JudikaturJustiz1Ob321/48

1Ob321/48 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. September 1948

Kopf

SZ 21/130

Spruch

Einstweilige Verfügungen, die in einem Besitzstörungsverfahren erlassen werden, sind in jedem Falle nach den Bestimmungen der §§ 458 und 518, Abs. 2 ZPO. zu beurteilen, auch dann, wenn sie auf Grund eines Antrage bewilligt werden, der schon in der Klage gestellt und auf die §§ 378 und 381 EO. gegrundet wird.

Entscheidung vom 22. September 1948, 1 Ob 321/48.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Der Kläger hatte mit seiner Besitzstörungsklage den Antrag verbunden, zur Sicherung seines Anspruches eine einstweilige Verfügung zu erlassen. Das Bezirksgericht hatte in der Streitverhandlung den Beschluß auf Abweisung dieses Antrages gefaßt. Dem Rekurs des Klägers gegen die Abweisung hatte das Rekursgericht stattgegeben und die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Den gegen die Rekursentscheidung gerichteten Revisionsrekurs hat der Oberste Gerichtshof als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zur Erörterung steht die vom Revisionsrekurs aufgeworfene Frage der Unzulässigkeit des Rekurses gegen eine im Besitzstörungsverfahren erlassene einstweilige Verfügung unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 458 und 518, Abs. 2, 528, Abs. 1 ZPO. Neumann, ZPO., 4. Auflage, S. 1225 zu § 458 ZPO., hält die Erlassung von einstweiligen Verfügungen nach der Exekutionsordnung für zulässig, wenn sie vor oder gleichzeitig mit einer Besitzstörungsklage beantragt werde. In diesem Sinne erging auch die Entscheidung SZ. IX/148. eine Auseinandersetzung mit gegenteiligen Erwägungen, wie sie von der Entscheidung SZ. V/50 angestellt wurden, wird von Neumann nicht unternommen. Die Entscheidungen SZ. V/50, SZ. XIII/217 und SZ. XV/62 gehen davon aus, daß die Anrufung des Obersten Gerichtshofes aus Anlaß einer ergangenen Provisorialverfügung dann unstatthaft ist, wenn in der Hauptsache selbst eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht ergehen kann.

Die Entscheidung 2 Ob 307/35, RZtg. 1935, S. 167, sagt dies noch deutlicher, indem sie ausführt, daß dem Gesetzgeber nicht die Absicht unterstellt werden kann, neben einem Verfahren, das selbst ein vorläufiges ist und das die Möglichkeit bietet, dringende Verfügungen von Amts wegen oder auf Antrag zu treffen, noch ein umständlicheres und im Rechtsmittelzuge begünstigtes Verfahren, wie es jenes nach der Exekutionsordnung darstellt, zu demselben Streitpunkte zuzulassen. Auch die Entscheidung 4 Ob 106/35, ZBl. 1935, Nr. 263, nimmt denselben Standpunkt ein. Die Lehre (Sperl, Lehrbuch, S. 550, sowie Pollak, System, 2. Auflage, S. 1041) sowie die kritischen Bemerkungen Peschek's zur Entscheidung ZBl. 1931, Nr. 336 (SZ. XIII/217), stimmen mit der der Entscheidung SZ. IX/148 nachfolgenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes überein. Die letztgenannte Entscheidung könnte nur gebilligt werden, wenn an dem Unterschied zwischen den Worten "während der Verhandlung" in § 458 ZPO. und "während des Verfahrens" in § 518, Abs. 2 ZPO. unbedingt festzuhalten wäre, wofür aber eine zwingende Veranlassung nicht besteht. Vielmehr hat Sperl (S. 550) zutreffend aus $ 456 ZPO. und § 370 EO. abgeleitet, daß die Worte "während der der Verhandlung" in § 458 ZPO. als "während des Verfahrens" zu verstehen sind. Es zeigt sich somit die Tendenz, eine einstweilige Verfügung nach der Exekutionsordnung im Besitzstörungsverfahren im Hinblick auf die einstweilige Verfügung zur Sicherung des gestörten Besitzes in § 458 ZPO. nicht für zulässig zu erklären, weil mit der einstweiligen Vorkehrung nach § 458 ZPO. jederzeit dasAAuslangen gefunden werden kann. Die Entscheidung SZ. XV/62 zeigt dies noch deutlicher, weil in diesem Falle das Prozeßgericht erster Instanz die einstweilige Verfügung noch vor Anordnung der Verhandlung in der Besitzstörungsklage bewilligt hat.

Es ist daher daran festzuhalten, daß während der ganzen Dauer des Besitzstörungsverfahrens nur eine einstweilige Verfügung nach § 458 ZPO. und nicht auch eine solche nach den §§ 378, 381 EO. zulässig ist, was die Entscheidung 2 Ob 307/35, RZtg. 1935, S. 167, ausdrücklich ausspricht.

Daraus folgt, daß bereits der Rekurs gegen den erstrichterlichen