JudikaturJustiz15Os167/08k

15Os167/08k – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. November 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Metz als Schriftführer in der Strafsache gegen Selcuk C***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB, AZ 27 HR 90/08f des Landesgerichts Salzburg, über die Grundrechtsbeschwerde des Selcuk C***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 26. September 2008, AZ 8 Bs 348/08w (ON 35 der Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Selcuk C***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

In dem zu AZ 27 HR 90/08f des Landesgerichts Salzburg gegen Selcuk C***** wegen des Verdachts des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB geführten Verfahren wurde am 31. August 2008 über den Beschuldigten die Untersuchungshaft verhängt (ON 6).

Der gegen die Fortsetzung der Untersuchungshaft (Beschluss vom 12. September 2008; ON 18) erhobenen Beschwerde (ON 23) gab das Oberlandesgericht Linz mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 26. September 2008 nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO fort (ON 35).

Mit mittlerweile eingebrachtem Strafantrag legt die Staatsanwaltschaft Salzburg Selcuk C***** das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB zur Last, weil er am 30. August 2008 in Zell am See dem Bayram U***** durch Versetzen eines gezielt auf den Brustraum gerichteten Messerstichs, der das Rippenfell durch- und in die Lunge eindrang, absichtlich eine an sich schwere Körperverletzung, nämlich eine Stichwunde mit Eindringen von Luft in die Lunge (Pneumothorax), zugefügt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Fortsetzungsbeschluss des Oberlandesgerichts Linz erhobene Grundrechtsbeschwerde ist nicht berechtigt. Die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts ist im Verfahren über eine Grundrechtsbeschwerde nach ständiger Rechtsprechung nur nach Maßgabe der Mängel- und Tatsachenrüge des § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO bekämpfbar (RIS-Justiz RS0110146). Somit können lediglich formale Mängel der Begründung der Konstatierungen entscheidender Tatsachen releviert werden (Z 5) oder es kann nach Maßgabe deutlich und bestimmt bezeichneter Aktenteile und der in der Z 5a genannten Erheblichkeitsschwelle versucht werden, erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu wecken. Mit ihren eigenständigen Beweiswerterwägungen zur Aussage des Zeugen U***** und der nach Art einer Schuldberufung vorgetragenen Kritik an der Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts verfehlt die Beschwerde daher ebenso den gesetzlichen Bezugspunkt der Anfechtung wie mit dem Hinweis auf einen nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts übermittelten „3. Anlass-Bericht" des Landeskriminalamts Salzburg vom 8. Oktober 2008. Die rechtliche Annahme einer der von § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wiederum wird vom Obersten Gerichtshof dahin geprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als unvertretbar („willkürlich") angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0117806).

Eine solche willkürliche Annahme der Tatbegehungsgefahr vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, denn das Oberlandesgericht hat seine Einschätzung, der Angeklagte werde auf freiem Fuß ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens eine rechtsgutidente strafbare Handlung mit schweren Folgen begehen, mängelfrei auf die aus der konkreten Tat abzuleitende kriminelle Energie und die „unverändert akute Konfliktsituation" sowie auf die engen Beziehungen zwischen den handelnden Personen gestützt und bei seinen Erwägungen auch die Unbescholtenheit und erstmalige Hafterfahrung des Angeklagten bedacht (BS 6).

Der Verneinung der Substituierbarkeit der Haft durch das Oberlandesgericht wird durch die schlichte Bestreitung der Richtigkeit dieser Prognose und das neuerliche, argumentativ nicht ausgeführte Anbot gelinderer Mittel nichts substantiell entgegnet. Von einer Unverhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft kann mit Blick auf den in Betracht kommenden Strafrahmen von einem bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und die im Entscheidungszeitpunkt noch nicht einen Monat währende Haft jedenfalls nicht die Rede sein. Ob die zu erwartende Strafe bedingt nachgesehen werden könnte, ist - der Beschwerde zuwider - für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit ohne Bedeutung (Kirchbacher/Rami, WK-StPO § 180 [aF] Rz 14 mwN). Somit wurde der Angeklagte im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.