JudikaturJustiz1Ob40/05x

1Ob40/05x – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. März 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Christoph M*****, vertreten durch Dr. Andrea Wukovits, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Siegfried S*****, vertreten durch Dr. Karl Friedrich Strobl und Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwälte in Salzburg, und die Nebenintervenienten 1) Hermann F*****KEG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, und 2) Verlassenschaft nach Rudolf H*****, dieser zuletzt wohnhaft in *****, vertreten durch Dr. Michael Mohn, Rechtsanwalt in Wien, wegen 185.474,88 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 4. November 2004, GZ 15 R 155/04f-70, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil der Mangel, der den Brand im Haus verursachte, für den Beklagten als Eigentümer und Vermieter nicht erkennbar gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die außerordentliche Revision ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof schrieb zuletzt in der Entscheidung 1 Ob 62/00z (= SZ 73/151) seine Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0022747, RS0028457) fort, dass derjenige, der einem anderen zu einer Leistung verpflichtet gewesen sei, für das Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient habe, gemäß § 1313a ABGB einzustehen habe. Erfüllungsgehilfe sei demnach, wer nach den tatsächlichen Verhältnissen mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der dem Schuldner obliegenden Verbindlichkeiten als Hilfsperson handle. § 1313a ABGB sei auch dann anzuwenden, wenn der Gehilfe Schutz-, Sorgfalts- oder Aufklärungspflichten vernachlässigt habe. Jedoch gehe es beim Verschulden des Erfüllungsgehilfen nach § 1313a ABGB, für das der Schuldner wie für eigenes Verschulden einzustehen habe, in Wahrheit nur um ein Verhalten des Erfüllungsgehilfen, das auch dann schuldhaft wäre, wenn es der Schuldner selbst gesetzt hätte; es sei deshalb stets zu prüfen, ob das Verhalten des Gehilfen den Schuldner ersatzpflichtig gemacht hätte, wäre es von diesem selbst gesetzt worden. Der Maßstab für die Beurteilung, ob das Verhalten des Erfüllungsgehilfen fahrlässig gewesen sei, sei somit dem Verkehrskreis und der Stellung des Schuldners zu entnehmen.

2. Das Berufungsgericht stützte die Bestätigung der Abweisung des Klagebegehrens auf die soeben referierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und gelangte zum Ergebnis, vom Beklagten, der kein Sachverständiger sei, sei bloß „die objektive Sorgfalt eines durchschnittlichen Vermieters zu verlangen" gewesen. Selbst wenn sich daher der Beklagte „des Rauchfangkehrers (auch) zur Erfüllung seiner Instandhaltungspflicht als Vermieter bedient" hätte „und dem Erstnebenintervenienten daher (insoweit) die Stellung eines Erfüllungsgehilfen" zugekommen wäre, sei die Haftung des Beklagten für den geltend gemachten Schaden nicht nach dem „erhöhten Sorgfaltsmaßstab für Sachverständige" zu beurteilen.

3. Der Kläger befasst sich in den Revisionsausführungen mit Verschuldensfragen und begründet dabei auch, dass ein Verschulden des Rauchfangkehrers - insoweit mangelt es an Feststellungen als Beurteilungsgrundlage - nach seiner Ansicht dem Beklagten zuzurechnen sei, weil der Rauchfangkehrer bei der Erfüllung von Rechtspflichten des Vermieters nach § 1096 ABGB dessen Gehilfe sei. Er führt indes nichts gegen die unter 1. erörterte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ins Treffen, was gegen deren Richtigkeit und Anwendbarkeit im Anlassfall sprechen könnte. Demnach hängt die Entscheidung hier - ungeachtet der wahren Rechtsstellung des Rauchfangkehrers - nur von der Lösung der Frage ab, ob dem Beklagten nach der von ihm als Vermieter zu verlangenden Sorgfalt bei der Erfüllung vertraglicher Pflichten ein Verschulden an dem Brandschaden des Klägers anlastbar ist. Insoweit entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass bloße Ermessensentscheidungen wie etwa die Lösung von Verschuldensfragen im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage aufwerfen (6 Ob 240/00p; 7 Ob 370/98g; siehe ferner RIS-Justiz RS0087606). Demnach bedürfte das angefochtene Urteil aus Gründen der Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit bloß dann einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof, wenn dem Berufungsgericht im erörterten Punkt eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre. Nach den singulären Umständen dieses Falls ist allerdings in der Lösung der Verschuldensfrage durch das Berufungsgericht zumindest keine krasse Fehlbeurteilung zu erblicken.