JudikaturJustiz15Os149/03

15Os149/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Dezember 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Dezember 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dachsberger als Schriftführer, in der Maßnahmensache des Johann A***** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 11. September 2003, GZ 7 Hv 109/03x-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

Johann A***** wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er am 6. Mai 2003 in Munderfing in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand (§ 11 StGB), der auf einer geistigen Abartigkeit höheren Grades beruht,

1) Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner zwangsweisen Einweisung in das Wagner-Jauregg-Krankenhaus Linz, gehindert hat, und zwar:

a) die Gendarmeriebeamten Abteilungsinspektor R***** und Gruppeninspektor Re*****, indem er diesen Blumentöpfe, Glasvasen und andere Wurfutensilien entgegenschleuderte;

b) die Beamten des EKO-Cobra mit den Dienstnummern 4303, 4309 und 7305, indem er dem Beamten mit der Dienstnummer 7305 zumindest drei Schläge mit einer Axt und mit einer Vorhangstange versetzte, wobei es beim Versuch geblieben ist;

2) durch die unter 1/b angeführte Tathandlung versuchte, dem Beamten des EKO-Cobra mit der Dienstnummer 7305 eine schwere Körperverletzung absichtlich zuzufügen;

3) den Gendarmeriebeamten des EKO-Cobra mit der Dienstnummer 4303 bei seiner Festnahme, somit während der Vollziehung von dessen Aufgaben, mit einem nicht näher bekannten Gegenstand am Körper verletzte, wobei dieser Kratz- bzw Schürfwunden in der Länge von etwa 2 cm am linken Unterarm erlitten hat,

somit Johann A***** hiedurch Taten begangen hat, die ihm - wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen - (zu 1/a) als Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Deliktsfall StGB, (zu 1/b) als Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Deliktsfall StGB; (zu 2) als Verbrechen der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und (zu 3) als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB zu zurechnen gewesen wären, und (zu ergänzen - vgl US 5) nach seiner Person, nach seinem Zustand sowie nach der Art der Tat zu befürchten ist, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Betroffenen aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) hat das Erstgericht die leugnende Verantwortung des Betroffenen in seine beweiswürdigenden Erwägungen miteinbezogen und im Einklang mit den Grundsätzen der Logik begründet dargelegt, warum es den entgegenstehenden Aussagen der Zeugen im Zusammenhalt mit den sonstigen Beweisergebnissen gefolgt und somit von seiner Täterschaft ausgegangen ist (US 5 ff). Dass die aus den im Ersturteil angeführten Beweismitteln gezogenen Schlüsse dem Beschwerdeführer nicht überzeugend genug erscheinen, vermag ebenso wie der Umstand, dass nicht der vollständige Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt sämtliche Verfahrensergebnisse im Einzelnen erörtert und darauf untersucht werden, wie weit sie für oder gegen diese oder jene Geschehensvariante sprechen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428) den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht herzustellen.

Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) die Anzahl der Schnitt- und/oder Schürfwunden zu Faktum 3 anspricht, betrifft sie keine entscheidende Tatsache (Ratz aaO Rz 398 und 474). Das auch unter diesem Nichtigkeitsgrund einen Begründungsmangel hinsichtlich der Verletzungen behauptende Beschwerdevorbringen ignoriert die bezüglichen Ausführungen US 5 unten iVm US 3 unten und US 4 oben und vermag insgesamt keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) moniert zum Schuldspruch den "im Wesentlichen unzureichenden" Gebrauch der verba legalia des § 87 StGB und erblickt darin einen Mangel an Feststellungen. Damit erweist sie sich einerseits (auch unter dem Aspekt der Z 5 - vgl "unvollständig geblieben") als nicht ausreichend substantiiert, andererseits als nicht den formalrechtlichen Erfordernissen entsprechend ausgeführt, weil sie den für eine prozessordnungsgemäße Darstellung der Rechtsrüge vorausgesetzten Hinweis vermissen lässt, welche - nach der Aktenlage indizierte - Konstatierung nach Ansicht des Beschwerdeführers über die Urteilsfeststellungen hinaus (US 4, 6, 7) vom Schöffengericht noch zu treffen und weiterer Folge auch den Rechtsmittelausführungen zugrunde zu legen gewesen wären (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 9 E 5c, Ratz aaO § 281 Rz 584). Die Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert mit dem Einwand, der Betroffene habe "sich in einer Art Panikreaktion rechtswidrig angegriffen gefühlt und in vermeintlicher Notwehr gehandelt" nicht an den Urteilsannahmen, wonach es ihm darauf ankam, dem Cobra-Beamten mit der Dienstnummer 7305 durch die gezielten Axthiebe eine schwere Körperverletzung zuzufügen (US 4 und 6). Gleiches gilt für die Behauptung "die Merkmale, auf die sich sein Vorsatz beziehen musste" hätten vom Betroffenen infolge der Unzurechnungsfähigkeit nicht erkannt werden könnten (wiederum US 4 und 6). Damit unterlässt die Beschwerde den Vergleich des zur Anwendung gebrachten Rechts mit dem festgestellten Sachverhalt (Ratz aaO Rz 581).

Das ebenfalls nicht nähere substantiierte weitere Vorbringen, der Nichtigkeitswerber habe nicht vorsätzlich gehandelt, weil die Konstatierung eines solchen Handelns bei gleichzeitiger Annahme der Zurechnungsunfähigkeit nicht möglich sei, verwechselt die Fähigkeit, überhaupt einen Willen zu bilden, mit jener, diesen (gebildeten) Willen verantwortlich an den Rechtsnormen auszurichten (13 Os 77/01, 13 Os 106/02, 13 Os 148/02).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach als zum Teil unbegründet, als zum Teil nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, sodass über die Berufung des Betroffenen das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden haben wird (§§ 285d, 285i StPO).