JudikaturJustiz1Ob363/98h

1Ob363/98h – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Bichler Zrzavy, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei F***** Gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Odo Schrott, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 96.120 S sA infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgerichts vom 24. Juli 1998, GZ 1 R 297/98b 13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 27. März 1998, GZ 13 C 1521/97a 8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 8.873,76 S (darin 1.478,96 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei - eine Gesellschaft m. b. H. - wurde im April 1996 gegründet. Sie betreibt Friseurgeschäfte und hat zwei Geschäftsführer (Vater und Sohn). In Miami (USA) waren Einrichtungsgegenstände für einen Friseursalon, deren Eigentümer der ältere Geschäftsführer ist, gelagert. Diese Sachen sollten „für das Unternehmen der beklagten Partei im Rahmen deren Friseurbetriebs (in Österreich) Verwendung finden“ und mußten daher aus den USA nach Österreich befördert werden, weshalb der ältere Geschäftsführer der klagenden Partei (offenkundig Ende 1996 oder Anfang 1997) mündlich einen Transportauftrag erteilte. Bei den vorangegangenen Vertragsverhandlungen stellte er einer Angestellten der klagenden Partei, die damals Freundin des jüngeren Geschäftsführers war, „die Angelegenheit so dar, daß sie redlicherweise davon ausgehen konnte, es handle sich dabei um einen Transport im Rahmen des Geschäftsbetriebs des Friseurunternehmens“, und daß er „in Vertretung dieses Unternehmens, über dessen Rechtsform sie nicht weiter informiert war, ... auftritt“. Die klagende Partei fertigte ihr dem Auftrag zugrundeliegendes schriftliches Anbot, das an den älteren Geschäftsführer der beklagten Partei persönlich adressiert worden war, am 4. März 1997 - bereits nach der Auftragserteilung und nunmehr an die GmbH gerichtet - neuerlich ab. Es wurde einem der beiden Geschäftsführer übergeben. Die klagende Partei führte den Beförderungsauftrag aus. Beim Auspacken in Österreich wurden Schäden am Frachtgut festgestellt. Neuanschaffungs- bzw Instandsetzungskosten würden Aufwendungen von S 85.300 S zuzüglich USt notwendig machen. Ob die Schäden bereits vor Übergabe des Frachtguts an den amerikanischen Vertragspartner der klagenden Partei vorhanden waren, ob sie erst „im Zuge des Transports, im Lager der klagenden Partei oder im Zuge der Ausladung“ entstanden oder ob sie „zufolge mangelhafter Verpackung“ verursacht wurden, ist nicht feststellbar. Die klagende Partei stellte die Transportkosten am 3. April 1997 mit insgesamt 96.120 S in Rechnung. Die beklagte Partei leistete bisher keine Zahlung.

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 96.120 S sA und brachte vor, sie habe den Möbeltransport von Miami nach Innsbruck auftragsgemäß durchgeführt. Der am 3. April 1997 in Rechnung gestellte Klagebetrag sei unberichtigt und fällig.

Die beklagte Partei gestand zunächst ausdrücklich als „richtig“ zu, daß die klagende Partei für sie im April 1997 „einen Möbeltransport von Miami nach Innsbruck“ durchgeführt habe (ON 4). Erst bei der letzten Verhandlungstagsatzung am 14. Jänner 1998 wendete sie ein, „Auftraggeber des gegenständlichen Möbeltransports“ sei nicht sie, sondern „ausschließlich“ der ältere ihrer Geschäftsführer als Möbeleigentümer gewesen (ON7 S. 18). Überdies sei ein Großteil des Frachguts „anläßlich des Transports“ beschädigt worden. Dadurch sei ein Schaden von 150.500 S zuzüglich 20 % USt entstanden, der bis zur Höhe einer allenfalls zu Recht bestehenden Klageforderung aufrechnungsweise eingewendet werde.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Klageforderung mit 96.120 S zu Recht bestehe, die „eingewendete Gegenforderung ... nicht aufrechenbar“ sei und „die Einwendung der Gegenforderung ... abgewiesen“ werde. Daher erkannte es die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei 96.120 S sA zu bezahlen. Nach seiner Ansicht ist „die Passivlegitimation der beklagten Partei ... nach den getroffenen Feststellungen eindeutig gegeben“.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne der Klageabweisung ab und sprach zunächst aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Mit Beschluß vom 3. November 1998 änderte es diesen Ausspruch dahin ab, „daß die Revision doch für zulässig erklärt wird“. Es erwog der Transportauftrag sei nicht namens der beklagten Partei erteilt worden, weil der unternehmensbezogene Charakter eines Rechtsgeschäfts nicht ausreiche, „um den Handelnden von der Offenlegungsverpflichtung zu entbinden bzw Erkennbarkeit der Verpflichtung des Unternehmens und nicht des Handelnden anzunehmen“. Das gelte auch für das Handeln des Geschäftsführers einer GmbH. Nach den näheren Umständen der Auftragserteilung könne „in keiner Weise die Rede davon sein“, es sei „die beklagte Partei hinsichtlich des zu beurteilenden Frachtvertrags verpflichtet worden“. Das Anbot sei nicht nur gegenüber einem der beiden Geschäftsführer der Gesellschaft persönlich erklärt worden, sondern der Angestellten der klagenden Partei sei „nicht einmal die Rechtsform des Friseurunternehmens“ bekannt gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergeben wird, zulässig; sie ist aber auch berechtigt.

Nach der Rechtsprechung (EvBl 1987/202; WBl 1987, 309) ist zwar im Zweifel mangels Offenlegung der Stellvertretung ein Eigengeschäft des Handelnden anzunehmen. Für die Offenlegung genügt es allerdings, wenn sich das Geschäft eindeutig auf ein Unternehmen bezieht, für das der Handelnde einschreiten kann; einer ausdrücklichen Offenlegung bedarf es dann also nicht. Ist erkennbar, daß der Handelnde im Namen eines bestimmten Unternehmens abschließt, so berechtigt und verpflichtet er den jeweiligen Unternehmensträger (8 Ob 291/97w; 4 Ob 1526/96; WBl 1991, 302; JBl 1989, 523; JBl 1989, 39; SZ 57/198 = JBl 1985, 616 [ Hügel ]).

Diese Rechtslage wurde vom Berufungsgericht verkannt. Die maßgeblichen Feststellungen lassen nur den Schluß zu, daß der ältere Geschäftsführer der beklagten Partei kein Privatgeschäft abschließen, sondern die Gesellschaft als Unternehmsträgerin verpflichten und daher einen Vertretungsakt setzen wollte. Daran kann allein die Tatsache, daß das schriftliche Anbot an ihn persönlich adressiert war, nichts ändern, wiesen doch alle sonstigen Umstände auf die Unternehmensbezogenheit des Rechtsgeschäfts hin. Die ausdrückliche Adressierung des Anbots an den älteren Geschäftsführer („persönlich“) sollte lediglich gewährleisten, daß es ihm, der zur Anbotsstellung eingeladen hatte, auch tatsächlich zukam; keineswegs kann sie - wie das Berufungsgericht zu Unrecht annahm - dahin verstanden werden, daß er damit seiner unternehmensbezogenen Funktion als Geschäftsführer entkleidet werden sollte.

Schon im Hinblick auf diese von der Revisionswerberin erkannte eindeutige materiellrechtliche Rechtslage, die zur Klagestattgebung führen muß, muß nicht mehr erörtert werden, unter welchen Voraussetzungen der Widerruf des ursprünglichen Tatsachengeständnisses der beklagten Partei, sie sei selbst Auftraggeberin der klagenden Partei gewesen, beachtlich gewesen wäre.

Die Abweisung der Aufrechnungseinrede blieb im Berufungsverfahren unbekämpft. Dieses Thema wird daher folgerichtig auch in der Revisionsbeantwortung nicht mehr aufgegriffen.

Der Revision ist somit stattzugeben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Die klagende Partei unterließ die Verzeichnung der Revisionskosten. Sie begehrte zwar mit den Revisionsantrag auch, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, „die Kosten der Revision zu ersetzen“, doch kann dieser Antrag ein Kostenverzeichnis gemäß § 54 Abs 1 ZPO nicht ersetzen, sodaß die in dieser Gesetzesstelle angeordnete Ausschlußwirkung eintrat.