JudikaturJustiz1Ob33/55

1Ob33/55 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 1955

Kopf

SZ 28/43

Spruch

Ein beim Notar als Gerichtskommissär zu Protokoll gegebener Rekurs muß innerhalb der Rechtsmittelfrist bei Gericht eingelangt sein.

Entscheidung vom 16. Februar 1955, 1 Ob 33/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

In der Abhandlungssache nach Franz H., der außer seiner Gattin noch zwei Kinder hinterließ, beantragte anläßlich der durch Notar Dr. R. als Gerichtskommissär durchgeführten Abhandlungspflege die erblasserische Witwe, ihr den Nachlaß, bestehend aus den 92/1171 Anteilen der Liegenschaft EZ. 163 Grundbuch A. gegen Übernahme der Leichenkosten an Zahlungen statt zu überlassen.

Das Erstgericht wies mit dem Beschluß vom 3. November 1954 diesen Antrag ab; der Beschluß wurde der erblasserischen Witwe am 13. November 1954 zugestellt.

Am 14. Tage nach der Zustellung (27. November 1954) gab die erblasserische Witwe vor dem mit der weiteren Abhandlungspflege beauftragten Gerichtskommissär gegen den Beschluß einen Rekurs zu Protokoll. Dieser langte mit dem Abhandlungsakt am 30. November 1954 beim Erstgericht ein.

Das Rekursgericht wies den Rekurs als verspätet zurück, da für seine Rechtzeitigkeit der Zeitpunkt seines Einlangens in erster Instanz maßgebend sei und mit Rücksicht auf die Rechte Dritter, nämlich der erblasserischen Kinder, gemäß § 11 Abs. 2 AußStrG. auf den verspäteten Rekurs nicht Bedacht genommen werden könne.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der erblasserischen Witwe nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 9 AußStrG. sind Rekurse innerhalb der Rechtsmittelfrist beim Gericht erster Instanz einzubringen. Da der Rekurs der erblasserischen Witwe gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 3. November 1954 erst nach Ablauf der Rekursfrist beim Erstgericht einlangte, hat das Rekursgericht ihn mit Recht als verspätet zurückgewiesen. Dem Umstand, daß der Rekurs durch den mit der Abhandlungspflege betrauten Gerichtskommissär aufgenommen wurde, kommt hinsichtlich der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels keine Bedeutung zu. Denn mag auch durch die Bestimmungen der §§ 183 ff. NotO. der Notar zur Durchführung der Abhandlungspflege und zur Aufnahme von Anträgen der Parteien verpflichtet sein und als Gerichtskommissär unter einem besonderen Schutz stehen, so ist dadurch die Bestimmung des § 9 AußStrG., wonach sich die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels nach dessen Einlangen beim Gericht erster Instanz richtet, nicht berührt und hat auch zu gelten, wenn das Rechtsmittel in der Kanzlei des Gerichtskommissärs zu Protokoll erklärt wird.

Dem Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluß war daher ein Erfolg zu versagen.