JudikaturJustiz1Ob449/54

1Ob449/54 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. September 1954

Kopf

SZ 27/244

Spruch

Unterschied zwischen der Pfandvorrechtsklage nach dem § 258 EO. und der Exszindierungsklage nach dem § 37 EO.

Pfandrecht am Zubehör einer Liegenschaft.

Entscheidung vom 30. September 1954, 1 Ob 449/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Groß-Gerungs; II. Instanz: Kreisgericht Krems.

Text

Die Klägerin macht mit ihrer Pfandvorrechtsklage nach § 258 EO. geltend, daß ihr die Firma E. mit Pfandvertrag vom 26. November 1948 die Liegenschaften EZ. 7 Gb. K. und EZ. 73 Gb. H. samt tatsächlichem und rechtlichem Zubehör zur Sicherstellung des von ihr der Firma E. eingeräumten Kontokorrentkredits verpfändet habe. Im Lastenblatt der beiden Liegenschaften sei daraufhin eine Höchstbetragshypothek von 180.000 S für die Klägerin einverleibt worden. Auf Grund des von der Klägerin gegen die Firma E. erwirkten Urteils des Handelsgerichtes Wien vom 23. September 1949 habe die Klägerin die Zwangsversteigerung der Liegenschaften beantragt, die mit Beschluß vom 5. August 1950 bewilligt und am 20. August 1950 grundbücherlich angemerkt worden sei. Die Beklagte habe auf einen Teil des Zubehörs der Liegenschaften, nämlich auf einen Drechselautomat Postzahl 3 und eine Drechselabstichbank Postzahl 4 des Pfändungsprotokolls des Erstgerichtes am 4. Juli 1953 das exekutive Pfandrecht erworben, was wegen des Pfandrechtes der Klägerin und der Zubehöreigenschaft der beiden Maschinen angefochten werde. Die Klägerin habe das Recht, aus dem Erlös der beiden Pfandgegenstände bevorzugt befriedigt zu werden.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Als die beiden Maschinen für die Beklagte gepfändet worden seien, sei der von der Firma E. auf den Liegenschaften unterhaltene Fabriksbetrieb nicht mehr aufrecht gewesen, und zwar nicht nur vorübergehend, sondern für dauernd. Damit sei die Zubehörseigenschaft der beiden Maschinen weggefallen gewesen und das vertragliche Pfandrecht der Klägerin habe an ihnen nicht mehr bestanden. Die Maschinen seien vor der exekutiven Pfändung durch die Beklagte von der Klägerin nicht in Verwahrung genommen worden, wodurch allein das vertragliche Pfandrecht hätte aufrechterhalten werden können. Was die Zwangsversteigerung der Liegenschaften betreffe, habe die Beschreibung und Schätzung des Liegenschaftszubehörs am 24. September 1953, somit erst nach der Pfändung der Maschinen, stattgefunden. Vor dieser Beschreibung, der konstitutiver Charakter zukomme, seien die Zubehörstücke vom Liegenschaftspfandrecht noch nicht umfaßt gewesen.

Infolge Berufung der Klägerin bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Solange die in Frage stehenden Maschinen Zubehör der Liegenschaften gewesen seien, hätten sie nicht abgesondert verpfändet werden können. Es sei nicht behauptet worden, daß sie nachträglich etwa einzeln verpfändet worden wären. Es sei daher belanglos, ob zur Zeit der Verpfändung der Liegenschaften samt Zubehör die Maschinen mit Pfandzetteln versehen worden seien. Keinesfalls könne sich die Klägerin auf ihr vertragliches Pfandrecht berufen, um den Vorrang vor dem exekutiven Pfandrecht der Beklagten zu erweisen. Was die Frage betreffe, ob Gegenstände, die im Zuge eines Zwangsversteigerungsverfahrens als Zubehör festgestellt worden seien, im Fahrnisexekutionsverfahren gepfändet werden könnten, sei die Pfandvorrechtsklage nicht der zulässige Rechtsbehelf. Es komme die Klage nach § 37 EO. oder ein Antrag auf Einstellung der Exekution in Frage.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Unterschied zwischen der Pfandvorrechtsklage nach § 258 EO. und der Exszindierungsklage nach § 37 EO. liegt darin, daß bei jener ein vertragliches oder gesetzliches und ein exekutives Pfandrecht zusammentreffen und das Recht auf bevorzugte Befriedigung des Vertrags- oder gesetzlichen Pfandrechtes vor dem exekutiven Pfandrecht durchgesetzt werden soll. Anders als dies bei der Exszindierungsklage der Fall ist, soll die Zulässigkeit und der Bestand des exekutiven Pfandrechtes nicht in Frage gestellt, sondern nur die bessere Rangordnung des vertraglichen oder gesetzlichen Pfandrechtes geltend gemacht werden. Der Erfolg der Klage nach § 258 EO. hindert den Pfändungspfandgläubiger nicht, den nach der Befriedigung des Vertragspfandgläubigers übrigbleibenden Erlös der Pfandsache für sich in Anspruch zu nehmen. Mit der Klage nach § 37 EO. wird dagegen die Unzulässigkeit der exekutiven Pfändung und damit die Beseitigung des Pfandrechtes angestrebt. Der Pfändungspfandgläubiger soll seines Befriedigungsrechtes überhaupt entsetzt werden und gar nicht in die Lage kommen, am Verkaufserlös der Pfandsache teilzunehmen.

Wer ein Pfandrecht an Liegenschaften und dem mit ihnen verbundenen Zubehör besitzt, kann sich mit Erfolg darauf berufen, daß die separate exekutive Pfändung von Zubehörstücken nach § 252 Abs. 1 EO. unzulässig sei. Damit wird aber nicht der Vorrang des Pfandrechtes vor der nachfolgenden exekutiven Pfändung, sondern deren Unzulässigkeit überhaupt behauptet und die vollständige Beseitigung des exekutiven Pfandrechtes begehrt. Wenngleich im Regelfall das Pfandrecht keinen Exszindierungsgrund abgibt, sondern zur Klage nach § 258 EO. berechtigen kann, ist es im vorliegenden Fall anders. Die Klägerin kann ja nicht den Weiterbestand des exekutiven Pfandrechts der Beklagten zulassen, wenn sie sich auf die angebliche Zubehörseigenschaft der Pfandgegenstände und ihr exekutives Befriedigungsrecht vom August 1950 an den Liegenschaften beruft. Denn wenn ihre Behauptungen richtig sind, wäre die einzig mögliche Rechtsfolge die Beseitigung des exekutiven Pfandrechts der Beklagten. Ein Nebeneinander beider Pfandrechte widerspräche dem Gesetz. Die Klägerin hätte sich daher der Exszindierungsklage bedienen müssen, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat (vgl. SZ. XII/149, E. v. 9. Dezember 1936, RZ. 1937, S. 63, vom 7. April 1937, RZ S. 244).

Die Klägerin hat sich auch darauf berufen, daß die von der Beklagten gepfändeten Fahrnisse jedenfalls mit dem weiterwirkenden vertraglichen Pfandrecht belastet gewesen seien, als sie ihr exekutives Pfandrecht im Jahre 1953 erworben habe. Waren aber die Fahrnisse bei der Verpfändung der Liegenschaft deren Zubehör, war eine vertragliche Begründung des Einzelpfandrechtes an den Zubehörgegenständen ebenso unzulässig, wie nach § 252 Abs. 1 EO. die exekutive Pfändung (Klang, 2. Aufl., Bd. II., S. 21, SZ XX/163). Denn auf die Dauer der Zubehörswidmung der Fahrnisse teilen diese das Schicksal und die rechtlichen Eigenschaften der Liegenschaft und verlieren auf diese Zeit das Wesen einer Einzelsache. Sobald aber die fortdauernde Verbindung behoben wird, beginnen die bisherigen Zubehörstücke wieder ihr rechtliches Dasein als Einzelsachen, verlieren die rechtlichen Eigenschaften der Hauptsache und unterliegen wieder der Möglichkeit, als Fahrnisse gepfändet zu werden. Der Einwand der Revisionswerberin, es könne dem Schuldner nicht gestattet werden, Zubehörstücke zu entfernen und damit das Pfandrecht des Gläubigers zum Erlöschen zu bringen (Demelius, Pfandrecht, S. 179, Ehrenzweig, Sachenrecht 1923, S. 44, Klang a. a. O., zu § 457, S. 459), ist nicht berechtigt. Zubehörsachen sollen, wie dies besonders für gewerbliche Betriebe zutrifft, leicht auswechselbar sein. Wenn eine andere Sache an die Stelle der früheren tritt, soll diese nach dem Zweck der Einrichtung nicht mit dem Pfandrecht belastet bleiben. Es soll vielmehr das Ersatzstück an die Stelle treten. Wenn freilich der Betrieb als solcher wegfällt und die dafür verwendete Liegenschaft des Zubehörs nicht mehr bedarf, wird für Ersatz der Zubehörstücke nicht gesorgt. Trotzdem erlischt das bisherige Pfandrecht. Es ist Sache des Gläubigers, unlautere Machenschaften des Schuldners zu verhindern. Wird von diesem aber etwa fraudulos der Betrieb aufgelassen, kann der Gläubiger das Ausscheiden der Zubehörstücke aus der Pfandhaftung nur so verhindern, daß er sie als Fahrnisse neu pfändet.

Im vorliegenden Fall ist nach den Feststellungen der Untergerichte der Fabriksbetrieb der Firma E. noch vor der Pfändung der beiden Maschinen durch die Beklagte von jener endgültig eingestellt worden. Die Klägerin hat nach der Einstellung und vor der exekutiven Pfändung ein neues Pfandrecht nicht erworben, ihr Liegenschaftspfandrecht bezog sich nicht mehr auf die ausgeschiedenen Zubehörstücke und darum kann sie den Rang des exekutiven Pfandrechtes der Beklagten nicht streitig machen.

Rechtssätze
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