JudikaturJustiz15Os40/98

15Os40/98 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Juni 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Juni 1998 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Schmucker, Dr.Zehetner und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kolarz als Schriftführerin, in den nachfolgend bezeichneten Strafsachen,

AZ 12 Vr 937/96 des Landesgerichtes Ried im Innkreis,

AZ 10 Bs 94/97 des Oberlandesgerichtes Linz,

AZ 10 Bs 101/97 des Oberlandesgerichtes Linz,

AZ 9 Bs 248/97 des Oberlandesgerichtes Linz,

AZ 19 Vr 1133/97 des Landesgerichtes Linz,

AZ 9 Bs 251/97 des Oberlandesgerichtes Linz,

AZ 15 E Vr 345/96 des Landesgerichtes Steyr,

AZ 7 Bs 369/97 des Oberlandesgerichtes Linz,

AZ Vr 403/97 des Landesgerichtes Steyr,

AZ 7 Bs 377/97 des Oberlandesgerichtes Linz,

AZ Vr 357/97 des Landesgerichtes Steyr,

AZ 7 Bs 393/97 des Oberlandesgerichtes Linz,

AZ Vr 175/97 des Landesgerichtes Steyr,

AZ 7 Bs 376/97 des Oberlandesgerichtes Linz,

AZ Vr 330/97 des Landesgerichtes Steyr, und

AZ 7 Bs 390/97 des Oberlandesgerichtes Linz,

über die vom Generalprokurator erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse

1. a. des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 1.April 1997, GZ 12 Vr 937/96-23,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 6.Juni 1997, 10 Bs 94/97 (GZ 12 Vr 937/96-33 des Landesgerichtes Ried im Innkreis),

2. des Oberlandesgerichtes Linz vom 6.Juni 1997, 10 Bs 101/97 (zu AZ 8 E Vr 78/97 des Landesgerichtes Ried im Innkreis),

3. des Oberlandesgerichtes Linz vom 21.November 1997, 9 Bs 248/97 (GZ 26 Vr 1750/97-29 des Landesgerichtes Salzburg),

4. a. des Landesgerichtes Linz vom 31.Juli 1997, GZ 19 Vr 1133/97-12,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 21.November 1997, 9 Bs 251/97 (GZ 19 Vr 1133/97-16 des Landesgerichtes Linz),

5. a. des Landesgerichtes Steyr vom 6.November 1997, GZ 15 E Vr 345/96-47,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 19.Dezember 1997, 7 Bs 369/97 (zu AZ 15 E Vr 345/96 des Landesgerichtes Steyr),

6. a. des Landesgerichtes Steyr vom 20.November 1997, GZ Vr 403/97-7,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 23.Dezember 1997, 7 Bs 377/97 (GZ Vr 403/97-10 des Landesgerichtes Steyr),

7. a. des Landesgerichtes Steyr vom 24.November 1997, GZ Vr 357/97-8,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 23.Dezember 1997, 7 Bs 393/97 (GZ Vr 357/97-12 des Landesgerichtes Steyr),

8. a. des Landesgerichtes Steyr vom 20.November 1997, GZ Vr 175/97-16,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 30.Dezember 1997, 7 Bs 376/97 (GZ Vr 175/97-20 des Landesgerichtes Steyr),

9. a. des Landesgerichtes Steyr vom 20.November 1997, GZ Vr 330/97-11, und

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 30.Dezember 1997, 7 Bs 390/97 (GZ Vr 330/97-14 des Landesgerichtes Steyr),

nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, des Vertreters der Finanzprokuratur, Dr.Varga, für die Privatbeteiligten und des Beschuldigten Karl F*****, jedoch in Abwesenheit der Beschuldigten Martin A*****, Josef R*****, Christine D*****, Johannes G*****, Gernot E*****, Friedrich H*****, Gertrud H*****, Thomas Z*****, Ernst Z*****, Maria Z*****, Edgar Sch*****, Mario L***** Jörg Patrick St*****, Renate P***** und ihrer Verteidiger zu Recht erkannt:

Spruch

A. Die Beschlüsse

1. a. des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 1.April 1997, GZ 12 Vr 937/96-23,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 6.Juni 1997, AZ 10 Bs 94/97 (GZ 12 Vr 937/96-33 des Landesgerichtes Ried im Innkreis),

2. des Oberlandesgerichtes Linz vom 6.Juni 1997, AZ 10 Bs 101/97 (AZ 8 E Vr 78/97 des Landesgerichtes Ried im Innkreis),

3. des Oberlandesgerichtes Linz vom 21.November 1997, AZ 9 Bs 248/97 (GZ 26 Vr 1750/97-29 des Landesgerichtes Salzburg),

4. a. des Landesgerichtes Linz vom 31.Juli 1997, GZ 19 Vr 1133/97-12,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 21.November 1997, AZ 9 Bs 251/97 (GZ 19 Vr 1133/97-16 des Landesgerichtes Linz),

5. a. des Landesgerichtes Steyr vom 6.November 1997, GZ 15 E Vr 345/96-47,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 19.Dezember 1997, AZ 7 Bs 369/97 (GZ 15 E Vr 345/96-52 des Landesgerichtes Steyr),

6. a. des Landesgerichtes Steyr vom 20.November 1997, GZ Vr 403/97-7,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 23.Dezember 1997, GZ 7 Bs 377/97 (GZ Vr 403/97-10 des Landesgerichtes Steyr),

7. a. des Landesgerichtes Steyr vom 24.November 1997, GZ Vr 357/97-8,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 23.Dezember 1997, AZ 7 Bs 393/97 (GZ Vr 357/97-12 des Landesgerichtes Steyr),

8. a. des Landesgerichtes Steyr vom 20.November 1997, GZ Vr 175/97-16,

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 30.Dezember 1997, AZ 7 Bs 376/97 (GZ Vr 175/97-20 des Landesgerichtes Steyr),

9. a. des Landesgerichtes Steyr vom 20.November 1997, GZ Vr 330/97-11, und

b. des Oberlandesgerichtes Linz vom 30.November 1997, AZ 7 Bs 390/97 (GZ Vr 330/97-14 des Landesgerichtes Steyr),

mit denen in der rechtlichen Beurteilung festgehalten wurde, daß das Ergebnis einer Fernmeldeüberwachung dem ersuchenden Gericht von der Fernmeldebehörde als "Auskunft" oder "Befund" zu übermitteln ist, wobei die dem Betreiber des Telekommunikationsdienstes durch die Mitwirkung an der Überwachung des Fernmeldeverkehrs entstandenen Kosten von der Fernmeldebehörde, also vom Fernmeldebüro, zu ersetzen sind, verletzen das Gesetz im § 381 Abs 1 Z 3 StPO.

B. Die unter 5.a., 5.b., 6.a., 6.b., 7.a., 7.b., 9.a. und 9.b. bezeichneten Beschlüsse, mit welchen (der Sache nach) Kostenbestimmungsanträgen der Telekommunikationsdienste der Erfolg versagt wurde, werden aufgehoben, und es wird den genannten Gerichtshöfen I.Instanz die neue Entscheidung über die von den Betreibern dieser Dienste gestellten Anträge aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit den oben zu A. bezeichneten Beschlüssen wurde über die in den angeführten Verfahren aufgelaufenen Kosten der gerichtlich angeordneten Überwachung eines Fernmeldeverkehrs entschieden. Nach der in diesen Beschlüssen jeweils vertretenen Rechtsansicht der genannten Gerichte stellt das Ergebnis einer im Einvernehmen mit der Fernmeldebehörde bewirkten Überwachung des Fernmelde- verkehrs eine Auskunft (oder eine Befund) einer Behörde im Sinn des § 381 Abs 1 Z 3 StPO dar, die wegen der Verpflichtung staatlicher Stellen zur gegenseitigen Rechtshilfe (§ 26 StPO) den Gerichten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen sei. Die Kosten eines für die Durchführung der konkreten Überwachung vom jeweils zuständigen Fernmeldebüro in Anspruch genommenen Unternehmens habe diese Behörde zu übernehmen. Die Durchführung der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs durch die Fernmeldebehörde (im Sinne eines einvernehmlichen Vorgehens) sei ein Akt der Rechtshilfe im Sinne des Art 22 B-VG und des § 26 StPO, wobei die beiden genannten Bestimmungen keine Aussage treffen, wer die Kosten der Rechtshilfe zu tragen habe. Die entsprechende Regelung über die Kosten der Rechtshilfe finde sich vielmehr im § 381 StPO, dessen Abs 2 bei den im Abs 1 leg. cit. aufgezählten Strafverfahren zwischen solchen unterscheide, die vom Bund (dh im gegebenen Zusammenhang vom Gericht) vorgeschossen würden (Z 1, 2, 4 bis 6), und solchen, bei denen das nicht der Fall sei (Z 3, 7 und 8). Gerade die unterschiedliche Regelung zu den jeweils Bundesbehörden betreffenden

Z 3 und 4 des § 381 Abs 1 StPO verdeutliche, daß nur im letzteren Fall die aufgelaufenen Kosten vorläufig - bis zum Rückersatz durch die kostenpflichtige Partei - vom Gericht zu tragen seien (SSt 59/48). Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes Linz (und des Landesgerichtes Ried im Innkreis im Beschluß 1.a. sowie der dem Beschwerdegericht in den angeführten Beschlüssen 4.a., 5.a., 6.a.,

7. a., 8.a. und 9.a. insoweit folgenden Gerichtshöfe I.Instanz) habe somit das gemäß § 149 c StPO bei der Überwachung des Fernmeldeverkehrs zwischengeschaltete Fernmeldebüro als Auskunft erteilende Behörde iSd § 381 Abs 1 Z 3 StPO auch die Kosten der Überwachungstätigkeit zu übernehmen.

In den Beschwerdeentscheidungen, AZ 7 Bs 369/97, 7 Bs 377/97, 7 Bs 393/97 und 7 Bs 390/97 (= 5.b., 6.b., 7.b. und 9.b.) vertrat das Oberlandesgericht Linz ergänzend dazu die Auffassung, daß sich daran auch nach dem Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes (TKG, BGBl Nr. 100/1997) am 1.August 1997 und dem gleichzeitigen Außerkrafttreten des Fernmeldegesetzes 1993 (FG 1993), BGBl Nr. 908 idF Nr. 44/1997 (§ 128 Abs 1 iVm § 124 RKG), keine Änderung ergeben habe, wozu ausgeführt wird:

Wenngleich dem Betreiber (eines öffentlichen Telekommunikationsdienstes) für die Mitwirkung an der Überwachung des Fernmeldeverkehrs gemäß § 89 Abs 2 TKG der Ersatz der angemessenen Kosten gebührt, könne daraus noch keine unmittelbare Kostenersatzpflicht des den Auftrag zur Telefonüberwachung erteilenden Gerichtes abgeleitet werden. Vielmehr weise die - "Allgemeines" betreffende - Vorschrift des § 87 Abs 2 TKG ausdrücklich darauf hin, daß die Bestimmungen der Strafprozeßordnung durch die Bestimmungen dieses unter anderem den Kostenersatzanspruch des Betreibers eines Telekommunikationsdienstes bei der Überwachung des Fernmeldeverkehrs regelnden Abschnitts unberührt bleiben. Da der für die Fernmeldeüberwachung in Anspruch genommene Betreiber eines Telekommunikationsdienstes nicht vom Gericht ausgewählt und mit der Durchführung der Telefonüberwachung beauftragt werde, sondern vom Fernmeldebüro (das aber zweckmäßigerweise nur den die Telekommunikations- einrichtung betreibenden Vertragspartner des vom Gericht bestimmten Inhabers der Fernmeldeanlage mit der Überwachung betrauen wird), sei diesem das Ergbnis der Fernmeldeüberwachung mitzuteilen und das Fernmeldebüro seinerseits verpflichtet, dieses Ergebnis als Auskunft oder Befund im weitesten Sinn dem ersuchenden Gericht zu übermitteln.

Wie der Generalprokurator in den von ihm verbundenen, gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, verletzen die zu 1. bis 9. angeführten Beschlüsse der Landesgerichte Ried im Innkreis, Linz und Steyr sowie des Oberlandesgerichtes Linz als Beschwer- degericht das Gesetz in der Bestimmung des § 381 Abs 1 Z 3 StPO:

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Beschlüsse des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 1.April 1997, GZ 12 Vr 937/96-23 (1.a.), des Oberlandesgerichtes Linz vom 6.Juni 1997, AZ 10 Bs 94/97 (1.b.), des Oberlandesgerichtes Linz vom 6.Juni 1997, AZ 10 Bs 101/97 (2., mit welchem eine Kostenbeschwerde zurückgewiesen, aus deren Anlaß jedoch der erstgerichtliche Kostenbestimmungsbeschluß ersatzlos aufgehoben wurde), des Oberlandesgerichtes Linz vom 21.November 1997, AZ 9 Bs 248/97, mit dem in Stattgebung einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 14. Juli 1997 aufgehoben wurde (3.), des Landesgerichtes Linz vom 31. Juli 1997, GZ 19 Vr 1133/97-12 (4.a.), und des Oberlandesgerichtes Linz vom 21.November 1997, AZ 9 Bs 251/97, mit dem zufolge einer Beschwerde der Post und Telekom Austria AG der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 31.Juli 1997 kassiert wurde (4.b.), auf Überwachungen des Fernmeldeverkehrs Bezug nehmen, die bereits vor dem Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes ergangen sind, weshalb die darin zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht auf der Grundlage der Bestimmungen des Fernmeldegesetzes 1993, BGBl Nr. 908 (FG 1993), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 44/1997, zu prüfen ist.

Bis zum Inkrafttreten des Fernmeldegesetzes 1993 am 1.April 1994 (§ 53 Abs 1 FG 1993) war die Post- und Telegraphenverwaltung (und zwar bis 1.Jänner 1993 die Generaldirektion - Art 2 BGBl Nr. 25/1993 - und die ihr unterstellten Direktionen) nach § 10 Fernmeldegesetz 1949 (FG 1949), BGBl Nr. 170 idF BGBl Nr. 25/1993, als Fernmeldebehörde sowohl mit hoheitlichen Funktionen (§ 11 FG 1949) als auch als Ausfluß der durch die Fernmeldebehörden ausgeübten Fernmeldehoheit - § 2 Abs 1 und 2 FG 1949 - mit der Errichtung und dem Betrieb von Fernmeldeanlagen betraut. Ob die eigentlichen Fernmeldedienste damals als hoheitliche oder bloß privatwirtschaftliche Tätigkeiten einzustufen waren, mag dahingestellt bleiben. Ansprechpartner der Gerichte und Sicherheitsbehörden bei der Überwachung des nach dem § 149 a StPO aF maßgeblichen öffentlichen Fernmeldeverkehrs war nämlich die PTV als Fernmeldebehörde, die ihrerseits die dazu notwendigen Dienstleistungen zwar im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit, aber gemäß § 2 Abs 1 und 2 FG 1949 in Ausübung der Fernmeldehoheit erbrachte. Darauf nimmt sowohl die bis 1.Jänner 1994 geltende Bestimmung des § 149 a Abs 3 StPO als auch die mit dem Strafprozeßänderungsgesetz (StPÄG) 1993 in Kraft getretene Regelung des § 149 c Abs 1 StPO Bedacht, wonach die Durchführung der Überwachung des Fernmeldeverkehrs im Einvernahmen mit der Fernmeldebehörde zu erfolgen hat.

Durch das erwähnte, erst nach dem Strafprozeßänderungsgesetz 1993 in Kraft getretene Fernmeldegesetz 1993 wurden auf dem Gebiet der Telekommunikation die hoheitlichen von den betrieblichen Funktionen getrennt. Als Fernmeldebehörde, somit in Ausübung der Hoheitsverwaltung, waren nur mehr die Fernmeldebüros, das Zulassungsbüro sowie der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr als Oberste Fernmeldebehörde tätig (§§ 36 f FG 1993), während die Post- und Telegraphenverwaltung (PTV) mit dem eigentlichen Fernmeldebetrieb betraut war und im Zuge dessen das feste öffentliche Fernmeldenetz sowie den reservierten Fernmeldedienst bereitzustellen und den Fernmeldedienst zu erbringen hatte (§ 44 FG 1993). Die Bestimmung des § 45 Abs 1 FG 1993 stellte ferner klar, daß die im Zusammenhang mit einer Inanspruchnahme von Leistungen der PTV im Bereich des Fernmeldewesens entstehenden Rechtsbeziehungen privatrechtlicher Natur waren. Kunden der Post- und Telegraphenverwaltung hatten für die in Anspruch genommenen Leistungen ein Entgelt (§ 46 FG 1993) und keine Gebühr zu zahlen.

Damit war bereits ab dem Inkrafttreten des Fernmeldegesetzes 1993 die Tätigkeit der Post- und Telegraphenverwaltung im Fernmeldebereich der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnen (vgl EvBl 1997/52). Dazu kam aber schon 1996 ein nach § 20 a FG 1993 konzessioniertes Unternehmen zur Erbringung eines reservierten Fernmeldedienstes mittels Mobilfunk (welcher - wenn auch mit erheblichen Schwierigkeiten [vgl RV zu einem Bundesgesetz über besondere Ermittlungsmaßnahmen, 49 BlgNR 20.GP 28] - einer Überwachung iSd § 149 a StPO zugänglich ist).

Im zeitlichen Geltungsbereich des Fernmeldegesetzes 1993 war also die Post- und Telegraphenverwaltung schon von den Fernmeldebehörden (§§ 36 f FG 1993) strukturell getrennt (VIII.Abschnitt des FG 1993 - vgl EBRV zum Fernmeldegesetz 1993, 1293 BlgNR 18.GP 29). Selbst unter Berücksichtigung der zum Teil noch der Post- und Telegraphenverwaltung übertragenen hoheitlichen Verwaltung (vgl Art 2 FG 1993 - EB zur RV zum StrukturanpassungsG 1996, 72 BlgNR 20.GP 323) war bereits mit dem Fernmeldegesetz 1993 klargestellt, daß die konkrete Durchführung einer Überwachung des Fernmeldeverkehrs durch die PTV als im Zuge der privatwirtschaftlichen Tätigkeit übernommener Auftrag zu entlohnen war (§ 46 FG 1993). Ab diesem Zeitpunkt kam andererseits den Fernmeldebehörden keine Kompetenz mehr zu, bei der Überwachung des Fernmeldeverkehrs hoheitlich tätig zu werden, insbesondere die Mitwirkung des Betreibers eines reservierten Fernmeldedienstes bei der Überwachungstätigkeit zu "erzwingen" (sieht man davon ab, daß damals zumindest die PTV [nicht aber die schon 1996 existierenden Mobilfunkdienste] organisatorisch noch in das Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr eingebunden war - § 52 Abs 2 Behörden-ÜberleitungsG; vgl EBRV zum StrukturanpassungsG 1996, 72 BlgNR 20.GP 323), oder aber selbst im von der PTV (oder von Mobilfunkdiensten) betriebenen Fernmeldenetz Abhörmaßnahmen zu setzen.

Damit erschöpft sich jedoch das im § 149 c Abs 1 StPO vorgesehene Einvernehmen mit den Fernmeldebehörden in einem reinen Formalakt. Die ausschließlich von den Betreibern der Telekommunikationsdienste gelieferten Ergebnisse einer unter Einschaltung der Fernmeldebehörde durchgeführten Überwachung des Fernmeldeverkehrs sind somit keine Auskünfte, Befunde oder Gutachten der Fernmeldebehörde, sondern (privatrechtlich zu beurteilende) Leistungen der PTV oder der sonst tätig gewordenen Fernmeldedienste. Diese Dienstleistungen der Betreiber stehen mit der amtlichen Tätigkeit der lediglich unter Berufung auf § 149 c Abs 1 StPO noch formal in die Überwachung einbezogenen Fernmeldebüros in keinem, den eigenen Wirkungskreis dieser Behörden betreffenden Zusammenhang. Sie können daher auch nicht als Akt der Rechtshilfe im Sinne des Art 22 B-VG und des § 26 StPO angesehen werden, für welche gemäß § 381 Abs 1 Z 3 StPO iVm § 49 Abs 1 Z 3 BHG (BGBl Nr. 213/1986 idF BGBl Nr.622/1994) eine Vergütung zu entfallen hätte.

Mit Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes (PTSG) am 1.Mai 1996 (§ 24 PTSG - Art 95 StrukturanpassungsG 1996, BGBl Nr. 201) wurden die Aufgaben und das Vermögen der Post- und Telegraphenverwaltung (PTV) auf die Post und Telekom Austria AG (PTA) übertragen (§ 10 PTSG), ohne dieser neu geschaffenen juristischen Person des Privatrechts auch die bis dahin allenfalls noch aus der organisatorischen Einbindung der PTV in die Bundesverwaltung (als Teil des damaligen Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst) ableitbare und nur dienstrechtlich umsetzbare Verpflichtung zur Mitwirkung an der Durchführung einer Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach den §§ 149 a ff StPO zu übertragen. Eine solche Verpflichtung konnte auch aus § 21 Abs 6 bis 8 FG 1993 idF Art 96 StrukturanpassungsG 1996 nicht abgeleitet werden. Das in diesen Bestimmungen geregelte Aufsichtsrecht der Konzessionsbehörde und die Möglichkeit, mit Bescheid Anordnungen zur Durchführung der ihr insbesondere aus dem Fernmeldegesetz oder aus internationalen Verträgen ableitbaren hoheitlichen Befugnisse zu treffen, bezieht sich nämlich ausschließlich darauf, die Telekommunikationsunternehmen zur Einhaltung des Fernmeldegesetzes oder völkerrechtlicher Verträge zu verhalten (vgl EBRV zum StrukturanpassungsG 1996, 72 BlgNR 20.GP 323).

Eine Befugnis zur Ausübung hoheitlichen Zwangs auf Telekommunikationsdienste, um diese zur Mitarbeit an der Überwachung des Fernmeldeverkehrs zu verhalten, läßt sich diesen, das Fernemeldewesen betreffenden Normen nicht entnehmen; umsoweniger ist ein derartiges Eingriffsrecht der Fernmeldebehörde aus § 149 c Abs 1 StPO ableitbar.

Da somit Gerichten und Sicherheitsbehörden jedenfalls ab Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes keine staatliche Einrichtung mehr gegenüberstand, die im Rahmen der Amtshilfe zu einer effektuierbaren und Überwachungsergebnisse ermöglichenden Mitwirkung bei der Durchführung von Telefonüberwachungen verpflichtet gewesen wäre, muß spätestens ab dem 1.Mai 1996 von einer materiellen Derogation der Wendung "... im Einvernehmen mit den Fernmeldebehörden ..." im § 149 c Abs 1 StPO ausgegangen werden, was zweckmäßigerweise zu einer klarstellenden Bereinigung anläßlich der seither ergangenen Novellierungen der StPO hätte führen sollen. Aus diesem Grund hat sich nunmehr auch die Regierungsvorlage zu einem Bundesgesetz über besondere Ermittlungsmaßnahmen (49 BlgNR 20.GP) zum Ziel gesetzt, entsprechende Mitwirkungsverpflichtungen der nunmehr ausschließlich privaten Betreiber eines Telekommunikationsdienstes gesetzlich zu normieren, um die im Einzelfall notwendige Zusammenarbeit mit den Gerichten und Sicherheitsbehörden bei der Überwachung des Fernmeldeverkehrs - gegen Entgelt - sicherzustellen (vgl die dazu geplante Einführung eines § 18 a Abs 2 FG 1993 idF des Art V der RV zu einem Bundesgesetz über besondere Ermittlungsmaßnahmen, 49 BlgNR

20. GP, S 6 samt Erläuterungen dazu in S 28 und die weitgehend idente tatsächliche Regelung im § 89 Abs 2 TKG sowie die EB dazu in der RV zum TKG, 759 BlgNR 20.GP 55).

Mit dem Inkrafttreten des § 89 Abs 2 TKG (1.August 1997) steht außer Zweifel, daß den Betreibern eines Fernmeldenetzes für ihre Mitwirkung an einer Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach §§ 149 a ff StPO ein ange- messener Kostenersatz zusteht. Den Fernmeldebehörden wurde darüber hinaus auf dem Gebiet der Überwachungen des Fernmeldeverkehrs - in Fortschreibung der bis dahin bestehenden Gesetzeslage - auch nach den §§ 105 f TKG keine hoheitliche Kompetenz zugewiesen.

Der seit der Privatisierung der Post- und Telegraphenverwaltung durch das Poststrukturgesetz obsoleten Anordnung des § 149 c StPO, wonach die Durchführung der Überwachung des Fernmeldeverkehrs "im Einvernehmen mit den Fernmeldebehörden" zu erfolgen habe, kann daher sowohl vor als auch nach dem Inkrafttreten des TKG für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht keine Bedeutung (mehr) zukommen.

Spätestens seit dem Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes (1.Mai 1996) hatte daher ein Gericht - entgegen der in den angeführten Beschlüssen 1. bis 9. vertretenen grundsätzlichen Rechtsansicht (fallbezogen werden die Kosten teils ohnedies im Ergebnis zutreffend als solche nach § 381 Abs 1 Z 1 StPO erkannt - sh 3., 4.b) dem für die Strafjustiz tätig gewordenen Betreiber des Telekommunikationsdienstes die Kosten für die Mitwirkung an der Überwachung des Fernmeldeverkehrs im angemessenen Umfang zu ersetzen. Diese Auslagen sind seither gemäß § 381 Abs 2 StPO vom Bund als Kosten der Strafrechtspflege nach § 381 Abs 1 Z 1 StPO vorzuschießen und im Fall einer Kostenersatzpflicht nach den §§ 389 ff StPO bei der Bestimmung des Pauschalbetrags (§ 381 Abs 3 StPO) zu berücksichtigen.

Die zu den angeführten Beschlüssen 5.a. und b., 6.a. und b., 7.a. und

b. und 9.a. und b. aufgezeigten Gesetzesverletzungen gereichen nicht nur den Betreibern der an der Überwachung des Fernmeldeverkehrs mitwirkenden Telekommunikationsdienste zum Nachteil, sondern wirken sich vor allem auch zum Nachteil der allenfalls nach den §§ 389 ff StPO zum Kostenersatz verpflichteten Personen aus, zumal die rechtsirrige Beurteilung dieser Kosten als solche nach dem § 381 Abs 1 Z 3 StPO einen über den betraglich begrenzten Pauschalbetrag nach § 381 Abs 3 StPO hinausgehenden Kostenersatz bedingen könnten.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden zur Wahrung des Gesetzes war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Rechtssätze
6
  • RS0110277OGH Rechtssatz

    18. Juni 1998·1 Entscheidung

    Mit Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes (PTSG) am 1.Mai 1996 (§ 24 PTSG - Art 95 StrukturanpassungsG 1996, BGBl Nr. 201) wurden die Aufgaben und das Vermögen der Post- und Telegraphenverwaltung (PTV) auf die Post und Telekom Austria AG (PTA) übertragen (§ 10 PTSG), ohne auch die nur dienstrechtlich umsetzbare Verpflichtung zur Mitwirkung an der Durchführung einer Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach den §§ 149 a ff StPO zu übertragen. Eine solche Verpflichtung konnte auch aus § 21 Abs 6 bis 8 FG 1993 idF Art 96 StrukturanpassungsG 1996 nicht abgeleitet werden. Da somit Gerichten und Sicherheitsbehörden jedenfalls ab Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes keine staatliche Einrichtung mehr gegenüberstand, die im Rahmen der Amtshilfe zu einer effektuierbaren und Überwachungsergebnisse ermöglichenden Mitwirkung bei der Durchführung von Telefonüberwachungen verpflichtet gewesen wäre, muß spätestens ab dem 1.Mai 1996 von einer materiellen Derogation der Wendung "... im Einvernehmen mit den Fernmeldebehörden ..." im § 149 c Abs 1 StPO ausgegangen werden. Mit dem Inkrafttreten des § 89 Abs 2 TKG (1.August 1997) steht außer Zweifel, daß den Betreibern eines Fernmeldenetzes für ihre Mitwirkung an einer Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach §§ 149 a ff StPO ein angemessener Kostenersatz zusteht. Der seit der Privatisierung der Post- und Telegraphenverwaltung durch das Poststrukturgesetz obsoleten Anordnung des § 149 c StPO, wonach die Durchführung der Überwachung des Fernmeldeverkehrs "im Einvernehmen mit den Fernmeldebehörden" zu erfolgen habe, kann daher sowohl vor als auch nach dem Inkrafttreten des TKG für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht keine Bedeutung (mehr) zukommen.