JudikaturJustiz21R91/06z

21R91/06z – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
28. März 2006

Kopf

Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richter des

Landesgerichtes Dr. Schramm (Vorsitzender) sowie Dr. Steger und Dr.

Brenner in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers

Johann F *****, vertreten durch Brauneis, Klauser, Prändl, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die Antragsgegnerin Ingrid A *****, vertreten durch Dr. Oswin Lukesch, Dr. Anton Hintermeier, Mag. Michael Pfleger, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Rechnungslegung und Zahlung (Streitwert € 21.146,40 s.A.), über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Tulln vom 19.12.2005, 11 Msch 5/05t-2, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass er

ersatzlos a u f g e h o -

b e n wird.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind Kosten des weiteren Verfahrens. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt € 20.000,--. Der ordentliche Revisionsrekurs ist n i c h t

z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Der Antragsteller begehrte in seinem am 19.12.2005 beim Erstgericht eingelangten Antrag, die Antragsgegnerin schuldig zu erkennen, ihm über die Mieteinnahmen aus der Vermietung sämtlicher Wohnungen der Liegenschaft EZ 1 KG 20159 N *****, in ***** T ***** für den Zeitraum vom 31.12.2002 bis 31.12.2005 Rechnung zu legen, sowie sie zur Zahlung des sich aufgrund der Rechnungslegung ergebenden Guthabensbetrags zur Hälfte zu verpflichten, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens der Rechnungslegung vorbehalten bleiben solle.

Er brachte dazu vor, gemeinsam mit der Antragsgegnerin Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 1 KG ***** N ***** mit der Grundstücksadresse W ***** in N ***** zu sein. Auf der Liegenschaft befinde sich ein Haus mit 6 Wohnungen, deren eine die Antragsgegnerin bewohne. Ohne Zustimmung des Antragstellers und ohne mit der Verwaltung des Hauses beauftragt worden zu sein, vermiete die Antragsgegnerin die 5 verbleibenden Wohnungen seit mehr als 3 Jahren an dritte Personen, weigere sich allerdings dem Antragsteller gegenüber Rechnung über die Mieteinnahmen zu legen und den sich aus der Abrechnung ergebenden Guthabensbetrag zur Hälfte an ihn weiterzuleiten. Aus der Miteigentümergemeinschaft sei sie dazu aber verpflichtet.

Mit dem angefochtenen Beschluss erklärte das Erstgericht sich zur Führung der gegenständlichen Rechtssache für sachlich nicht zuständig und überwies die Rechtssache an das sachlich nicht offenbar unzuständige Landesgericht St. Pölten. Auf der Liegenschaft sei nach dem Grundbuchsstand nicht Wohnungseigentum, sondern schlichtes Miteigentum begründet, das WEG sei also nicht anzuwenden. Der Anspruch eines schlichten Miteigentümers gegen den anderen auf Rechnungslegung gehöre jedoch auf den streitigen Rechtsweg, wobei unter Berücksichtigung des vom Antragsteller genannten Streitgegenstands von € 21.146,40 die sachliche Zuständigkeit des Landesgerichtes St. Pölten gegeben sei. Gemäß § 44 Abs. 1 JN sei die Sache daher an dieses zu überweisen.

Diesen Beschluss bekämpft der Antragsteller mit seinem Rekurs aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

Rechtliche Beurteilung

Einer Beiziehung der Antragsgegnerin im Rekursverfahren bedurfte es ungeachtet des § 48 Abs. 1 AußStrG nicht. Nach der genannten Bestimmung ist zwar, wenn ein Rekurs gegen einen Beschluss erhoben wird, mit dem über die Sache oder über die Kosten des Verfahrens entschieden worden ist, jeder anderen aktenkundigen Partei eine Gleichschrift des Rekurses zuzustellen, gemäß § 48 Abs. 2 AußStrG haben diese Parteien die Möglichkeit einer Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen.

Zwar differenziert der Gesetzestext nicht danach, ob bereits Streitanhängigkeit vorliegt. Ausgehend davon, dass gemäß § 8 Abs. 2 AußStrG Anträge, die sofort zurück- oder abzuweisen sind, dem Antragsgegner gar nicht zuzustellen sind, daher auch die hierüber ergehende Entscheidung nicht zuzustellen ist, ist die Bestimmung des § 48 AußStrG teleologisch aber dahingehend zu reduzieren, dass nur dann, wenn der der Entscheidung zugrundeliegende Antrag dem Gegner vor der Entscheidung zugestellt wurde, das Rekursverfahren zweiseitig, ansonsten aber einseitig ist (vgl. MKK, AußStrG Rz 4 zu § 48).

Der Rekurs ist berechtigt.

Die erstgerichtlichen Rechtsausführungen beziehen sich auf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des FamErbRÄG 2004, BGBl I 2004/58, mit dem - ungeachtet des diesbezüglich missverständlichen Titels des Gesetzes - u.a. auch der § 838 a ABGB eingeführt wurde, und zwar gemäß Art. IV § 3 Abs. 1 Z 4 des genannten Gesetzes für Fälle, in denen die Sache nach dem 31.12.2004 anhängig gemacht wurde (wie dies hier der Fall ist). Nach dem neuen § 838 a ABGB sind Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Mit § 838 a ABGB werden also Streitigkeiten zwischen den Teilhabern einer Miteigentumsgemeinschaft insoweit ausschließlich ins Außerstreitverfahren verwiesen, als es sich dabei um mit der Verwaltung und Benützung unmittelbar zusammenhängende Rechte und Pflichten der Teilhaber handelt. Das betrifft jedenfalls die dem Richter nach den §§ 833 bis 838 ABGB zukommenden Aufgaben, aber auch Streitigkeiten aus einer Benützungsregelung, den Anspruch auf Rechnungslegung und auf die Verteilung des Erlöses zwischen den Miteigentümern (§ 830 Satz 1 ABGB) sowie die Verteilung des Nutzens und des Aufwands unter ihnen (§ 839 ABGB). Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Auseinandersetzung der Teilhaber eine Vereinbarung zugrundeliegt oder nicht (so die erläuternden Bemerkungen zur RV, 471 Blg. NR 22. GP 33, abgedruckt in MKK, AußStrG, Anhang 3, 852).

Damit erweist sich der Unzuständigkeits- und Überweisungsbeschluss des Erstgerichts (der inhaltlich als Umdeutung im Sinn des § 40 a JN zu verstehen ist) als nicht mehr der aktuellen Rechtslage entsprechend, er war daher im Sinn einer ersatzlosen Aufhebung abzuändern.

Das Erstgericht wird die Sache im allgemeinen Außerstreitverfahren zu behandeln und zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 Abs. 1 AußStrG; ein die Sache erledigender Beschluss des Rekursgerichts liegt noch nicht vor. Die Notwendigkeit des Rekurses wird erst aufgrund des Ausgangs in der Hauptsache abschließend beurteilt werden können.

Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes beruht auf der unbedenklichen Streitwertangabe des Antragstellers selbst. Der ordentliche Revisionsrekurs war gemäß § 62 Abs. 1 AußStrG nicht zuzulassen, weil die angesprochene Rechtsfrage - insbesondere unter Berücksichtigung der erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage - unmissverständlich gesetzlich geregelt ist. Nur der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass nach Auffassung des Rekursgerichtes ein spezifisch wohnrechtliches Außerstreitverfahren nicht vorliegt und die spezifischen Zulassungsvoraussetzungen nach § 37 Abs. 3 Z 16 MRG bzw. § 52 Abs. 2 WEG nicht zur Anwendung kommen.

Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6