JudikaturJustiz15Os53/99

15Os53/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Mai 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Mai 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Leitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef P***** wegen des Vergehens der Beleidigung nach § 115 Abs 1 erster Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung, AZ U 102/98p des Bezirksgerichtes Schwechat, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zu Wahrung des Gesetzes gegen den gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefaßten Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg vom 25. Jänner 1999, AZ 19 Bl 157/98, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Privatanklägers Sascha S*****, des Privatanklagevertreters Dr. Flendrovsky, des Verurteilten Josef P*****, und des Verteidigers Dr. Bernhauser, zu Recht erkannt:

Spruch

Im Verfahren 4 U 102/98p des Bezirksgerichtes Schwechat verletzt der (zugleich mit dem Urteil gefaßte) Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg vom 25. Jänner 1999, AZ 19 Bl 157/98, mit dem es einer Beschwerde der Privatankläger Sascha und Franz S***** gegen das Absehen vom Widerruf der dem Josef P***** mit Urteil des Bezirksgerichtes Liesing vom 5. November 1993, GZ U 68/90-25, gewährten bedingten Strafnachsicht Folge gegeben, den erstgerichtlichen Beschluß aufgehoben und die bedingte Strafnachsicht widerrufen hat, § 498 Abs 2 erster Satz StPO.

Dieser Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg wird aufgehoben und die Beschwerde der Privatankläger zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Josef P***** wurde auf Grund von Privatanklagen (Privatankläger Kurt R*****, Brigitte F***** und Dr.Friedrich Fl*****, dieser auch als Vertreter der beiden anderen) mit Urteil des Bezirksgerichtes Liesing vom 5. November 1993, GZ U 68/90-25, des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 (zu ergänzen: Abs 1) StGB schuldig erkannt und zu einer (gemäß § 43 Abs 1 StGB) für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe verurteilt. Eine dagegen vom Privatangeklagten erhobene Berufung wies das Landesgericht für Strafsachen Wien als Berufungsgericht mit Beschluß vom 3. Mai 1994, AZ 13 c Bl 200/94 (= ON 30 des U-Aktes) als verspätet zurück.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 23. November 1995, GZ U 425/95-8, wurde Josef P***** auf Grund einer von den Privatanklägern Kurt R***** und Dr. Friedrich Fl***** erhobenen weiteren Privatanklage des am 24. Juni und am 27. Juli 1995 (also innerhalb der Probezeit) begangenen Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB neuerlich schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Zugleich faßte das Bezirksgericht gemäß § 494a (zu ergänzen: Abs 1 Z 2) StPO den Beschluß auf Absehen vom Widerruf der mit dem erwähnten Urteil des Bezirksgerichtes Liesing gewährten bedingten Strafnachsicht, verlängerte aber (§ 494a Abs 6 StPO) die Probezeit auf fünf Jahre.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 4. September 1998, GZ 4 U 102/98p-19, wurde Josef P***** schließlich auf Grund einer von den Privatanklägern Sascha und Franz S***** (beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr.Friedrich Fl*****) erhobenen Privatanklage der am 9. März 1998 (also innerhalb der verlängerten Probezeit) verübten Vergehen der Beleidigung nach § 115 Abs 1 erster Fall StGB und der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich faßte das Bezirksgericht über Antrag des Privatanklagevertreters (S 49), der nach der Aktenlage (wie er auch in einer gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung bekräftigt) ausschließlich in dieser Eigenschaft auftrat, gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO den Beschluß auf Absehen vom Widerruf der mit Urteil des Bezirksgerichtes Liesing vom 5. November 1993 gewährten bedingten Strafnachsicht, ohne allerdings die Privatankläger des Verfahrens AZ U 68/90 des Bezirksgerichtes Liesing vorher gehört zu haben (§ 494a Abs 3 StPO); diesen wurde auch keine Ausfertigung des Beschlusses zugestellt.

Gegen dieses Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat erhoben die Privatankläger Sascha und Franz S***** Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe, die sie mit einer Beschwerde gegen den Beschluß auf Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht verbanden. Mit Urteil vom 25. Jänner 1999, AZ 19 Bl 157/98 (= ON 27 des U-Aktes) gab das Landesgericht Korneuburg der Berufung nicht Folge, hob jedoch in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Beschluß auf und widerrief gemäß § 494a Abs 1 Z 2 (gemeint: Z 4) StPO iVm § 53 Abs 1 StGB die mit Urteil des Bezirksgerichtes Liesing vom 4. November 1993 gewährte bedingte Strafnachsicht.

Rechtliche Beurteilung

Das Vorgehen des Landesgerichtes Korneuburg als Berufungsgericht steht, wie der Generalprokurator in seiner dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Im Verfahren wegen Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht - sei es gemäß § 494a StPO durch das über eine neue Straftat erkennende Gericht oder sei es gemäß § 495 StPO durch jenes Gericht, welches in erster Instanz erkannt hat - kommt nur jenem Ankläger Parteistellung im Sinne der §§ 494a Abs 3, 495 Abs 3 StPO zu, der seinerzeit durch seinen Strafantrag das Erkenntnisverfahren in Gang gesetzt und damit auch das darauf beruhende Urteil erwirkt hat. Daher steht auch nur diesem Ankläger das im § 498 Abs 2 erster Satz StPO statuierte Beschwerderecht zum Nachteil des Verurteilten zu (vgl SSt 48/33 = JBl 1977, 432; EvBl 1993/143).

Daraus folgt, daß die Privatankläger Sascha und Franz S***** im Verfahren 4 U 102/98b des Bezirksgerichtes Schwechat nicht das Recht hatten, Beschwerde gegen den Beschluß auf Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu erheben, weil diese - wie erwähnt - im Widerrufsverfahren keine Parteistellung hatten. Die gegenständliche Beschwerde wurde aber ausdrücklich nur in ihrem Namen erhoben, auch wenn der Schriftsatz von Rechtsanwalt Dr. Friedrich Fl***** verfaßt war (S 71 ff). Das Landesgericht Korneuburg als Berufungsgericht hätte daher - entgegen einer verfehlten Rechtsmeinung - deren Beschwerde zurückweisen müssen.

In Stattgebung der Wahrungsbeschwerde, auf deren Antrag sich der Oberste Gerichtshof zu beschränken hatte, war daher spruchgemäß zu erkennen.