JudikaturJustiz15Os138/99

15Os138/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. November 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. November 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramsanwärters Mag. Horvath als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerhard K***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB, AZ 8 U 261/94 des Bezirksgerichtes Innsbruck, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5. Juli 1994, GZ 8 U 261/94-6, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5. Juli 1994, GZ 8 U 261/94-6, mit welchem die Gerhard K***** mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 19. März 1992, GZ U 164/92-12, gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen wurde, verletzt § 494a Abs 3 erster und zweiter Satz StPO.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und dem Bezirksgericht Hall in Tirol die Entscheidung über den Widerrufsantrag aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit (am 4. Mai 1999 in Rechtskraft erwachsenem) Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5. Juli 1994, GZ 8 U 261/94-6, wurde Gerhard K***** des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. In Stattgebung eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages des Bezirksanwaltes (S 27) erging auch der gleichfalls in Rechtskraft erwachsene Beschluss, dass gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die vom Bezirksgericht Hall in Tirol gemeinsam mit der Strafverfügung vom 19. März 1992, GZ U 164/92-12, gewährte bedingte Strafnachsicht (deren Probezeit anlässlich der Strafverfügung des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 17. Jänner 1994, GZ 8 U 13/94-3, auf fünf Jahre verlängert worden war) widerrufen werde.

Dieser Widerrufsbeschluss steht, wie der Generalprokurator in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffen aufzeigt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Nach der Bestimmung des § 494a Abs 3 StPO hat das Gericht vor einer Entscheidung gemäß Abs 1 leg. cit. ua den Angeklagten zu hören (erster Satz). Von der Anhörung (nach dem zweiten Satz) kann bei Fällung eines Abwesenheitsurteiles nur dann abgesehen werden, wenn ein Ausspruch nach § 494a Abs 1 Z 1 oder 2 StPO erfolgt. Ist aber das Gericht - wie im vorliegenden Fall - zur Anhörung nicht in der Lage und fällt es ein Abwesenheitsurteil, dann kommt die Entscheidung nach § 494a Abs 1 Z 3 oder 4 StPO dem sonst nach § 495 Abs 1 StPO zuständigen Gericht zu (SSt 60/17; EvBl 1992/130; 14 Os 20/99 = EvBl 1999/153).

Die vom Richter des Bezirksgerichtes Hall in Tirol am 15. Mai 1997 im Verfahren zum AZ 30 Vr 436/92 (ON 29) beschlossene endgültige Strafnachsicht, die von ihm nach Kenntnis des Abwesenheitsurteiles des Bezirksgerichtes Innsbruck zum AZ 8 U 261/94 und dem damit verbundenen Widerrufsbeschluß (GZ 30 Vr 436/92-91) im Hinblick auf diese Entscheidung "ersatzlos aufgehoben" wurde, konnte weder den zuvor beschlossenen Widerruf der bedingten Strafnachsicht beseitigen, noch sonst Rechtsfolgen für den Verurteilten nach sich ziehen. Die konstitutive Wirkung des Widerrufsbeschlusses blieb vielmehr unberührt, ist doch ein Widerrufsbeschluss ab seiner Verkündung insoweit mit Sperrwirkung ausgestattet, als kein anderes Gericht ohne vorangegangene Kassation dieses Beschlusses über den Entscheidungsgegenstand neuerlich absprechen darf.

Bei der Entscheidung über den Widerrufsantrag wird zu prüfen sein, ob die Widerrufsfrist noch offen ist.

Rechtssätze
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