JudikaturJustiz16Os12/91

16Os12/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. April 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.April 1991 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Kießwetter und Hon.-Prof. Dr. Steininger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Winge als Schriftführer in der Strafache gegen Peter L***** wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 2, 130 vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 29.November 1990, GZ 39 Vr 1433/90-21, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Palkovits zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß nach § 44 Abs. 2 StGB auch die Rechtsfolge gemäß § 26 Abs. 3 der Dienst- und Lohnordnung der ÖBB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter L***** des Verbrechens des "gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch" (gemeint:

des schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls) nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 2, 130 "zweiter Fall" (gemeint: vierter Fall = zweiter Strafsatz) StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in der Zeit vom Sommer 1986 bis zum 23.Mai 1990 in Schmirn in wiederholten Zugriffen fremde bewegliche Sachen, und zwar insgesamt etwa 300.000 S Bargeld, dem Paul JENEWEIN jeweils nach Aufsperren einer Handkassa (also Öffnen eines Behältnisses) mit dem widerrechtlich erlangten Schlüssel hiezu, sohin durch Einbruch, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Der nur gegen die Annahme der Qualifikation nach § 129 Z 2 StGB gerichteten, auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Denn angesichts dessen, daß stets die tatgegenständliche Handkassa in einem Kasten, die zugehörigen Schlüssel hingegen außerhalb, und zwar in einem Aschenbecher auf einem daneben gestandenen Tisch, verwahrt gewesen waren (US 4), kann von einem die bekämpfte Qualifikation ausschließenden allgemein sichtbaren Naheverhältnis zwischen diesen Schlüsseln und dem bezeichneten Behältnis, demzufolge die Zusammengehörigkeit für jedermann sogleich erkennbar gewesen wäre (vgl., jeweils zu § 129 StGB, Foregger-Serini MKK4 Erl. IV und Leukauf-Steininger Komm.2 RN 19 sowie die dort angeführte Judikatur), entgegen der Beschwerdeauffassung nicht gesprochen werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten gemäß dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu fünfzehn Monaten Freiheitsstrafe, die es ihm nach § 43 (Abs. 1) StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah; bei der Strafbemessung wertete es die zweifache Verbrechensqualifikation, den hohen Schaden und die Tatbegehung während eines längeren Zeitraums als erschwerend, seine vormalige Unbescholtenheit und sein volles Geständnis aber als mildernd.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafkürzung unter Anwendung des § 41 StGB, die Verhängung einer Geldstrafe anstatt der Freiheitsstrafe (§ 37 StGB) sowie die bedingte Nachsicht der Rechtsfolge des Amtsverlustes (§ 27 StGB) gemäß § 44 Abs. 2 StGB anstrebt, kommt teilweise Berechtigung zu.

Zwar erweist sich die Dauer der über den Berufungswerber verhängten Freiheitsstrafe bei sachgerechter Würdigung der vorliegenden Zumessungsgründe, von denen die Milderungsumstände keineswegs beträchtlich überwiegen, innerhalb des von einem bis zu zehn Jahren reichenden Rahmens nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) durchaus nicht als überhöht; für eine Anwendung des § 41 StGB oder des § 37 (Abs. 2) StGB war dementsprechend kein Raum, sodaß auch der Berufung in diesem Umfang ein Erfolg versagt bleiben mußte.

Ein Amtsverlust gemäß § 27 StGB hinwieder ist beim Angeklagten deswegen nicht aktuell, weil er als Bediensteter der Österreichischen Bundesbahnen nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht (vgl. § 1 Abs. 1 BDG) und demgemäß nicht Beamter iS § 27 StGB ist (vgl., jeweils zu § 27 StGB, Kunst im WK Rz 2 und Mayerhofer/Rieder3 Anm. 3). Wohl aber träfe ihn mit der Rechtskraft des Urteils die Rechtsfolge nach § 26 Abs. 3 der Dienst- und Lohnordnung der ÖBB, BGBl. 1954/96 idgF, wonach im Fall eines strafgerichtlichen Urteils gegen einen Lohnbediensteten, welches nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften den Verlust jedes öffentlichen Amtes unmittelbar zur Folge hat, das Dienstverhältnis mit jenem Zeitpunkt als aufgelöst und jeder Anspruch des Lohnbediensteten aus dem Dienstvertrag als erloschen gilt. Insoweit ist dem Berufungswerber darin beizupflichten, daß die für die Gewährung der bedingten Strafnachsicht durch das Schöffengericht maßgebend gewesenen Erwägungen in gleicher Weise die bedingte Nachsicht dieser Rechtsfolge indizieren und rechtfertigen (§ 44 Abs. 2 StGB). Dahingehend war der Berufung demnach wie im Spruch (teilweise) stattzugeben.

Rechtssätze
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