JudikaturJustiz1Ob2097/96f

1Ob2097/96f – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Oktober 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Ursula D*****, vertreten durch Dr.Christian Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Ing.Wolfgang S*****, vertreten durch Dr.Josef Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 255.000 S sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgerichts vom 26.März 1996, AZ 1 R 54/96-32, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

a) Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme iSd § 488 Abs 4 ZPO liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat entgegen den Rechtsmittelausführungen keine anderen Feststellungen als das Erstgericht getroffen, sondern diese zulässigerweise nur einer anderen rechtlichen Beurteilung unterzogen.

b) Der Beklagte behauptete, widmungsgemäß 540.900,66 S für die neu gegründete Gesellschaft mbH ausgegeben zu haben. Ob der Beklagte seine vor Gründung der Gesellschaft mbH gemachten Aufwendungen gar nicht als Sacheinlage - deren Wirksamkeit auch gegenüber den Mitgesellschaftern von der hier fehlenden Aufnahme in den notariatsaktspflichtigen Gesellschaftsvertrag abhängen mag - verstanden wissen will, sondern als von allen Gesellschaftern zu tragende Aufwendungen eines Gesellschafters in der GmbH-Vorgesellschaft (vgl dazu 6 Ob 570/94 = JBl 1996, 528 [Geist und Karollus]), deren - wohl nur anteiliger - Ersatz nach seiner Rechtsauffassung wegen des das österr. Zivil- und Handelsrecht beherrschenden Grundsatzes der Vertrags- und Formfreiheit von keiner Formvorschrift abhänge, muß hier nicht geprüft werden. Die Aufwendungen des Beklagten könnten nämlich nur aufrechnungsweise berücksichtigt werden. Im Prozeß kann die Aufrechnung als Schuldtilgungseinwand, der sich auf eine bereits vor oder auch erst während des Prozesses vollzogene ("außergerichtliche") Aufrechnung stützt (SZ 50/35; 4 Ob 146/84 ua; RIS-Justiz RS0040879), oder zufolge § 391 Abs 3 ZPO durch prozessuale Aufrechnungseinwendung geltend gemacht werden. Ersterer setzt voraus, daß aus dem Vorbringen des Beklagten eindeutig hervorgeht, er habe unter Anerkennung der behaupteten Forderung des Klägers eine privatrechtliche Gestaltungserklärung bereits abgegeben oder wolle eine solche Erklärung jedenfalls nun während des Prozesses abgeben, wogegen die prozessuale Aufrechnungseinwendung durch ihren Eventualcharakter charakterisiert ist, weil sie nur für den Fall erklärt wird, daß das Gericht die Klagsforderung bejaht (Rechberger in Rechberger, §§ 391 f ZPO Rz 10 mwN; Fasching III 574). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte weder eine prozessuale Aufrechnungseinwendung, somit einen entsprechenden Sachantrag erhoben, mit dem er die Entscheidung durch Urteil begehrt, daß die Klagsforderung durch Aufrechnung mit einer ihm gegen die Klägerin zustehenden Gegenforderung erloschen und deshalb das Klagebegehren abzuweisen sei, noch einen Schuldtilgungseinwand dahin vorgetragen, er habe bereits mit der zu Recht bestehenden Forderung der Klägerin aufgerechnet oder wolle mit dieser jedenfalls jetzt aufrechnen und habe damit die Klagsforderung getilgt oder wolle sie jedenfalls jetzt tilgen. Diese Aufrechnungserklärung ist unverzichtbar (SZ 50/35 mwN; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1285), weil - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1438 ABGB - erst dadurch die Tilgung eintritt und durch die Erklärung die bis dahin bestehende Befugnis zur Disposition über die zur Aufrechnung verwendete Gegenforderung verloren geht.

Daß die Klägerin ihren Anspruch aus dem Titel eines von den Vorinstanzen rechtlich verneinten Darlehensvertrags ableitete und die zweite Instanz das klagsstattgebende Urteil mit bereicherungsrechtlichen Argumenten begründete, wird im Rechtsmittel nicht bekämpft.

Rechtssätze
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