JudikaturJustiz15Os130/06s

15Os130/06s – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. März 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. März 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brandstetter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Agnieska U***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 erster und dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Agnieska U***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. November 2005, GZ 122 Hv 121/04i-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem Agnieska U***** betreffenden Teil aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte Agnieska U***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen Freispruch einer anderen Angeklagten enthaltenden Urteil wurde Agnieska U***** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 erster und dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Das dem Schuldspruch zugrunde liegende Verhalten betrifft einen Geldbetrag, den der „Vortäter" Jeremiasz B***** durch Untreue erlangt hatte:

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat Agnieska U***** „zu nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten in der Zeit von 27. März 2001 bis 10. April 2003 in Wien und anderen Orten Österreichs in mehrfachen Angriffen den wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 2, zweiter Fall StGB abgesondert verfolgten, mittlerweile verstorbenen Jeremiasz B*****,

der am 27. März 2001 in wissentlichem Missbrauch der ihm durch Jacek D***** über dessen Konto eingeräumten Verfügungsbefugnis einen Bargeldbetrag in Höhe von 5,880.000 ATS (427.316,26 Euro) von diesem Konto behob und für sich behielt und dadurch Jacek D***** einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zufügte, mithin den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen, die aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer fünf Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist,

dadurch, dass sie über Ersuchen von Jeremiasz B***** teilweise selbst und teilweise durch Benutzung der vorsatzlos handelnden Maria K***** Bargeld in Höhe von zumindest rund 140.000 Euro in dem von Maria K***** über ihr Ersuchen gemieteten Schließfach Nr. 112 in der Filiale der B***** in *****, und der Wohnung von Maria K***** verbarg und Teilbeträge davon entsprechend den Aufträgen von Jeremiasz B***** verwendete, insbesondere Ende März 2003 insgesamt etwa 60.000 Euro nach Polen transferieren ließ,

dabei unterstützt, durch die Straftat erlangtes Bargeld in einer 50.000 Euro bei weitem übersteigenden Höhe zu verheimlichen, wobei sie die diese Strafdrohung begründenden Umstände kannte".

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Angeklagten aus den Gründen der Z 3, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde macht zutreffend einen Rechtsfehler mangels Feststellungen geltend (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10):

Objekt der Hehlerei ist nicht ein tatbetroffener Vermögenswert schlechthin, sondern nur eine (durch einen Vortäter) unmittelbar deliktisch erlangte körperliche Sache. Ersatzsachen (zB aus einem Umtausch der Beute) sind nicht mehr hehlereitauglich (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 164 Rz 7; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 164 Rz 63; Fuchs/Reindl BT I 177). Nach den wesentlichen Feststellungen behob Jeremiasz B***** unter wissentlichem Missbrauch der ihm vom Kontoinhaber Jacek D***** eingeräumten Zeichnungsberechtigung am 27. März 2001 von dessen Festgeldkonto bei einer B***** Filiale in Schwechat einen Betrag von 5.880.000 Schilling und behielt ihn zunächst für sich. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 20. April 2001 und dem 28. März 2003 gelangte ein Teil des Geldes „in einer Höhe zwischen 138.300 Euro und 144.300 Euro" in den Gewahrsam der Angeklagten (US 9 bis 11).

Der festgestellte Sachverhalt bringt angesichts der am 1. Jänner 2002 erfolgten Währungsumstellung die für einen Schuldspruch wegen Hehlerei nötige Sachidentität nicht zum Ausdruck. Nur wenn es sich bei den an die Angeklagte gelangten Geldscheinen oder Münzen um solche gehandelt hat, die durch die Vortat erlangt wurden, kann § 164 StGB erfüllt sein. Fand hingegen vor Weitergabe an die Angeklagte ein Umtausch statt, sodass eine „Ersatzsache" weitergegeben wurde, kommt - bei entsprechendem Vorsatz, der hier nicht festgestellt ist - Geldwäscherei in Betracht (§ 165 Abs 2 StGB; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 165 Rz 5, 9 mwN, zu den Vorsatzerfordernissen Rz 20 f, 22). Der Rechtsfehler mangels Feststellungen führt zur Aufhebung des Urteils in dem die Angeklagte Agnieska U***** betreffenden Teil und in diesem Umfang zur Anordnung der Verfahrenserneuerung. Die übrigen Beschwerdeeinwände (Z 3 und 5) bedürfen daher keiner Erörterung. Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird, was Geldwäscherei betrifft, Folgendes zu beachten sein:

Die Tathandlungen der Geldwäscherei sind in § 165 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 StGB aufgezählt. Jeder Absatz enthält rechtlich gleichwertige Begehungsweisen und statuiert daher ein alternatives Mischdelikt. Tathandlungen nach § 165 Abs 1 (Verbergen der Vermögensbestandteile oder Verschleiern ihrer Herkunft) und Abs 2 (Ansichbringen, Verwahren, Anlegen, Verwalten, Umwandeln, Verwerten oder Übertragen der Vermögensbestandteile an einen Dritten) können zueinander im Scheinkonkurrenzverhältnis der straflosen Nachtat stehen (Kirchbacher/Presslauer aaO § 165 Rz 14 mwN).

Daher würde etwa eine strafbare Handlung nach § 165 Abs 1 StGB eine nachfolgende strafbare Handlung nach § 165 Abs 2 StGB dann verdrängen, wenn die Taten gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind und die nachfolgende Tat keinen über die Haupttat hinausgehenden Schaden bewirkt hat (vgl 14 Os 150/02, RZ 2004, 88 = SSt 2003/71).