JudikaturJustiz1Ob14/91

1Ob14/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. November 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Hofmann, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gottfried D*****, 2. Maria D*****, beide vertreten durch Dr. Richard Wandl, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagten Parteien 1. Josef A*****, 2. Johanna A*****, beide vertreten durch Dr. Dietmar Gollonitsch, Rechtsanwalt in Scheibbs, wegen Unterlassung (Streitwert S 26.000), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgerichtes vom 8. Mai 1990, GZ R 175/90-24, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Scheibbs vom 25. Oktober 1989, GZ 1 C 5195/88-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, den beklagten Parteien, die mit S 4.166,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 694,42 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger begehren die Beklagten schuldig zu erkennen, das auf ihrem Grundstück 504/3 der EZ 1 KG P***** angelegte Wasserreservoir zu entfernen und die Wiedererrichtung einer derartigen Anlage zu unterlassen. Sie brachten hiezu vor, sie seien je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 3 des Grundbuchs der Katastralgemeinde P***** mit den Grundstücken 44/1, 504/1, 504/4, 529/1 und 531/1. Das für ihren Landwirtschaftsbetrieb erforderliche Wasser werde aus einer auf dem Grundstück 507/1 der EZ 49 des Grundbuchs der Katastralgemeinde P***** entspringenden Quelle bezogen, das im alleinigen Eigentum des Leopold H***** stehe. Leopold H***** habe ihnen das Recht des uneingeschränkten Wasserbezuges einschließlich des Rechtes der Errichtung einer Quellfassung, eines Wasserreservoirs samt Pumpenanlage und der Wasserleitung gestattet; die Dienstbarkeit sei grundbücherlich einverleibt. Ihr gesamter Wasserbedarf werde aus dieser Quelle gedeckt. Die Beklagten hätten bereits vor einiger Zeit auf dem an das Quellgrundstück angrenzenden Grundstück 507/4 zwei Brunnen angelegt, die zu einer Beeinträchtigung des Wasserbezugsrechts der Kläger geführt hätten, wogegen die Kläger mit Rücksicht auf die nachbarschaftlichen Beziehungen zunächst nichts unternommen hätten. Vor einiger Zeit hätten die Beklagten auch auf dem Grundstück 504/3, das gleichfalls an das Quellgrundstück angrenze, begonnen, einen weiteren Brunnen zu graben, der von der Quelle, aus der die Kläger das Wasser beziehen, nur 40 m entfernt sei. Durch diese neue Anlage werde die Wasserführung der Quelle auf dem Grundstück 507/1 derart eingeschränkt, daß ihnen nicht mehr ausreichend Wasser für ihren Landwirtschaftsbetrieb zur Verfügung stehe. Da ihre Wasserversorgung demnach gefährdet sei, stelle die Entfernung der Anlage eine Notwendigkeit dar.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und brachten vor, sie hätten auf dem Grundstück 507/4 im Jahre 1978 lediglich einen Brunnen errichtet, wodurch das Wasserbezugsrecht der Kläger nicht beeinträchtigt werde. Die von den Klägern bekämpfte Anlage bestehe nur aus einem kleinen runden Wasserreservoir mit einem Durchmesser von ca. 2 m. Früher habe sich an dieser Stelle eine verschmutzte Wasserlacke befunden, die den angrenzenden Boden weich und beinahe unbenützbar gemacht habe. Um dies zu verhindern, hätten die Beklagten den Boden der Lacke betoniert und seitlich mit Betonrinnen verkleidet. Auch diese Anlage beeinträchtige das Wasserversorgungsrecht der Kläger in keiner Weise, weil auch früher nicht mehr Wasser in diesem Bereich auf Grund des wasserundurchlässigen Untergrundes durchgesickert sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Kläger stünden mit den Beklagten in keiner privatrechtlichen Beziehung.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Parteien nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000 übersteigt, die ordentliche Revision erklärte es für zulässig.

Nach dem Klagsvorbringen bestehe zwischen den Streitteilen keine vertragliche Beziehung, weil der Dienstbarkeitsbestellungsvertrag zwischen den Klägern und Leopold H***** abgeschlossen wurde. Die Berechtigung des geltend gemachten Anspruches sei daher allein nach nachbarrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Eine Immission im Sinne der §§ 364 f ABGB könne hier schon begrifflich nicht vorliegen, weil man darunter das Eindringen unwägbarer Stoffe auf eine Liegenschaft verstehe, die von einem Nachbargrundstück ausgehen. Davon könne aber hier keine Rede sein, weil sich die Kläger ja nicht durch das Eindringen solcher Stoffe als beschwert erachten, sondern vielmehr dadurch, daß nach ihrer Darstellung durch Maßnahmen der Beklagten ihr Wasserbezugsrecht von einer Quelle, die sich auf einer einem Dritten gehörigen Liegenschaft befindet, eingeschränkt wird. Gemäß § 3 Abs 1 lit. a WRG seien das in einem Grundstück enthaltene unterirdische Wasser und das auf einem Grundstück zutage quellende Wasser Privatgewässer. Die Nutzung des Privatgewässers stehe gemäß § 5 Abs 2 WRG dem Eigentümer zu. Die Benutzung des Grundwassers durch den Grundeigentümer bzw. des auf dem Grundstück zutage quellenden Wassers sei grundsätzlich bewilligungsfrei. Gemäß § 10 Abs 1 WRG bedürfe der Grundeigentümer zur Benutzung des Grundwassers für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf keiner Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn die Förderung nur durch handbetriebende Pump- oder Schöpfwerke erfolge oder wenn die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grund stehe. Werde durch eine Grundwasserbenutzung gemäß § 5 Abs 1 WRG der Grundwasserstand in einem solchen Maß verändert, daß rechtmäßig geübte Nutzungen des Grundwassers wesentlich beeinträchtigt werden, so habe die Wasserrechtsbehörde auf Antrag eine Regelung nach Rücksicht der Billigkeit so zu treffen, daß der Bedarf aller in Betracht kommenden Grundeigentümer bei wirtschaftlicher Wasserbenutzung möglichst Deckung finde. Demnach erweise sich aber der erhobene Klagsanspruch auf Beseitigung von Einrichtungen, die der Benutzung des Grundwassers dienen, als nicht gerechtfertigt.

Der gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobenen ordentlichen Revision der Kläger kommt Berechtigung nicht zu.

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist, wie der Oberste Gerichtshof prüfte, nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Eine vertragliche Regelung der Streitteile über das Ausmaß der Nutzung des Grundwassers durch die Beklagten wurde nicht behauptet und kommt demnach als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Auszugehen ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, von der Bestimmung des § 10 Abs 1 WRG, wonach die Nutzung des Grundwassers für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf dem Grundeigentümer freisteht, wenn die Förderung nur durch handbetriebene Pump- und Schöpfwerke erfolgt, oder die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grund steht. Daß durch die Beklagten eine darüber hinausgehende Nutzung des Grundwassers erfolge (vgl. § 10 Abs 2 WRG) wurde nicht behauptet. Bei Beeinträchtigung der (bewilligungsfreien) Grundwassernutzung infolge Veränderung des Grundwasserstandes durch solche Nutzungen anderer Grundeigentümer hat die Wasserrechtsbehörde (Bezirksverwaltungsbehörde) nach § 10 WRG auf Antrag eine Regelung nach Billigkeit zu treffen. Diese Vorschriften schließen, wie der Oberste Gerichtshof bereits in Übereinstimmung mit der Lehre ausgesprochen hat, privatrechtliche Unterlassungsansprüche aus (SZ 21/74; JBl 1951, 134; Spielbüchler in Rummel2 Rz 12 zu § 364). Die Rechtsprechung läßt solche Unterlassungsansprüche nur dann zu, wenn ein künstliches Gerinne zur Ableitung angelegt (SZ 25/4), die Anmaßung einer Servitut (SZ 36/164) oder deren Erlöschen (SZ 36/79) oder eine sonstige Vereinbarung (SZ 26/287) behauptet wird oder bebaute Grundstücke oder Verkehrsflächen betroffen sind (SZ 26/151). Nur Verunreinigungen des Grundwassers sind nach § 364 Abs 2 ABGB ebenso bekämpfbar (SZ 37/181) wie Beeinträchtigungen des Grundwasserstandes ohne Nutzungscharakter (vgl. auch hiezu Spielbüchler aaO). Da demnach mit den vorangestellten Ausnahmen, die hier aber nicht zutreffen, der Nutzung des Grundwassers durch den Nachbar nicht mit Unterlassungsklage entgegengetreten werden kann, erweist sich auch das gestellte Klagebegehren, das auf Beseitigung bzw. Unterlassung der Errichtung von Anlagen zur Nutzung des Grundwassers gerichtet ist, als nicht gerechtfertigt, so daß der Revision der Erfolg zu versagen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.