestützt, die nicht mit der Unterbrechungswirkung in Zusammenhang standen. Er war aus diesem Grund unzulässig (SZ 43/158; SZ 45/19; SZ 51/150; RIS-Justiz, RS0037023, zuletzt 5 Ob 90/05d; Fink in Fasching², § 163 Rz 27; Schubert in Konecny/Schubert, § 7 KO Rz 33, 40 und 49; beide mwN) und wurde daher zutreffend zurückgewiesen. Eine allfällige Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung konnte vom Rekursgericht mangels eines zulässigen Rechtsmittels nicht wahrgenommen werden (RIS-Justiz, RS0007095; zuletzt 3 Ob 314/05f).

5. Die Frage, ob die erstinstanzliche Entscheidung wegen der Unterbrechung an einer Nichtigkeit leidet, war auch vom Obersten Gerichtshof nicht zu prüfen. Der Revisionsrekurs richtete sich nur gegen die Verneinung der Rekurszulässigkeit. Ist - wie hier - die Zurückweisung eines unzulässigen Rechtsmittels zu bestätigen, so kann eine bei Erledigung der Hauptsache allenfalls unterlaufene

Nichtigkeit nicht aufgegriffen werden (6 Ob 832/81 = JBl 1983, 94; 5

Ob 34/82 = NZ 1983, 157; Zechner in Fasching² § 503 ZPO Rz 64). Zwar

ist die Sachentscheidung im vorliegenden Fall noch nicht rechtskräftig. Die Rechtsmittelwerberin kann jedoch mit ihrem Revisionsrekurs nicht etwas erreichen, was sie mit ihrem zutreffend als unzulässig beurteilten Rekurs nicht erreichen konnte. Vielmehr hat sich das Verfahren des Obersten Gerichtshofes auf die Prüfung des Zurückweisungsgrundes zu beschränken (vgl 9 Ob 86/03t: abschlägige Erledigung eines Rekurses gegen die Zurückweisung einer Berufung gegen ein trotz Unterbrechung des Verfahrens gefälltes Urteil, ohne dass die Frage der Nichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils geprüft wurde).

Im derzeitigen Verfahrensstadium ist daher nicht zu entscheiden, ob das der Unterbrechung folgende Verfahren und/oder die Entscheidung des Erstgerichtes nichtig ist (vgl RIS-Justiz, RS0037021 und RS0037010; Schubert in Konecny/Schubert, § 7 KO Rz 32 ff mwN).

6. Da die Entscheidung des Rekursgerichtes durch ständige Rechtsprechung des Höchstgerichtes gedeckt ist, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen. Wegen der bereits erfolgten Forderungsprüfung steht es den Parteien frei, beim Erstgericht die Aufnahme des Verfahrens zu beantragen. Damit könnte ein Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung verbunden werden, mit dem nunmehr andere Bekämpfungsgründe releviert werden könnten; insofern ist der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels durchbrochen (Schubert in Konecny/Schubert, § 7 KO Rz 33, 49; Fink in Fasching2, § 163 ZPO Rz 27; vgl RIS-Justiz RS0036977; zuletzt etwa 1 Ob 219/00p). Sollte nach Fortsetzung des Verfahrens kein Rechtsmittel erhoben werden, würde die erstinstanzliche Entscheidung rechtskräftig.