JudikaturJustiz15Os163/01

15Os163/01 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Januar 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Jänner 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lauermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mustafa E***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 iVm § 203 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft Feldkirch gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 31. Mai 2001, GZ 23 Vr 174/01-21, sowie den Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wird abgewiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mustafa E***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 iVm § 203 StGB, sowie der Vergehen des Quälens unmündiger Personen nach § 92 Abs 1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Gegen das Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete, aber verspätet ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten, verbunden mit einem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung dieser Rechtsmittel; der Strafausspruch wird auch vom öffentlichen Ankläger mit Berufung bekämpft.

Die Urteilszustellung an den Verteidiger erfolgte am 22. August 2001. Am 21. September 2001 brachte dieser den bezeichneten Wiedereinsetzungsantrag unter gleichzeitiger Vorlage der Rechtsmittelausführung ein. Sinngemäß führte er aus, er habe sich von 17. Juli bis 26. August 2001 wegen eines Fahrradunfalls in Krankenstand befunden. Von 27. August bis 7. September 2001 habe er gearbeitet. Am 8. September 2001 sei er erkrankt und von 12. bis 18. September 2001 wegen einer Viruserkrankung im Spital gewesen. Erstmals habe er seinen Arbeitsplatz am 21. September 2001 wieder aufgesucht und festgestellt, dass die gegenständliche Frist zur Ausführung der Rechtsmittel des Angeklagten abgelaufen sei.

Der Antrag schlägt fehl.

Gemäß § 364 Abs 1 StPO ist gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung eines Rechtsmittels dem Beschuldigten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, sofern er nachweisen vermag, dass es ihm durch unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignisse unmöglich war, die Frist einzuhalten, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last liegt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 14 RAO ist der Rechtsanwalt berechtigt, im Verhinderungsfalle einen anderen Rechtsanwalt unter gesetzlicher Haftung zu substituieren; in Fällen von andauernder Verhinderung oder längerer Abwesenheit ist die Substitution auch dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer anzuzeigen.

Die Erkrankung eines Verteidigers kann für sich allein genommen niemals Grund für eine Wiedereinsetzung sein. Nur dann, wenn zufolge der Krankheit die Dispositionsfähigkeit des Verteidigers ausgeschlossen wird, wenn also zufolge der Krankheit nicht einmal mehr für eine Stellvertretung gesorgt werden konnte, stellt diese ein Ereignis iSd § 364 Abs 1 Z 1 StPO dar, aufgrund dessen es unmöglich wäre, die versäumte Frist einzuhalten (vgl AnwBl 1992, 275; EvBl 1972/44; VfSlg 8801/1980).

Dass die krankheitsbedingte Verhinderung des Verteidigers im konkreten Fall dergestalt gewesen sei, dass er nicht für eine Vertretung (zur Bearbeitung fristgebundener Prozesshandlungen) Vorsorge treffen hätte können, wurde im Wiedereinsetzungsantrag nicht einmal behauptet.

Ein gesetzlicher Grund für die Bewilligung der begehrten Wiedereinsetzung liegt daher nicht vor. Dem unberechtigten Wiedereinsetzungsantrag war somit nicht Folge zu geben (s auch Mayerhofer StPO 4 § 364 E 17).

Die-infolge Fristablaufs am 19. September 2001 um 24 Uhr - verspätet ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen. Amtswegig wahrzunehmende Nichtigkeitsgründe haften dem angefochtenen Urteil nicht an.

Zur Entscheidung über die Berufungen ist das Oberlandesgericht Innsbruck zuständig.