JudikaturJustiz1Ob64/13p

1Ob64/13p – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Mai 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr.

Sailer als Vorsitzenden, sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin C***** GmbH, *****, vertreten durch Eckert Fries Prokopp, Rechtsanwälte GmbH in Baden, gegen die Antragsgegnerin L. ***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Harald Jelinek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Beweissicherung (Streitwert 10.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 12. März 2013, GZ 7 R 34/13z 25, mit dem der Teilbeschluss des Bezirksgerichts Melk vom 4. Februar 2013, GZ 5 Nc 5/13h 11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrte die Beweissicherung zur Feststellung des derzeitigen Zustands zweier Gießöfen und eines Schmelzofens in Italien sowie von Schamottesteinen aus diesen Öfen, die sich auf einer Liegenschaft im Sprengel des Erstgerichts befänden, durch sachverständige Befundaufnahme. Die Antragstellerin habe sich bei der Errichtung der Öfen der Hilfe der Antragsgegnerin bedient. Diese habe die Schamottesteine bei der Montage schlecht verfugt, weshalb es zu Undichtheiten gekommen sei. Die Antragstellerin müsse nun die Verbesserung durch ein anderes Unternehmen veranlassen, wodurch der Zustand der Öfen und der Schamottesteine verändert werde, womit eine spätere Beweisaufnahme erschwert oder unmöglich gemacht werde. Die in Österreich befindlichen Schamottesteine seien zum Zwecke der Untersuchung der Schadensursache aus den beschädigten Öfen ausgebrochen worden.

Die Antragsgegnerin wendete die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein, da sich die Öfen in Italien befänden, und beantragte die Zurückweisung des Beweissicherungsantrags. Für eine Befundaufnahme hinsichtlich der Schamottesteine mangle es der Antragstellerin am rechtlichen Interesse, für eine Beweissicherung der Anlage in Italien sei das Erstgericht nicht zuständig.

Das Erstgericht wies mit Teilbeschluss den Antrag, die Beweisaufnahme über den Zustand der Öfen in Italien zu bewilligen, zurück, weil sich diese nicht in seinem Zuständigkeitsbereich befänden.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit verwarf, den Zurückweisungsbeschluss aufhob und dem Erstgericht die Entscheidung über den Beweissicherungsantrag unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund auftrug. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Seien, wie im vorliegenden Verfahren, aus einem einheitlichen Werk heraus teils inländische, teils grenzüberschreitende Befundaufnahmen vorzunehmen, sei unter Anknüpfung an § 384 Abs 3 ZPO die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auch für die im Ausland vorzunehmende Beweissicherung zu bejahen, wobei die Durchführung der im Ausland zu vollziehenden Befundaufnahme nach der EuBVO zu bewerkstelligen sein werde. Da sich das Rekursgericht nur mit der Formalfrage der Zuständigkeit zu befassen habe, sei ihm eine Sachentscheidung über den Beweissicherungsantrag verwehrt. Der Rechtsmittelausschluss des § 386 Abs 4 ZPO komme bei dieser Formalentscheidung nicht zu Anwendung. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil bisher keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob § 384 Abs 3 ZPO im Zusammenwirken mit der Verordnung (EG) 1206/2001 (EuBVO) ein über die österreichischen Grenzen hinausgehendes Beweissicherungsverfahren zulässt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragsgegnerin erweist sich als (absolut) unzulässig.

Gemäß § 386 Abs 4 ZPO ist ein Beschluss, mit dem einem Beweissicherungsantrag stattgegeben wird, absolut unanfechtbar. Dies gilt auch, wenn die Beweissicherung in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung erst vom Rekursgericht bewilligt wird (EvBl 1966/59 = RIS Justiz RS0040347). Die Rechtsprechung bezieht den Rechtsmittelausschluss auch auf die der meritorischen Behandlung notwendigerweise vorangehende Bejahung von Formalvoraussetzungen, weshalb insbesondere auch die Bejahung der Zuständigkeit des die Beweissicherung bewilligenden Gerichts im Rechtsmittelweg nicht überprüft werden kann (RIS Justiz RS0040715). Dies wurde in jüngerer Zeit auch für eine dem vorliegenden Fall ganz ähnliche Verfahrenskonstellation im Hinblick auf die Beurteilung der örtlichen und internationalen Unzuständigkeit bestätigt (6 Ob 252/10t). In jenem Verfahren hatte das Rekursgericht die Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts verworfen, nachdem das Erstgericht das Verfahren wegen vermeintlichen Fehlens der inländischen Gerichtsbarkeit für nichtig erklärt und den Beweissicherungsantrag zurückgewiesen hatte; der Rechtsmittelausschluss des § 386 Abs 4 ZPO stehe nach der Auffassung des 6. Senats der Überprüfung des Beschlusses des Rekursgerichts entgegen, mit dem dieses die internationale Zuständigkeit des die Beweissicherung bewilligenden Erstgerichts bejaht hatte.

Da die auf diese Problematik gar nicht Bedacht nehmenden Revisionsrekursausführungen keinen Anlass dafür bieten, von der dargelegten Rechtsprechung abzugehen, ist der Revisionsrekurs entgegen der Ansicht der zweiten Instanz unzulässig und daher zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat im Zwischenstreit um die Zulässigkeit des Revisionsrekurses obsiegt, weshalb ihr nach § 41 Abs 1 iVm § 50 ZPO der Ersatz der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung, in der sie auf die Unzulässigkeit hingewiesen hat, gebührt. Ein Fehlen bei der Berechnung des Einheitssatzes im Kostenverzeichnis ist zu korrigieren.