JudikaturJustiz15Os15/14s

15Os15/14s – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. März 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. März 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. Karl Heinz G***** gegen die Antragsgegnerin V***** GmbH wegen § 10 MedienG, AZ 92 Hv 50/12i des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. April 2013, AZ 17 Bs 406/12y, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner, sowie des Vertreters des Antragstellers, Dr. Rami, und des Vertreters der Antragsgegnerin, Dr. Simon, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. Karl-Heinz G***** gegen die Antragsgegnerin V***** GmbH wegen § 10 MedienG, AZ 92 Hv 50/12i des Landesgerichts für Strafsachen Wien, verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. April 2013, AZ 17 Bs 406/12y (ON 24), in seiner Begründung § 10 Abs 3 MedienG und, soweit es sich auf die begehrte nachträgliche Mitteilung zum Artikel im periodischen Druckwerk „p*****“ vom 26. April 2010 bezieht, auch § 10 Abs 2, jeweils iVm § 17 Abs 1 MedienG.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Text

Gründe:

In der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. Karl Heinz G***** gegen die Antragsgegnerin V***** GmbH wegen § 10 MedienG wurde der Antrag auf Anordnung der Veröffentlichung nachträglicher Mitteilungen mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Juli 2012, GZ 92 Hv 50/12i-14, unter Ausspruch der Kostenersatzpflicht des Antragstellers abgewiesen.

Gegenstand des Verfahrens waren zwei Artikel im periodischen Druckwerk „p*****“: Am 14. September 2009 wurde in der Ausgabe Nr 38 ein Artikel unter der Überschrift „Die Akte 'v. W*****'“ und am 26. April 2010 in der Ausgabe Nr. 17 ein Artikel mit der Überschrift „U-Haft für W*****“ veröffentlicht. Beide Artikel sind dem erstgerichtlichen Urteil als integrierter Bestandteil desselben angeschlossen.

Der Antragsteller hatte aufgrund dieser Artikel von der Antragsgegnerin als Medieninhaberin des „p*****“ mit Aufforderungsschreiben vom 16. März 2012 (zum Artikel vom 14. September 2009) und vom 15. März 2012 (zum Artikel vom 26. April 2010) jeweils unter Vorlage der Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 9. März 2012, AZ 11 St 55/11h, wonach das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt wurde fristgerecht die Veröffentlichung folgender nachträglicher Mitteilungen (§ 10 MedienG) begehrt:

1./ (betreffend den Artikel vom 14. September 2009)

NACHTRÄGLICHE MITTEILUNG

Sie haben in der Ausgabe ihres periodischen Druckwerks 'p*****' Nr. 38 vom 14. September 2009 auf den Seiten 40 ff in einem Artikel mit der Überschrift 'Die Akte 'v. W*****' Folgendes berichtet:

Neue Wendung im Anlegerskandal A*****: Das Finanzministerium unter Karl-Heinz G***** stieß bereits im Jahr 2000 auf massive Ungereimtheiten beim Kärntner Finanzhaus. Und blieb dennoch untätig. Warum wurde […] Wolfgang Au***** verschont? […]

Diesem Magazin gingen […] bisher unveröffentlichte Dokumente aus dem Strafakt zu. Diese nähren einen schwerwiegenden Verdacht. Das Finanzministerium hatte bereits ab dem Frühjahr 2000 detaillierte Kenntnis über möglicherweise strafrechtlich relevante, jedenfalls aber aufklärungswürdige Vorgänge bei A***** und blieb untätig. Auffallend: Finanzminister war damals ein gewisser Karl-Heinz G***** […].

Die Justiz hegt in diesem Zusammenhang den Verdacht, das A*****-System sei gezielt auf Täuschung ausgelegt gewesen. […]

Und genau dieser Verdacht kursierte bereits 2000 im Finanzministerium. Wie sich erst jetzt herausstellt, war die A*****-Gruppe genauer deren Vertriebstochter A***** AG zwischen 15. und 16. Mai 2000 Schauplatz einer so genannten Vor-Ort-Prüfung durch die damals noch direkt dem Minister, also Karl-Heinz G*****, unterstellte Kontrollinstanz Bundeswertpapieraufsicht (BWA, die Vorgängerin der heutigen Finanzmarktaufsicht). Der 55 seitige Prüfbericht […] releviert eine Fülle teils haarsträubender Sachverhalte. Die BWA-Revisoren beanstandeten Lücken in der Dokumentation, Sorgfaltspflichtverletzungen in Zusammenhang mit Geldwäschereibestimmungen und vernachlässigte Informationspflichten gegenüber Kunden. […] Die Verdachtsmomente wogen offenbar so schwer, dass die BWA im Frühjahr 2001 kurz davor stand, Wolfgang Au***** wegen Betrugs anzuzeigen. […]

Mit anderen Worten: Die BWA, dazumal nachgeordnete Dienststelle im Finanzministerium unter Aufsicht von Karl-Heinz G*****, hatte es bereits vor Jahren an der Hand, Schlimmeres zu verhindern. Und doch kam W***** mit einem blassblauen Auge davon. Für eine ebenfalls aufgedeckte, aber vergleichsweise marginale Ordnungswidrigkeit bekam er eine kleine Verwaltungsstrafe, eine Betrugsanzeige dagegen wurde nie eingebracht. Die Akte wurde nach Rücksprache mit der hauseigenen Rechtsabteilung geschlossen und schubladisiert. […]

Vertuschung. Die Bundeswertpapieraufsicht ist lange Geschichte. Sie wurde im April 2002 durch die mit umfassenderen Kompetenzen ausgestattete Finanzmarktaufsicht (FMA) ersetzt. Dass Karl-Heinz G***** […] zuvor für W***** interveniert hätte, lässt sich zwar nicht belegen. Dass aber damals weisungsgebundene Beamte des Finanzministeriums über derart schwere Verdachtsmomente einfach hinwegsahen, wirft Fragen auf umso mehr, als die Justiz sich jetzt, neun Jahre später, genau dafür interessiert.

Das von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt zum AZ 11 St 55/11h gegen Mag. Karl-Heinz G***** geführte Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Missbrauchs der Amtsgewalt (§ 302 StGB) wurde nunmehr von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt eingestellt, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestand.“

2./ (betreffend den Artikel vom 26. April 2010)

NACHTRÄGLICHE MITTEILUNG

Sie haben in der Ausgabe ihres periodischen Druckwerks 'p*****' Nr. 17 vom 26. April 2010 auf Seite 37 unter Bezugnahme auf das 'K***** Gruppe AG' Folgendes berichtet:

Die Justiz hegt den Verdacht, das A***** System sei gezielt auf Täuschung ausgelegt gewesen. Delikat: Das Finanzministerium hatte bereits im Jahr 2000 konkrete Hinweise auf Ungereimtheiten doch der damalige Finanzminister Karl-Heinz G***** blieb untätig.

Das von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt zum AZ 11 St 55/11h gegen Mag. Karl-Heinz G***** geführte Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Missbrauchs der Amtsgewalt (§ 302 StGB) wurde nunmehr von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt eingestellt, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestand.“

Nach den Feststellungen des Erstgerichts vermittelte der erste Artikel dem Leser, dass der Antragsteller in seiner Eigenschaft als Leiter des Bundesministeriums für Finanzen aufgrund seiner Beziehungen zu Wolfgang Au***** in Verdacht stehe, zumindest daran mitgewirkt zu haben, dass Mitarbeiter des Bundesministeriums für Finanzen wider besseren Wissens keine Strafanzeige gegen Wolfgang Au***** erstattet hätten.

Zum zweiten inkriminierten Artikel wurde dem üblichen Leser so das Erstgericht suggeriert, es bestehe zumindest der Verdacht, der Antragsteller habe trotz Verdachtslage und implizit: daher pflichtwidrig daran mitgewirkt, dass durch die möglicherweise auf Täuschung ausgelegte Konstruktion des (mittlerweile in Untersuchungshaft genommenen) Au***** Anleger finanzielle Verluste erlitten.

Diese gegen den Antragsteller Mag. G***** bestehenden Vorwürfe seien durch die Staatsanwaltschaft Klagenfurt zum AZ 11 St 55/11h geprüft worden; das gegen den Genannten geführte Verfahren sei am 7. März 2012 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt worden, wobei der Antragsteller mittels Benachrichtigung vom 9. März 2012 von der Einstellung des Verfahrens verständigt worden sei und aus dieser habe ersehen können, dass der Grund der Einstellung darin lag, dass „kein Tatbeweis“ gefunden werden konnte.

In rechtlicher Hinsicht sah das Erstgericht den Antragsteller als grundsätzlich anspruchsberechtigt nach § 10 Abs 1 MedienG an, weil er als damaliger Bundesminister in den gegenständlichen Artikeln einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig dargestellt wurde, nämlich amtsmissbräuchlich dafür gesorgt zu haben, dass „die Akte gegen W***** geschlossen und schubladisiert“ worden sei, bzw pflicht- und gesetzwidrig nicht die gebotenen Entscheidungen getroffen zu haben.

Weiters sprach das Erstgericht jedoch aus, dass die formellen Voraussetzungen nach § 10 Abs 3 MedienG nicht erfüllt seien, weil es sich bei der der Medieninhaberin übermittelten Benachrichtigung des Verteidigers von der Einstellung des Verfahrens gegen den Antragsteller nicht um ein vom Staatsanwalt eigenhändig unterschriebenes Amtszeugnis handle.

Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Antragstellers wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO iVm §§ 489 Abs 1 StPO und 14 Abs 3 MedienG; ON 17) gab das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht mit Urteil vom 10. April 2013, AZ 17 Bs 406/12y (ON 24 der Hv Akten), nicht Folge und verpflichtete den Antragsteller gemäß §§ 390a Abs 1 StPO iVm 14 Abs 3 MedienG zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Soweit im Folgenden von Bedeutung, führte das Berufungsgericht zusammengefasst wie folgt aus:

Die Richtigkeit einer nachträglichen Mitteilung sei vom Betroffenen durch Vorlage einer Ausfertigung der das Verfahren beendigenden Entscheidung oder durch ein besonderes Amtszeugnis nachzuweisen (§ 10 Abs 3 erster Satz MedienG). Dieses habe auf Antrag des Betroffenen in den Fällen des § 10 Abs 1 Z 1 und 2 MedienG die Staatsanwaltschaft, sonst das Strafgericht auszustellen. Die Verständigung von der Zurücklegung der Anzeige durch den Staatsanwalt gemäß § 90 Abs 3 StPO idF vor dem Strafprozessreformgesetz BGBl I 2004/19 habe das besondere Amtszeugnis ersetzt; auch nach der StPO-Reform sei die gemäß § 194 Abs 1 StPO vorgesehene Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft von der Einstellung des Verfahrens dem Amtszeugnis im Sinne des § 10 Abs 3 MedienG gleichzusetzen.

Der Antragsteller hätte somit entgegen der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht durch Vorlage der Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 9. März 2012 seiner Nachweispflicht gemäß § 10 Abs 3 MedienG Genüge getan.

Dennoch wäre für den Berufungswerber im Ergebnis nichts gewonnen:

Gemäß § 10 Abs 2 MedienG müsse sich die nachträgliche Mitteilung in ihrem Inhalt auf das zu dem angestrebten Rechtsschutz Erforderliche beschränken. „Erforderlich“ für den angestrebten Rechtsschutz sei jedenfalls eine knappe Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des ursprünglichen Berichts im Sinn von § 10 Abs 1 MedienG (= These) und die Erläuterung, wie das Strafverfahren beendet wurde (= Antithese).

Fallaktuell gehe der Wortlaut der hier gegenständlichen nachträglichen Mitteilung (Anm: das Berufungsgericht meint ersichtlich bloß jene, die sich auf den Artikel vom 14. September 2009 bezieht) bei weitem über das zur Information des Medienpublikums über die erfolgte Verfahrenseinstellung Erforderliche hinaus. Der Antragsteller habe in die begehrte Mitteilung „weite Teile des ursprünglichen Artikels wortwörtlich aufgenommen und in epischer Breite die Genesis des gegen den damaligen Finanzminister und nunmehrigen Antragsteller erhobenen Vorwurfs, einen Amtsmissbrauch begangen zu haben, geschildert, wobei auch eine Vielzahl von unnötigen Detailinformationen, die mit diesem Vorwurf letztlich nicht im inhaltlichen Zusammenhang stehen und die eher zur Verwirrung und Ermüdung des Lesers beitragen, zur Darstellung kommen“ (BS 9). Demgemäß widerspreche die vorliegende nachträgliche Mitteilung dem in § 10 Abs 2 MedienG normierten Knappheitsgebot.

Die vom Erstgericht vorgenommene Antragsabweisung habe sich daher im Ergebnis als zutreffend erwiesen, sodass der Berufung kein Erfolg habe beschieden sein können.

Eine gesonderte Auseinandersetzung mit dem zweiten inkriminierten Artikel vom 26. April 2010 ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Oberlandesgerichts Wien steht wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt in seiner Begründung mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Nach § 10 Abs 1 MedienG ist auf Verlangen einer Person, über die in einem periodischen Medium berichtet worden ist, sie sei einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig oder gegen sie werde bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht ein Strafverfahren geführt, wenn die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat abgesehen und das Ermittlungsverfahren eingestellt hat (Z 1), die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurückgetreten ist (Z 2), das Gericht das Hauptverfahren eingestellt hat (Z 3) oder der Angeklagte freigesprochen worden ist (Z 4), eine Mitteilung darüber in dem periodischen Medium unentgeltlich zu veröffentlichen.

Gemäß Abs 3 leg cit ist die Richtigkeit einer nachträglichen Mitteilung durch Vorlage einer Ausfertigung der das Verfahren beendigenden Entscheidung oder durch ein besonderes Amtszeugnis nachzuweisen. Auf Antrag des Betroffenen ist in den Fällen des Abs 1 Z 1 und 2 leg cit die Staatsanwaltschaft verpflichtet, ein solches Amtszeugnis auszustellen, sonst das Gericht.

Gemäß § 12 Abs 1 MedienG ist das Veröffentlichungsbegehren innerhalb der in § 11 Abs 1 Z 10 MedienG genannten Frist schriftlich an den Medieninhaber oder an die Redaktion des Medienunternehmens zu richten. § 13 MedienG schreibt vor, bis zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form die Veröffentlichung zu erfolgen hat.

Wird die nachträgliche Mitteilung nicht oder nicht gehörig veröffentlicht, so kann der Betroffene gemäß § 14 Abs 1 MedienG binnen sechs Wochen bei Gericht einen Antrag gegen den Medieninhaber als Antragsgegner auf Anordnung der Veröffentlichung der nachträglichen Mitteilung stellen.

Nach § 17 Abs 1 MedienG ist auf Veröffentlichung der nachträglichen Mitteilung zu erkennen, wenn sie zu Unrecht nicht oder nicht gehörig veröffentlicht worden ist.

1./ Ein Amtszeugnis ist vom entscheidenden Organ eigenhändig zu unterschreiben und mit einem allgemeinen Amts- bzw Gerichtssiegel zu versehen (§ 79 Abs 2 GOG und §§ 149 Abs l lit a, 151 Abs 1 Geo; §§ 23 Abs 1 Z 1, 24 DV-StAG). Bei einem Amtszeugnis handelt es sich also um ein in Bezug auf die Authentizität mit erhöhter Garantie ausgestattetes amtliches Schriftstück.

Aus § 10 Abs 3 MedienG ergibt sich, dass die Einhaltung der dort explizit genannten Formerfordernisse zur Begründung des Veröffentlichungsanspruchs nach § 10 Abs 1 MedienG unabdingbar ist (15 Os 156/12y, 60/13g). Der Betroffene hat also dem Medieninhaber entweder eine Ausfertigung der das Verfahren beendigenden gerichtlichen Entscheidung oder ein entsprechendes Amtszeugnis vorzulegen.

In den Fällen des hier vorgelegenen Absehens von der Verfolgung der Straftat und der Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft (§ 10 Abs 1 Z 1 MedienG) sowie weiters auch des Rücktritts der Staatsanwaltschaft von der Verfolgung (§ 10 Abs 1 Z 2 MedienG) kommt jeweils nur die Vorlage eines besonderen, von der Staatsanwaltschaft ausgestellten Amtszeugnisses in Betracht, weil § 194 StPO bloß eine Verständigung ua des Beschuldigten von der (erfolgten) Einstellung vorsieht, nicht aber eine Ausfertigung der (staatsanwaltlichen) Entscheidung über die Verfahrensbeendigung.

Daran hat sich auch durch die Einführung des Elektronischen Rechtsverkehrs (§§ 89a ff GOG, § 34a Abs 5 StAG, ERV 2006), nämlich der elektronischen Kommunikation zwischen Gerichten und Staatsanwaltschaften einerseits und Parteien bzw deren Vertretern andererseits (Einbringung von Eingaben, Zustellung von Erledigungen, etc), nichts geändert (vgl zum Ganzen: 15 Os 156/12y, 60/13g).

Die Verständigung der Staatsanwaltschaft von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens (§ 194 StPO) genügt daher den Anforderungen des § 10 Abs 3 MedienG nicht (vgl Röggla in Röggla/Wittmann/Zöchbauer , Medienrecht MedienG, § 10 Rz 4). Die Antragsabweisung durch das Erstgericht erfolgte daher aus diesem Grund zu Recht.

Der insoweit gegenteilige Ausspruch des Oberlandesgerichts Wien verletzt daher §§ 10 Abs 3, 17 Abs 1 MedienG.

2./ Zu § 10 Abs 2 MedienG führte die Generalprokuratur aus:

„Nach § 10 Abs 2 MedienG muss sich die nachträgliche Mitteilung in ihrem Inhalt auf das zu dem angestrebten Rechtschutz Erforderliche beschränken und in der Sprache der Veröffentlichung, auf die sie sich bezieht, abgefasst sein. Solcherart wird ein eigenes 'Knappheitsgebot' normiert; 'erforderlich' für den angestrebten Rechtschutz ist jedenfalls eine (knappe) Zusammenfassung des wesentlichen Inhaltes des ursprünglichen Berichts iSv § 10 Abs 1 MedienG (= These) und die Erläuterung wie das Strafverfahren beendet wurde (= Antithese). Diese Erläuterung hat den konkreten Fall zu schildern ( Rami , WK² MedienG § 10 Rz 12).

Die nachträgliche Mitteilung kann ebenso wie die Gegendarstellung (vgl Rami , WK² MedienG § 10 Rz 12 letzter Absatz iVm § 9 Rz 24 f) sprachlich frei gestaltet sein; ihr Umfang darf nicht außer Verhältnis zum ursprünglichen Bericht stehen. Jedoch ist in Umsetzung des rechtspolitischen Ziels, dem Betroffenen effektiven Rechtsschutz zu gewähren, (auch) das in § 10 Abs 2 MedienG grundgelegte 'Knappheitsgebot' nicht kleinlich auszulegen. Insbesondere ist es dem eine nachträgliche Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens begehrenden Antragsteller nicht abzuverlangen, die kürzest mögliche Form zu wählen (15 Os 148/11w; vgl auch Höhne in Berka/Heindl/Höhne/Noll , MedienG³ § 9 Rz 35 sowie Rami in WK² MedienG § 9 Rz 24, je mwN).

Wenngleich das Gesetz dem nach § 10 Abs 1 MedienG Anspruchsberechtigten die Möglichkeit einräumt, die nachträgliche Mitteilung sprachlich frei zu gestalten, was auch für die Wiedergabe der Erstmitteilung gilt, verpflichtet es ihn nicht dazu. Unbeschadet des Knappheitsgebots kann und darf der anspruchsberechtigte Antragsteller die Erstmitteilung auch wörtlich zitieren (15 Os 148/11w).

Ob die nachträgliche Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens dem 'Knappheitsgebot' entspricht, ist eine Rechtsfrage (vgl 14 Os 51/04, 15 Os 148/11w).

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht diese Rechtsfrage unrichtig gelöst, indem es der in Bezug auf den (ersten) Artikel vom 14. September 2009 begehrten nachträglichen Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens absprach, sich in ihrem Inhalt auf das zur Information des Mediumpublikums über die erfolgte Verfahrenseinstellung Erforderliche zu beschränken.

Denn der Antragsteller hat die Tatsachenmitteilung des wesentlichen Inhalts des ursprünglichen Berichts vom 14. September 2009 iSv § 10 Abs 1 MedienG (= These) durch wörtliches Zitat (ohnehin bloß) jener Passagen der Primärveröffentlichung in die nachträgliche Mitteilung aufgenommen, welche unmittelbar einen Bezug zum damals vom Antragsteller als Minister geleiteten Bundesministerium für Finanzen aufwiesen und dabei den Verdacht vermittelten, der Antragsteller habe als Leiter des genannten Ministeriums zumindest daran mitgewirkt, dass seine damaligen Ressortmitarbeiter wider besseren Wissens keine Strafanzeige gegen Wolfgang Au***** erstattet hätten. Eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des ursprünglichen Berichts wie etwa im eben dargelegten Umfang ist nicht zwingend; denn die nach § 10 Abs 1 MedienG anspruchsberechtigte Person ist mit Ausnahme der Vermeidung von Wiederholungen keineswegs verpflichtet, die Tatsachenmitteilung (noch) kürzer zu fassen, als dies in dem Medium geschehen ist (vgl 15 Os 148/11w). Im gegebenen Zusammenhang wird zudem angemerkt, dass in der in Rede stehenden nachträglichen Mitteilung der Umfang des ursprünglichen Berichts ohnehin erheblich (nämlich in etwa um drei Viertel) reduziert worden ist (vgl auch Höhne in Berka/Heindl/Höhne/Noll , MedienG³ § 10 Rz 8).“

Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

In Hinblick auf den unterschiedlichen Wortlaut des § 9 Abs 3 MedienG und des § 10 Abs 2 MedienG kann die Judikatur zum Gegendarstellungsrecht, wonach der anspruchsberechtigte Antragsteller die Erstmitteilung wörtlich zitieren darf (15 Os 148/11w = EvBl 2012/41, 274), nicht auf die nachträgliche Mitteilung übertragen werden. Nach § 10 Abs 2 MedienG hat sich diese in ihrem Inhalt auf das zu dem angestrebten Rechtsschutz Erforderliche zu beschränken. Eine Berechtigung zur wörtlichen Wiedergabe der gesamten Primärmitteilung kann daraus im Gegensatz zur Ansicht der Generalprokuratur nicht abgeleitet werden. Vorliegend hat das Oberlandesgericht zu Recht angenommen, dass die zur Veröffentlichung vom 14. September 2009 begehrte nachträgliche Mitteilung über das für den angestrebten Rechtsschutz Erforderliche hinausgeht, zumal sie zahlreiche Wiederholungen und für das Verständnis nicht nötige Detailinformationen enthält. Eine Verletzung des § 10 Abs 2 MedienG liegt daher in Bezug auf diesen Artikel nicht vor.

Des Weiteren lässt das Berufungsurteil jedoch zur Gänze offen, inwiefern der Wortlaut der zum Artikel vom 26. April 2010 begehrten nachträglichen Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens „bei weitem über das zur Information des Medienpublikums über die erfolgte Verfahrenseinstellung Erforderliche“ hinausgehen soll. Vom Berufungsgericht wird nicht dargelegt, inwieweit die Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des ursprünglichen Berichts in der begehrten nachträglichen Mitteilung noch kürzer hätte sein können. In Übereinstimmung mit der Nichtigkeitsbeschwerde ist daher in Bezug auf diesen Artikel von einer Verletzung des § 10 Abs 2 MedienG auszugehen.

Diese nur in der Entscheidungsbegründung liegende, die Richtigkeit des Ergebnisses des Berufungsurteils nicht tangierende Gesetzesverletzung gereicht der Antragsgegnerin, die die Rechte der Angeklagten hat (§ 14 Abs 3 MedienG), nicht zum Nachteil, weshalb es mit ihrer Feststellung sein Bewenden hat.