JudikaturJustiz15Os141/05g

15Os141/05g – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gomez Reyes als Schriftführer, in der Strafsache gegen Zeljko V***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs l, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft Wien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. September 2005, GZ 162 Hv 133/03x-50, sowie die (implizierte) Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Jahnel zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch, ebenso der Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst zu Recht erkannt und beschlossen:

Zeljko V***** wird unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31 und 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 16. Juni 2004, AZ 163 Hv 86/04v, nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, die gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.

Gemäß §§ 53 Abs 3 StGB, 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO wird vom Widerruf der dem Angeklagten im Verfahren 11 Hv 4/00 des ehemaligen Jugendgerichtshofes Wien gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - im zweiten Rechtsgang ergangenen - Urteil wurde Zeljko V***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs l, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 7. September 2001 in Wien durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, nämlich durch die Äußerung „Gib mir 500 S oder ich bringe Dich um", wobei er ein Küchenmesser ergriff und damit auf die Küchenarbeitsplatte sowie ein Bild einstach, der Radmila V***** einen Bargeldbetrag von 200 S mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Er wurde hiefür unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. Juni 2004, AZ 163 Hv 86/04v, nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Der Angeklagte Zelko V***** bekämpft dieses Urteil mit einer auf § 281 Abs 1 Z 10 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Die Subsumtionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) strebt die rechtliche Beurteilung der Tat (bloß) als Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs l, 143 zweiter Fall StGB an. Das Vorbringen, dem Urteil mangle es an Feststellungen über die Kausalität der Drohung für die Handlung des Opfers, lässt jedoch die eindeutigen Konstatierungen zur Geldhingabe auf Grund der Drohungen (US 6 f) außer Acht. Die nicht am Urteilssachverhalt ausgerichtete Rüge entbehrt daher der prozessordnungsgemäßen Ausführung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes. Berechtigt ist hingegen die Strafzumessungsrüge (§ 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO), mit welcher der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das Verschlimmerungsverbot des § 293 Abs 3 iVm § 290 Abs 2 StPO geltend macht. Da über den Angeklagten im ersten Rechtsgang eine - wenn auch nicht bedingt nachgesehene - Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt und dieses Urteil auf Grund einer lediglich zu seinen Gunsten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde aufgehoben worden war, hätte dieses Strafmaß im zweiten Rechtsgang nicht überschritten werden dürfen. Dabei spielt es keine Rolle, dass die nunmehr ausgesprochene Strafe wegen eines - zulässiger Weise angenommenen (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 32, § 293 Rz 2) - mit höherer Strafe bedrohten Delikts und überdies als Zusatzstrafe nach §§ 31, 40 StGB verhängt wurde (WK-StPO § 293 Rz 23).

Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Zeljko V***** teilweise Folge zu geben und das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch sowie demzufolge der Beschluss gemäß § 494a StPO aufzuheben und mit Strafneubemessung vorzugehen. Hiebei wirkten die einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen (§§ 31, 40 StGB) als erschwerend, hingegen kein Umstand als mildernd. Ein reumütiges Geständnis lag ebenso wenig vor wie ein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB). Desgleichen wirkt die „schwierige Erziehungssituation", begründet durch eine „ungenügende Erziehungskompetenz" der Mutter des Angeklagten (US 12), nicht als mildernd. Eine vernachlässigte Erziehung (§ 34 Abs 1 Z 1 letzter Fall StGB) wäre nur dann als mildernd zu berücksichtigen, wenn es sich um Erziehungsmängel handelt, die deutlich (arg „sehr") aus dem Rahmen des Üblichen fallen, der Täter zB in einem kriminellen oder asozialen Milieu aufgewachsen ist oder keinerlei erzieherischen Maßnahmen unterworfen war (Ebner in WK2 § 34 Rz 5). Die nunmehr spruchgemäß verhängte Strafe und deren bedingte Nachsicht orientieren sich am dargelegten Verbot der reformatio in peius, dies gilt auch für das Absehen vom Widerruf und die Verlängerung der Probezeit hinsichtlich der Vorverurteilung; eine noch weitergehende Besserstellung des Angeklagten ist nach der Lage des Falls nicht sachgerecht. Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der diesbezüglich in der Äußerung der Verteidigung vertretenen Ansicht - zu verwerfen.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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