JudikaturJustiz21Ns5/22f

21Ns5/22f – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 23. Februar 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Univ. Prof. Dr. Harrer und Dr. Hausmann als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwältin in *, AZ D 36/22 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer *, über den Antrag des Disziplinarrats auf Übertragung der Durchführung des Disziplinarverfahrens an einen anderen Disziplinarrat nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Durchführung des Disziplinarverfahrens wird dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien übertragen.

Text

Gründe:

[1] Aufgrund einer Disziplinaranzeige gegen * , Rechtsanwältin in * , beantragte der Kammeranwalt am 23. Dezember 2022 die Bestellung eines Untersuchungskommissärs nach § 22 Abs 3 DSt.

[2] Der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer * beantragte mit der Begründung, die Anzeige betreffe ein Mitglied ihres Ausschusses, wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats die Übertragung der Durchführung des Disziplinarverfahrens an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gemäß § 25 Abs 1 erster Satz DSt kann die Durchführung des Disziplinarverfahrens wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats oder aus anderen wichtigen Gründen auf Antrag des Beschuldigten, des Kammeranwalts oder des Disziplinarrats selbst einem anderen Disziplinarrat übertragen werden.

[4] Wenngleich das Disziplinarverfahren erst ab der Bestellung eines Untersuchungskommissärs (§ 22 Abs 3 DSt) anhängig ist, wendet die Judikatur § 25 Abs 1 DSt auch auf das einem allfälligen Disziplinarverfahren vorgelagerte Verfahren zur dem Disziplinarrat durch seinen Präsidenten oder einen Senat obliegenden (§§ 27 Abs 1, 29 DSt) Entscheidungsfindung über einen Verfolgungsantrag des Kammeranwalts nach § 22 Abs 3 DSt an (RIS Justiz RS0119913 [T1 und T3], 22 Ns 1/22z mwN ).

[5] Zufolge der aktuellen Stellung der Angezeigten als Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer * liegt der Delegierungsgrund nach § 25 Abs 1 DSt vor , der zur Vermeidung des Anscheins einer Parteilichkeit der Entscheidungsträger die Übertragung der Durchführung des Verfahrens an einen anderen Disziplinarrat notwendig macht (RIS Justiz RS0055477).

[6] Dem Antrag war daher spruchgemäß Folge zu geben.