JudikaturJustiz22R63/07d

22R63/07d – LG Salzburg Entscheidung

Entscheidung
07. März 2007

Kopf

Das Landesgericht Salzburg als Berufungsgericht hat durch die Richter Dr. Hemetsberger als Vorsitzenden sowie DDr. Aichinger und Mag. Grund in der Rechtssache der klagenden Partei T***** A***** AG, 1010 Wien, ***** vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner Partner, Anwaltssozietät in 4020 Linz, gegen den Beklagten ***** G***** W*****, ***** 3072 Kasten, ***** vertreten durch Dr. Alexandra Schwarzmayr-Lindinger, Rechtsanwältin in 5730 Mittersill, als bestellte Verfahrenshelferin, wegen (richtig) EUR 103,61 s.A., über die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom 06.11.2006, 20 C 2645/05m-40, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsberufung wird verworfen.

Im übrigen wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass es einschließlich seiner als bestätigt aufrecht erhaltenen und seiner als unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt zu lauten hat:

"Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen EUR 118,87 (darin EUR 15,26 an Nebengebühren) samt 7,75 % Zinsen aus EUR 203,90 seit 27.02.2003 zu bezahlen sowie die mit EUR 826,55 (darin EUR 132,09 USt. und EUR 34,-- Barauslagen) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.

Das Mehrbegehren, wonach der Beklagte überdies schuldig sei, der klagenden Partei Nebengebühren von EUR 188,25 samt 7,75 % Zinsen seit 26.02.2003 zu bezahlen, wird abgewiesen."

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von EUR 118,87 (in diesem Betrag sind in Wahrheit EUR 15,26 an Mahnspesen, also an Nebengebühren, enthalten) und von EUR 188,25 Nebengebühren samt Zinsen und Kosten verpflichtet. Das im Wesentlichen mit der Begründung, dass sich der zugesprochene Betrag von EUR 118,87 aus Verbindungsentgelten, Grundentgelten sowie Herstellungskosten zusammensetze, welche den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der klagenden Partei entsprechen würden und damit gerechtfertigt seien. Auch die verzeichneten Mahnspesen von EUR 188,25 seien der Höhe nach angemessen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der klagenden Partei würden in § 13 Abs. 8 eine entsprechende Zahlungspflicht des Beklagten hinsichtlich der Mahn- und Inkassokosten vorsehen. Die klagende Partei habe sich zur Einbringlichmachung ihrer Forderungen berechtigterweise eines Inkassobüros bedient, die hiefür verrechneten Kosten von EUR 188,25 seien auch zweckdienlich gewesen. Die verzeichneten Kosten würden dem Tarif der Verordnung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Höchstsätze der Inkassoinstitute gebührenden Vergütungen entsprechen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil wegen Nichtigkeit aufzuheben; in eventu wird ein Abänderungsantrag dahin gestellt, dass das Begehren auf Nebengebühren (Inkassospesen) samt Zinsen abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Die Nichtigkeitsberufung ist zu verwerfen. Im Übrigen, also betreffend die Nebenforderung von EUR 188,25 s.A. ist die Berufung berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs. 1 Z 4 ZPO, den der Berufungswerber geltend macht, schützt den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör, stellt aber nicht alle Verletzungen des rechtlichen Gehörs unter Nichtigkeitssanktion, sondern nur eine besondere Erscheinungsform, nämlich die gesetzwidrige Verhinderung der Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln. Dass im Zivilprozess nicht jegliche Verhandlung ohne Zuziehung beider Parteien schlechthin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen kann, ergibt sich aus dem Verhandlungsgrundsatz und den prozessualen Folgerungen aus der Behauptungs- und Beweislast der Parteien. Das Gesetz nimmt auf diese Prinzipien hinreichend Bedacht und trifft verschiedenste positivrechtliche Regelungen, die es ermöglichen, bei Vorliegen bestimmter Tatbestände mit einer Partei allein unter Ausschluss der anderen Partei zu verhandeln. Die Prozessordnung schützt also das rechtliche Gehör nur insoweit, als es gesetzwidrig beeinträchtigt wird. Damit Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs. 1 Z 4 ZPO vorliegt, müssen folgende Voraussetzungen zusammentreffen: 1. ein ungesetzlicher Vorgang, der 2. einer Partei 3. die Möglichkeit nimmt,

4. vor Gericht zu verhandeln. Solange auch nur eine dieser Voraussetzungen fehlt, liegt der Nichtigkeitsgrund nicht vor. Der in § 477 Abs. 1 Z 4 ZPO enthaltene Nichtigkeitstatbestand konkretisiert sich im Verfahren; die Entscheidung selbst ist nur deshalb mit Nichtigkeit behaftet, weil sie das Ergebnis des nichtigen Verfahrens ist. Wenn noch vor Fällung der Entscheidung das gesetzwidrige Verfahren durch ein gesetzmäßiges Verfahren ersetzt wird, dann ist die das Verfahren abschließende Entscheidung nicht mehr wegen Nichtigkeit anfechtbar (Pimmer in Fasching², Rz 43 ff zu § 477 ZPO).

In diesem Sinne begründet es nach ständiger Rechtsprechung eine Nichtigkeit, wenn einer gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten. Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs. 1 Z 4 ZPO liegt auch dann vor, wenn einer Partei die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, nicht gänzlich, sondern nur bei einem von mehreren Verhandlungsterminen entzogen wurde. Das gilt aber nur dann, wenn der Stoff dieser Verhandlung nicht bei einer folgenden Tagsatzung neuerlich erörtert und verhandelt wurde (Klauser, Kodek: JN, ZPO16, E 70 ff zu § 477 ZPO).

Im vorliegenden Fall wurden dem Beklagten sowohl der Zahlungsbefehl vom 12.03.2003 als auch die Ladungen für den 27.06.2003 und den 24.09.2003 ordnungsgemäß zugestellt. Dementsprechend ist der Beklagte auch zur mündlichen Streitverhandlung am 24.09.2003, in der auch seine Parteienvernehmung durchgeführt wurde, gekommen (ON 11). Erst in der Folge konnten dem Beklagten wegen seiner langfristigen Ortsabwesenheit keine Ladungen mehr zugestellt werden, woraufhin das Erstgericht die mündliche Streitverhandlung zunächst vertagte, dann jedoch die Ladung für die mündliche Streitverhandlung am 30.06.2004 (ebenso wie die Ladung zur Beweisaufnahme am 03.02.2006) gemäß §§ 8 Abs. 2 iVm 23 ZustG an den Beklagten durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch zustelle (ON 19). Ob diese Zustellungen gesetzmäßig waren, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil der Beklagte jedenfalls in der Folge ordnungsgemäß an seiner neuen - nach wie vor aktuellen (vgl. insbes. ON 41, 44 sowie 46) - Anschrift 3072 Kasten, ***** geladen wurde. An dieser (richtigen) Zustelladresse wurden dem Beklagten insbesondere die Ladung für die mündliche Streitverhandlung am 24.04.2006 samt dem Protokoll über die Rechtshilfevernehmung der Zeugin M***** S***** (ON 26) zugestellt (ON 28), ebenso das Verhandlungsprotokoll vom 24.04.2006 samt ZPO-Form 1 (ON 33), die Ladung zur Beweistagsatzung am 31.05.2006 vor dem Bezirksgericht Favoriten, zu der der Beklagte auch kam, (ON 34) und die Ladung zur mündlichen Streitverhandlung am 24.10.2006 (ON 38). Durch diese ordnungsgemäßen Zustellungen bzw. Ladungen wurde dem Beklagten jedenfalls die Möglichkeit eingeräumt, sich zu sämtlichen Beweisergebnissen (insbesondere auch zur Einvernahme der Zeugin S***** vom 03.02.2006) zu äußern. Wäre er zur mündlichen Streitverhandlung am 24.10.2006 (zu der er ordnungsgemäß geladen wurde, was vom Berufungswerber im Übrigen auch gar nicht bestritten wird) gekommen, hätte er die neuerliche Erörterung und Verhandlung des gesamten Prozessstoffes beantragen können. Damit liegt aber - unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der nach §§ 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG vorgenommenen Zustellungen - im Sinne der zuvor zitierten Judikatur keine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beklagten vor, da ihm nicht die Möglichkeit genommen wurde, vor Gericht zu verhandeln. Die Nichtigkeitsberufung war daher zu verwerfen.

In seiner Rechtsrüge bekämpft der Berufungswerber nur den Zuspruch der Nebengebühren (Inkassospesen) in Höhe von EUR 188,25 samt Zinsen an die klagende Partei. Insoweit ist die Berufung berechtigt.

Der Beklagte hat die geltend gemachten Betreibungskosten in der mündlichen Streitverhandlung am 24.09.2003 ausdrücklich bestritten und u.a. darauf hingewiesen, dass er keinen Anlass für Mahnungen gegeben habe, weil er sich um die Richtigstellung der gegenständlichen Rechnung bemüht habe, und dass die Inkassogebühren die Klagsforderung übersteigen (AS 27 verso f), sie also - in rechtlicher Hinsicht betrachtet - im Sinne des § 1333 Abs. 3 letzter Satz ABGB in keinem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen würden. Ungeachtet dieses Vorbringens hat die hierfür beweispflichtige klagende Partei keinen Sachverhalt behauptet, geschweige denn bewiesen, der für die Zweckmäßigkeit der von ihr veranlassten außergerichtlichen Betreibungs- bzw. Einbringungsmaßnahmen sowie die Notwendigkeit der daraus resultierenden Kosten sprechen würde (vgl. zur Beweislast Reischauer in Rummel³, Rz 26 zu § 1333 ABGB; Obermaier: Das Kostenhandbuch, Rz 81 mwN). Das Vorbringen der klagenden Partei beschränkt sich vielmehr darauf, dass sich der Beklagte vertraglich (nach § 13 Abs.8 der AGB Telefon) zur Tragung der Inkassokosten, die tatsächlich aufgelaufen seien, verpflichtet habe und dass diese Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen seien, zumal die verzeichneten Kosten dem Tarif der Bundesinnung für Inkassobüros und der Verordnung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen entsprechen würden (AS 3). Auch in ihrer Berufungsbeantwortung argumentiert die klagende Partei in diesem Zusammenhang lediglich damit, dass sich der Beklagte zur Übernahme der Inkassokosten vertraglich verpflichtet habe.

Diese Ausführungen gehen schon deshalb ins Leere, weil der Beklagte

auch nach den maßgeblichen Vertragsbestimmungen (§ 13 Abs. 8 der AGB

Telefon) - andernfalls läge nach der Rechtsprechung des Obersten

Gerichtshofes aber ohnedies eine im Sinne des § 879 Abs. 3 ABGB

gröblich benachteiligende Vereinbarung vor (RIS-Justiz RS0110991) -

nur "die für das Einschreiten von ..... Inkassoinstituten anfallenden

zweckentsprechenden und erforderlichen Kosten .... zu tragen" (US 7)

hat.

Das entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, die nunmehr in § 1333 Abs. 3 ABGB in der Fassung des ZinsRÄG 2002 ihren Niederschlag gefunden hat. Auch danach stehen dem Gläubiger bei subjektivem Verzug nur die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen zu, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen. Die außergerichtlichen Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen müssen also zweckentsprechend sein. Nur die dafür notwendigen Kosten sind zu ersetzen, dies auch nur, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen (Reischauer in Rummel³, Rz 23 f zu § 1333 ABGB). Unnötige und/oder unzweckmäßige Betreibungsschritte sind zu unterlassen. Auch das Auslagern der Forderungsbetreibung vom Gläubiger an ein Inkassoinstitut muss diesen Kriterien von Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit entsprechen, zumal die Eintreibung einer Forderung durch ein Inkassobüro - insbesondere bei niedrigen Hauptforderungen - üblicherweise erheblich teurer kommt als die Eintreibung der Forderung durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts sowie die Einbringung einer Mahnklage (Reischauer in Rummel³, Rz 24 zu § 1333 ABGB; Obermaier: Das Kostenhandbuch, Rz 82).

Dementsprechend führen die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Zinsenrechts-Änderungsgesetz aus, das die derzeit aufgrund der Verordnung BGBl. Nr. 141/96 zulässigen Tarife Höchstsätze sind, die dem Gläubiger vom Inkassoinstitut für dessen Dienste bis zu der mit Verordnung festgelegten Höhe verrechnet werden können. Die Höhe der dem Gläubiger zustehenden Inkassokosten wird je nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu bemessen sein. Hat der Schuldner durch sein Verhalten einen über das gewöhnliche Maß hinausgehenden Inkassoaufwand verschuldet (etwa indem er "untergetaucht" ist, den Gläubiger über seine Identität getäuscht hat oder sich sonst seiner Zahlungspflicht zu entziehen versucht hat), so werden die Kosten, die der Gläubiger dafür in Rechnung stellen kann, höher sein als etwa in den Fällen, in denen der Schuldner schlicht und einfach nicht zahlen kann. Erfordert also das Verhalten des Schuldners das Spezialwissen eines Inkassoinstitutes, so wird der Schuldner die dafür dem Gläubiger erwachsenen Kosten jedenfalls ersetzen müssen. Ist dagegen von vorne herein absehbar, dass der Schuldner die betriebene Forderung außergerichtlich nicht zahlen wird, so wird sich der Gläubiger entgegenhalten lassen müssen, dass die außergerichtliche Betreibung nicht zweckmäßig war oder dass zumindest einzelne Inkassoschritte nicht notwendig und unzweckmäßig waren. Das gilt vor allem für die Praxis, dem nichtzahlenden Schuldner laufend Mahnschreiben zu schicken, die zur Hereinbringung der Forderung nichts beitragen. Ferner wird bei der Geltendmachung von Inkassokosten eines vom Gläubiger eingeschaltenen Inkassoinstitutes zu prüfen sein, aus welchen Gründen der Gläubiger ein Inkassoinstitut beauftragt und nicht sogleich einen Rechtsanwalt eingeschaltet hat, bei dem Inkassokosten durch den unter den Inkassotarifen nach der erwähnten Verordnung liegenden Einheitssatz nach § 23 RATG abgedeckt werden (Erläuterungen zum ZinsRÄG 2002, S. 11 f).

In diesem Sinne vertritt Obermaier (Das Kostenhandbuch, Rz 82), die - vom Berufungsgericht geteilte - restriktive Ansicht, dass bloße Mahnungen und Forderungsschreiben von Inkassoinstituten, denen keine weiteren Eintreibungsmaßnahmen folgen, keine notwendigen Aktionen sind, weil im Falle der Nichtzahlung durch den Schuldner dann erst recht die Beiziehung eines Anwalts und die Klagsführung erforderlich wird. Inkassoinstitute sind nach § 118 Abs. 2 Gewerbeordnung nicht berechtigt, Forderungen von Klienten im Gerichtsweg einzutreiben, und zwar auch dann nicht, wenn sie die Forderung nach erfolgter Zession im eigenen Namen geltend machen; zudem sind sie in der Regel teurer als anwaltliche Mahnschreiben.

Die Beauftragung eines Inkassoinstitutes, so Obermaier weiter, ist unbedenklich, wenn etwa der Schuldner untergetaucht ist, wenn er den Gläubiger über seine Identität getäuscht hat oder wenn er sich sonst seiner Zahlungspflicht nachhaltig zu entziehen versucht. Neben solchen Ausforschungszwecken kommt dann nur mehr ein Inkasso in Betracht, das ex ante erfolgversprechend ist. Von vornherein erkennbar erfolglose Inkassomaßnahmen können nie ersatzfähig sein, z. B. wenn bekannt ist, dass die Forderung strittig ist oder dass der Schuldner aus anderen Gründen freiwillig nicht zahlt oder nicht zahlen kann, wenn also Fälle vorliegen, die es von vornherein wahrscheinlich machen, dass letztlich doch geklagt werden muss (Obermaier: Das Kostenhandbuch, Rz 82 mwN).

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat der Beklagte die gegenständliche Rechnung der klagenden Partei vom 20.06.2002 (Beilage ./A) mit Schreiben vom 05.07.2002 (Beilage ./1) bemängelt. In diesem Schreiben wies der Beklagte - was unstrittig ist - unter anderem darauf hin, dass er aufgrund seiner unverschuldeten finanziellen Notlage nicht in der Lage sei, die Telefonrechnung zu bezahlen; aus diesem Grund ersuchte er um eine Reduktion bzw. Richtigstellung der Rechnung von Mai 2006 (Beilage ./1). Die klagende Partei reagierte darauf mit einem Mahnschreiben ("Zahlungserinnerung") vom 03.08.2002, für das sie EUR 4,36 an Mahnspesen in Rechnung stellte (Beilage ./C). Dies, obwohl der klagenden Partei bekannt war, dass der Beklagte überdies im Genuss einer (teilweisen) Gebührenbefreiung stand.

Der Beklagte wandte sich in der Folge an die Konsumentenberatung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg, die am 09.09.2002 ein Schreiben an die klagende Partei richtete, in dem sie unter Hinweis auf die finanziell missliche sowie prekäre Situation des Beklagten um eine kulante Aktenerledigung (Verringerung des Rechnungsbetrages sowie Möglichkeit von Ratenzahlungen) ersuchte. Die klagende Partei schickte daraufhin am 18.09.2002 eine weitere Mahnung bzw. "Zahlungserinnerung" an den Beklagten, für die Mahnkosten von EUR 10,90 verrechnet wurden (Beilage ./D). Die Mahnspesen für die beiden Zahlungserinnerungen der klagenden Partei vom 03.08.2002 und vom 18.09.2002 in Höhe von insgesamt EUR 15,26 hat das Erstgericht der klagenden Partei, was unbekämpft geblieben ist, als Hauptforderung zugesprochen.

Aufgrund dieses Ablaufes ergibt sich, dass es nach den beiden Mahnungen der klagenden Partei absehbar war, dass der Beklagte die betriebene Forderung außergerichtlich nicht zahlen wird. Ungeachtet dessen hat die klagende Partei das Inkassobüro O***** KG eingeschaltet, ohne auch nur vorzubringen, warum ein Inkassoinstitut beauftragt und nicht sogleich ein Rechtsanwalt eingeschaltet wurde. Der Beklagte hat die gegenständliche Rechnung unter Hinweis auf deren Unrichtigkeit und unter Hinweis auf seine prekäre finanzielle Situation trotz zweier Mahnschreiben der klagenden Partei nicht bezahlt. Da er - das hat die klagende Partei nicht einmal behauptet - auch nicht "untergetaucht" ist, er die klagende Partei nicht über seine Identität getäuscht oder sich sonst seiner Zahlungspflicht nachhaltig zu entziehen versucht hat, hätte die klagende Partei davon ausgehen müssen, dass der Beklagte die Forderung freiwillig nicht bezahlen wird, weil er diese teilweise bestritt und weil er sie überdies aufgrund seiner finanziellen Notlage nicht bezahlen kann.

In einem derartigen Fall ist aber das Spezialwissen eines Inkassobüros nicht erforderlich. Die notwendigen Aktionen des Inkassobüros bestanden nämlich aufgrund der konkreten Situation nicht in Ausforschungstätigkeiten (etwa Anschriftenerhebung, Ausforschung der Einkommensquellen sowie der Vermögenswerte des Schuldners etc.), der persönlichen Kontaktaufnahme mit dem Schuldner, um ihn zur Zahlung zu bewegen, oder im Abschluss und der Überwachung von Ratenvereinbarungen, sondern im Inkasso im eigentlichen Sinne. Dieses hätte aber - im Gegensatz zu den zuvor aufgelisteten typischen Spezialgebieten von Inkassoinstituten - genauso von einem Rechtsanwalt vorgenommen werden können. Hätte ein Rechtsanwalt ein Mahnschreiben verfasst, wären die damit verbundenen Kosten üblicherweise bei einer nachfolgenden Klagseinbringung im Einheitssatz gedeckt. Überdies wären die Mahnkosten nach dem RATG - jedenfalls bei geringen Streitwerten - geringer als nach der Verordnung BGBl. Nr. 141/196 (hg. 22 R 158/06y).

Die Einschaltung eines Inkassoinstituts war daher im konkreten Fall nicht zweckmäßig, weil aufgrund des Verhaltens des Beklagten, der sogar teilweise gebührenbefreit war, absehbar war, dass auch ein Inkassobüro nicht zur Hereinbringung der Forderung beitragen wird können. Der Beklagte muss daher die geltend gemachten Inkassospesen in Höhe von EUR 188,25 s. A. nicht bezahlen, sodass das Klagebegehren in diesem Umfang - schon infolge der Unzweckmäßigkeit der Auslagerung der Forderungsbetreibung von der klagenden Partei, die ohnedies bereits zwei Mahnungen an den Beklagten gerichtet hat, an ein Inkassoinstitut - abzuweisen ist. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob bzw. in welcher Höhe die klagende Partei überhaupt zur Zahlung der von der O***** KG gemäß Beilage ./F in Rechnung gestellten Positionen, bei denen es sich überwiegend um Schuldnergebühren handelt, verpflichtet wäre; nur dann bzw. insoweit wäre ihr aber überhaupt ein Schaden in dieser Höhe entstanden (vgl. dazu Obermaier: Das Kostenhandbuch, Rz 83 und 85).

Der Berufung war daher, soweit sie die Nebengebühren von EUR 188,25 s. A. betrifft, Folge zu geben und das angefochtene Urteil spruchgemäß abzuändern. Ungeachtet dessen hat es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung zu bleiben. Die Betreibungskosten sind nämlich nach § 54 Abs. 2 JN (so lange sie selbst nicht zur Hauptsache werden) streitwertneutral, sodass auch das Unterliegen mit Betreibungskosten keine Kostenfolgen nach sich zieht (Obermaier: Das Kostenhandbuch, Rz 80; hg. 22 R 109/04i; hg. 22 R 174/05z; RIS-Justiz RSA0000026). Dass das Erstgericht bei seiner Kostenentscheidung (ab dem Anerkenntnis) von einer Bemessungsgrundlage von EUR 118,87 (anstatt: EUR 103,61) ausgegangen ist, weil es die beiden Mahnschreiben der klagenden Partei als Haupt-, und nicht als Nebenforderung behandelte, kann vom Berufungsgericht mangels eines Kostenrekurses infolge insoweit eingetretener Teilrechtskraft nicht aufgegriffen werden (so auch LG Linz 12.11.1998, 11 R 204/98s).

Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Im Sinne der obigen Ausführungen, wonach Nebenforderungen streitwertneutral sind, hat die klagende Partei, da sie die Berufung in der Hauptsache (Nichtigkeitsberufung) abwehren konnte, Anspruch auf die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 103,61 (Hauptforderung), wobei ihr gemäß § 23 Abs. 10 iVm Abs. 9 RATG nur der einfache Einheitssatz zusteht.

Da die von der klagenden Partei geltend gemachte Nebenforderung von EUR 188,25 s.A. den Schwerpunkt des Berufungsverfahrens bildete, erscheint es unbillig, würde man dem Beklagten für seine Berufung, die, soweit sie den Zuspruch der Nebenforderung von EUR 188,25 s.A. betrifft, erfolgreich war, keine Kosten zuerkennen. Hätte der Beklagte nämlich in seiner Berufung überhaupt nur den Zuspruch der Nebengebühr bekämpft (vgl. Obermaier: Das Kostenhandbuch, Rz 81), wäre er mit seinem Rechtsmittel zur Gänze durchgedrungen, sodass ihm auch Berufungskosten zuerkannt werden müssten. Dass sich der Beklagte im konkreten Fall auch gegen die Entscheidung in der Hauptsache gewendet hat und er damit, also mit seiner Nichtigkeitsberufung, nicht durchgedrungen ist, wird ihm in kostenrechtlicher Hinsicht ohnedies dadurch angelastet, dass er der klagenden Partei die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 103,61 (Hauptforderung) zu ersetzen hat. Das kann aber nach Ansicht des Berufungsgerichtes nicht überdies dazu führen, dass er durch seine (erfolglose) Bekämpfung der Hauptsache seines Kostenersatzanspruches betreffend den erfolgreichen Teil der Berufung (Nebenforderung) verlustig werden würde. Im konkreten Fall scheint es daher sachgerecht, zwischen der Berufung in der Hauptsache und der Berufung betreffend die Nebenforderung zu unterscheiden. Mit Ersterer ist der Beklagte unterlegen, sodass er der klagenden Partei, wie dargelegt, die Kosten der Berufungsbeantwortung auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 103,61 zu ersetzen hat. Mit seiner Berufung betreffend die Nebenforderung von EUR 188,25 s.A. ist der Beklagte hingegen zur Gänze durchgedrungen. Da Nebenforderungen an sich streitwertneutral sind, erscheint insoweit eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 4c RATG geboten, wonach im konkreten Fall als Bemessungsgrundlage für den erfolgreichen Teil der Berufung ein Streitwert von EUR 94,32 anzunehmen ist. Nach der zitierten, hier analog anzuwendenden Bestimmung ist dann, wenn das Begehren auf Nebengebühren eingeschränkt wird, in Rechtssachen vor dem Bezirksgericht grundsätzlich von einem Streitwert bzw. Verfahrenswert von EUR 150,-- auszugehen, jedoch nie mehr als der Hälfte des ursprünglichen Wertes. Letzterer beträgt im konkreten Fall EUR 188,64 (EUR 203,90 abzüglich der Kosten für die beiden Mahnschreiben von insgesamt EUR 15,26, die in Wahrheit Nebenforderungen darstellen), sodass die Hälfte dieses Betrages, das sind EUR 94,32, als Streitwert anzunehmen ist (in diesem Sinne auch LG Linz 12.11.1998, 11 R 204/98s). Dem Beklagten gebühren daher für seine Berufung betreffend die Nebenforderung Kosten nach TP 3B RATG auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 94,32 zuzüglich 60 % Einheitssatz (§ 23 Abs. 10 iVm Abs. 9 RATG) und 20 % USt. Da diese gleich hoch sind wie die Kosten für die Berufungsbeantwortung der klagenden Partei war auszusprechen, dass die Kosten des Berufungsverfahrens gegeneinander aufzuheben sind.

Aufgrund des EUR 4.000,-- nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstandes des Berufungsgerichtes ist jeder weitere Rechtszug ausgeschlossen (§ 502 Abs. 2 ZPO).

Landesgericht Salzburg