JudikaturJustiz15Os58/15s

15Os58/15s – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juli 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juli 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Leisser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Andreas S***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 17. Februar 2015, GZ 12 Hv 11/15h 31, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch 2./ wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG, demzufolge auch im Strafausspruch, weiters im Erkenntnis über die Einziehung von „Suchtgiftutensilien“ aufgehoben und die Strafsache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch Aussprüche über die Einziehung von Suchtgift, von „sichergestellten Suchtgiftutensilien“ sowie über das Absehen „von einer Abschöpfung“ „gemäß § 20a Abs 2 Z 2 StGB“ (vermutlich gemeint: vom Verfall gemäß § 20a Abs 3 StGB) enthält, wurde Andreas S***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1./), des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG (2./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (3./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall und Abs 2 SMG (4./) schuldig erkannt.

Danach hat er soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant in H***** und anderen Orten

1./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25 fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, indem er in H***** in seinem Wohnhaus im Jahr 2010 im Zuge von zwei Aufzuchten in einer Indoor Plantage zahlreiche Cannabispflanzen bis zur Erntereife aufzog und daraus zumindest 700 Gramm Cannabiskraut gewann sowie im Zeitraum von Sommer 2012 bis Frühjahr 2014 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem mittlerweile verstorbenen Franz S***** an dessen Wohnadresse in einer Indoor Plantage zahlreiche Cannabispflanzen bis zur Erntereife aufzog und daraus mindestens 9.300 Gramm Cannabiskraut gewann, sodass die Gesamtmenge des erzeugten Suchtgifts sich auf mindestens 10.000 Gramm (mindestens 600 Gramm an Delta 9 THC) belief;

2./ Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge an Suchtgift angebaut, indem er im Zeitraum von Frühjahr 2014 bis 15. Juli 2014 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Franz S***** rund 240 Cannabispflanzen in einer Indoor Anlage in Töpfen kultivierte;

3./ ...

4./ ...

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich gegen die zu 1./ angenommene Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Dem Einwand unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben die Erstrichter die sein im Ermittlungsverfahren abgelegtes Geständnis (ON 15 S 9 ff) abschwächenden Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung zu seiner Rolle bei der Suchtgifterzeugung und den erzeugten Mengen nicht übergangen, sondern unter Berufung auf die erwähnte frühere Aussage des Angeklagten sowie belastende Depositionen der Zeugen St***** und K***** als unglaubwürdig verworfen (US 9 ff). Daher waren sie auch nicht gehalten, sich mit allen Details der (in ihrer Gesamtheit für nicht überzeugend befundenen) Aussage des Angeklagten vom 17. Februar 2015 auseinanderzusetzen.

Entgegen der weiteren Beschwerdekritik (Z 5 vierter Fall) blieben die Annahmen des Erstgerichts zur erzeugten Menge auch nicht offenbar unbegründet, sondern finden Deckung in der Verantwortung des Angeklagten im Ermittlungsverfahren, auf die sich das Urteil - das sowohl ausreichend determinierte Angaben zu den im Frühjahr und Sommer 2012 und „in weiterer Folge“ erzielten einzelnen Ernte (mindest )mengen (US 5 ff) als auch eine diese Mengen sogar unterschreitende Gesamtmindestmenge an gemeinsam mit dem Onkel erzeugtem Suchtgift ausweist (US 7) beruft (US 9, 11). Indem der Beschwerdeführer seine Angaben aus dem Ermittlungsverfahren (ON 15 S 10 f) zu den bei „fünf Umtrieben“ gemeinsam mit seinem Onkel geernteten Mengen und einer danach erwähnten „letzten Aufzucht“, die von der Polizei (US 8: in noch gar nicht erntereifem Zustand) abgeerntet und sichergestellt worden sei, dahin verstanden wissen will, dass die (zu 2./ inkriminierte) „letzte Aufzucht“ in den zuvor genannten „fünf Umtrieben“ enthalten und daher mengenmäßig abzuziehen sei, bekämpft er bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810).

Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) unter Berufung auf (im Übrigen auch nicht deutlich und bestimmt bezeichnete) in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweisergebnisse andere als die im Urteil getroffenen Feststellungen zu einem bereits ab 2010 bestehenden Additionsvorsatz in Bezug auf ein insgesamt das 25 fache der Grenzmenge übersteigendes Quantum bei der Erzeugung (US 4) begehrt, bekämpft sie der Sache nach bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter (US 12).

Soweit die Beschwerde kritisiert, das angefochtene Urteil enthalte „keine über die Wiedergabe der verba legalia hinausgehenden Feststellungen zum Additionseffekt“, erklärt sie nicht, welcher weiteren Konstatierungen es über die getroffenen hinaus, die durch den Hinweis auf den Tatplan und zu dessen Verwirklichung gesetzte Handlungen einen klaren Sachverhaltsbezug beinhalten (US 4 ff), zur Subsumtion auch unter § 28a Abs 4 Z 3 SMG bedurft hätte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon, dass dem Urteil wie auch von der Generalprokuratur aufgezeigt dem Angeklagten zum Nachteil gereichende, von ihm selbst nicht geltend gemachte Nichtigkeit aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet, die von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Denn nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG ist nur zu bestrafen, wer die in § 27 Abs 1 Z 2 SMG genannten Pflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift mit dem (erweiterten) Vorsatz anbaut, dass es in Verkehr gesetzt werde (RIS Justiz RS0127351). Mangels Feststellungen zur entsprechenden mengenbezogenen Willensausrichtung (US 7 f) leidet das Urteil an einem Rechtsfehler mangels Feststellungen, der zur Aufhebung des Schuldspruchs 2./ zwingt.

Gleichfalls von Amts wegen (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall, § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) war aufzugreifen, dass das Einziehungserkenntnis (US 3) betreffend „sichergestellte Suchtgiftutensilien“ Feststellungen zur Beurteilung einer besonderen Deliktstauglichkeit derselben vermissen lässt (RIS Justiz RS0121298; Ratz in WK² StGB § 26 Rz 6); im Übrigen sind auch die von der Einziehung betroffenen Gegenstände nicht hinreichend deutlich determiniert.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung, die sich nicht auf die amtswegige Maßnahme bezieht ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 12), gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.