JudikaturJustiz1Ob330/54

1Ob330/54 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Januar 1955

Kopf

SZ 28/5

Spruch

Der Verzicht einer Partei im Verfahren vor dem Erstgericht auf ihre Vernehmung wirkt nicht ohne weiteres auch für den Fall der Beweiswiederholung durch das Berufungsgericht.

Entscheidung vom 12. Jänner 1955, 1 Ob 330/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Zistersdorf; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.

Text

Das Erstgericht wies die Räumungsklage ab.

Das Berufungsgericht gab ihr in Abänderung des erstinstanzlichen Urteiles nach Beweiswiederholung statt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Parteien Folge, hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die von den Beklagten gegen das Urteil des Berufungsgerichtes aus den Revisionsgrunden des § 503 Z. 2 und 4 ZPO. erhobene Revision ist zum Teil begrundet.

Als Verfahrensmangel im Sinne des § 503 Z. 2 ZPO. wird in der Revision gerügt, daß das Berufungsgericht auf Grund des Verzichtes im erstinstanzlichen Verfahren die Zweitbeklagte nicht als Partei vernommen habe. Diese Rüge ist berechtigt. Wenn seitens einer Partei im Verfahren vor dem Erstgericht auf ihre Vernehmung verzichtet wird, so wirkt ein solcher Verzicht nicht ohne weiteres auch für das Berufungsverfahren, wenn dieses die vom Erstgericht aufgenommenen Beweise zwecks Vornahme abweichender Feststellungen wiederholt. Das erstinstanzliche Verfahren kann ja schon vor der Parteienvernehmung offensichtlich zugunsten der einen Partei sprechende Ergebnisse gezeitigt haben, während das Berufungsverfahren dann zu anderen Ergebnissen führt. Daß das Unterbleiben der Vernehmung der Zweitbeklagten im erstinstanzlichen Verfahren nicht im Berufungsverfahren gerügt wurde, ist bedeutungslos, zumal eine solche Rüge im Hinblick auf den Verzicht im erstinstanzlichen Verfahren gar nicht in Betracht kommt und schließlich auch das Erstgericht zugunsten der Beklagten entschieden hat. Die Vernehmung der Zweitbeklagten erscheint auch notwendig, da der Erstkläger im Berufungsverfahren nur von Erklärungen des Erstbeklagten spricht und die Zweitbeklagte nur bei den Vorbesprechungen vor Abschluß des notariellen Kaufvertrages erwähnt. Der Erstbeklagte hat bei seiner Vernehmung überhaupt jede Zusage bestritten.

Daher ist der Revisionsgrund des § 503 Z. 2 ZPO. gegeben.