JudikaturJustiz1Ob89/17w

1Ob89/17w – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Mai 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H* GmbH, *, und 2. S* GmbH Co KG, *, beide vertreten durch die Stolz Rechtsanwalts GmbH, Radstadt, gegen die beklagte Partei H* GmbH, *, vertreten durch die Rechtsanwalt Dr. Manfred Buchmüller GmbH, Altenmarkt im Pongau, wegen Feststellung und Unterlassung (Streitwert 20.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 27. März 2017, GZ 3 R 34/17s 16, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 7. Dezember 2016, GZ 7 Cg 26/16h 12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit die Revisionswerberinnen das Bestehen einer Servitut zugunsten der Hotelliegenschaft der Beklagten mit dem Argument in Zweifel ziehen, es hätten schon immer mehrere Möglichkeiten bestanden, um von „den Beherbungsbetrieben“ nördlich der Bundesstraße zu den südlich gelegenen Pisten zu gelangen, woran sich durch die Errichtung der Garage nichts geändert habe, messen sie den maßgeblichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen nicht die gebotene Bedeutung bei. Danach lag der Mündungstrichter der R*straße, über den in den Jahren und Jahrzehnten vor 2002 die von der R*straße/K*straße kommenden Personen, und damit auch die Gäste der dort angesiedelten Hotelbetriebe, zur gegenüberliegenden Schipiste kamen, einem an die Schipiste angrenzenden Parkplatz gegenüber, über den die Schifahrer gingen, nachdem sie die Bundesstraße auf Höhe dieses Mündungstrichters überquert hatten. Damit steht fest, dass die Gäste des Hotelbetriebs der Beklagten diesen „Schiweg“ (über den Parkplatz) benutzten, um zur Schipiste zu gelangen. Warum es für die Begründung einer Dienstbarkeit zugunsten der Hotelliegenschaft der Beklagten von Bedeutung sein sollte, dass entlang der Bundesstraße zahlreiche andere Übergänge vorhanden waren, die allerdings von ihren Gästen – wegen der größeren Entfernung – nicht genutzt wurden, ist nicht ersichtlich.

2. Nach den maßgeblichen Tatsachenfeststellungen wurde dieser Zugang zur Piste durch die Errichtung einer großen Garage auf Liegenschaften der Klägerinnen, dem früheren Parkplatzgelände, unmöglich gemacht. Ab 2002 bestand für die Gäste nur die Möglichkeit, entweder einen Umweg von rund 50 m in Kauf zu nehmen oder aber den von den Klägerinnen über das Garagengebäude errichteten Steg zu verwenden, der zum Erreichen der Schipisten gebaut wurde. Im Antrag auf Bewilligung des Projekts (Bau einer Tiefgarage samt Schiübergang) aus diesem Jahr war unter anderem ausgeführt worden, der geplante Schiübergang werde so geschaffen, dass die rund um die (damalige) K*straße wohnenden Gäste (rund 800 Gästebetten) nunmehr ohne Überquerung der Bundesstraße von und zur Schipiste gelangen können. Auf diesen Umstand wurde in der Folge auch in mehreren Bewilligungsbescheiden Bezug genommen.

Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen davon ausgegangen ist, dass die Klägerinnen den bisher (auch) zugunsten der Liegenschaft der Beklagten bestehenden Servitutsweg durch die – einen vergleichbaren Zweck erreichende – Schibrücke ersetzt hätten, kann darin angesichts der festgestellten Begleitumstände keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung erblickt werden. Gleiches gilt für die Annahme, ein Umweg von rund 50 m sei als Erschwerung der Ausübung der bisherigen Dienstbarkeit von der Beklagten nicht hinzunehmen. Unter diesen Umständen konnte die Beklagte jedenfalls die Errichtung des Schiübergangs als bloße ihre Interessen nicht beeinträchtigende Verlegung verstehen, und hat diesen dann auch – durch ihre Gäste – mehr als zehn Jahre lang ungehindert benutzt. Sie hatte auch – entsprechend den aus § 484 ABGB abzuleitenden Grundsätzen – keine rechtliche Möglichkeit, sich gegen diese Verlegung zur Wehr zu setzen (RIS Justiz RS0011695; RS0011753; vgl auch RS0011740).

3. Schwer verständlich sind die Ausführungen der Revisionswerberinnen zu einer behaupteten Freiheitsersitzung gemäß § 1488 ABGB. Haben sie den ursprünglichen „Schiweg“ durch Errichtung einer Tiefgarage beseitigt und gleichzeitig – unter Hinweis auf die Erleichterung für alle rund um die K*straße wohnenden Gäste – durch eine Schibrücke ersetzt, gegen deren Benützung lange Zeit auch kein Einwand erhoben wurde, ist nicht erkennbar, worin das vom Gesetz für die Freiheitsersitzung geforderte widersetzliche Verhalten durch drei aufeinanderfolgende Jahre, ohne dass der Berechtigte sein Recht geltend gemacht hat, liegen könnte. Die Beklagte hat vielmehr, nachdem die Klägerinnen zu Beginn der Wintersaison 2014/2015 eine automatische Türe mit Zugangssystem errichtet und den Gästen der Beklagten einen Übergang über die Brücke verweigert hatten, im Rahmen eines noch 2014 anhängig gemachten Besitzstörungsverfahrens die Aufhebung der Zugangsbeschränkung erreicht. Sollten die Revisionsausführungen so zu verstehen sein, dass nach Ansicht der Klägerinnen eine im Jahr 2005 erfolgte Rechnungslegung über ein Entgelt für die Benützung der Schibrücke als Widersetzen im Sinn des § 1488 ABGB und die Zahlungsverweigerung der Beklagten als unterbleibende Geltendmachung ihrer Rechte anzusehen sein könnte, wäre dies rechtlich in keiner Weise nachvollziehbar, haben die Gäste der Beklagten doch offenbar vor und nach Aufhebung der Zugangsbeschränkung den auf die Schibrücke verlegten „Schiweg“ regelmäßig benutzt und hat die Beklagte ihre Rechte – wenn auch über ein Besitzstörungsverfahren – unverzüglich nach der Widersetzung (erfolgreich) geltend gemacht.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).