JudikaturJustiz15Os130/04

15Os130/04 – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Dezember 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Dezember 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik als Schriftführer, in der Maßnahmensache des Ludwig B***** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 18. Juni 2004, GZ 11 Hv 9/04v-55, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

Ludwig B***** wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er in Weissenbach unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht,

1) am 5. August 2003 an einer fremden Sache, nämlich am Wohnhaus des Friedrich B***** ohne dessen Einwilligung durch Entzünden von Kleidungsstücken in einem Schrank mit einer nicht mehr feststellbaren Zündquelle eine Feuersbrunst zu verursachen versucht hat, wobei es aufgrund der raschen und wirksamen Brandbekämpfung durch die Feuerwehr beim Versuch geblieben ist;

2) im Sommer 2003 in zumindest vier Fällen Roman B***** durch sinngemäße Äußerungen mit dem Umbringen, sohin dem Tode gefährlich bedroht hat, um diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen;

somit Taten begangen hat, die ihm - wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen - als (1) Verbrechen der versuchten Brandstiftung nach §§ 15 Abs 1, 169 Abs 1 StGB und (2) Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB zuzurechnen gewesen wären, und (vgl US 9 iVm 16) nach seiner Person, nach seinem Zustand sowie nach der Art der Taten zu befürchten ist, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Betroffenen aus Z 3, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Entgegen der auf die Bestimmung des § 430 Abs 4 StPO bezogenen Kritik der Verfahrensrüge (Z 3) fordert das Gesetz keineswegs die Anwesenheit des Sachverständigen während der ganzen Hauptverhandlung, sofern die Unterbringungsvoraussetzungen Gegenstand seines Gutachtens sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 260; vgl dazu US 14 iVm ON 21, ON 35, S 362 ff und 425 ff). Warum eine (zusätzliche) Beeidigung des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. med. Ernst G***** (vgl S 302) in der Hauptverhandlung vorzunehmen gewesen wäre, legt die Beschwerde nicht dar und bezeichnet den die behauptete Nichtigkeit bildenden Tatumstand nicht deutlich und bestimmt.

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen lässt sich aus dem Urteil die Verwertung der Aussage der Zeugin Margarete B*****, die von der Verlesung in der Hauptverhandlung ausdrücklich ausgenommen wurde (S 427) nicht ableiten. Vielmehr stützen sich die Konstatierungen über den Alkoholkonsum des Betroffenen, seine Beziehung zu seiner Tante und die ihr gegenüber gemachten Äußerungen (US 4) auf die Depositionen der Zeugen Walpurga K***** und Roman B***** (US 12), zum Teil auf dessen eigene Aussage (US 13). Worin die Beschwerde - über die bloße Behauptung hinaus - in den Ausführungen auf US 4 - "eine Verwertung der Aussagen der Margarete B***** im Urteil" erblickt, legt sie ebenfalls nicht dar.

Die Mängelrüge (Z 5) verkennt, dass zur Verwirklichung des § 107 StGB nicht erforderlich ist, dass das Opfer tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzt wird, solange sich bloß die Absicht des Täters darauf erstreckt (Schwaighofer in WK2 § 107 Rz 9). Demgemäß konnte eine Erörterung der Aussage des Zeugen B*****, inwieweit er durch die inkriminierten Äußerungen in Furcht und Unruhe versetzt worden sei, als nicht entscheidungswesentlich unterbleiben. Die weiteren, die Eignung der Drohung in Frage stellenden Beschwerdeargumente übergehen die diesbezüglich eindeutigen (gegenteiligen) Urteilsausführungen S 4, 14 und 16. Insoweit die Beschwerde Begründungsmängel zur versuchten Brandstiftung aus der Aussage des Betroffenen, er habe ein Feuerzeug und brauche für eine Brandlegung keine Zünder, sowie aus dem Umstand, dass er die Brandlegung schon über einen langen Zeitraum öfters angekündigt und nicht verwirklicht habe, ableiten will, dass auch andere Schlüsse zugunsten des Betroffenen gezogen werden könnten, bekämpft sie bloß unzulässig nach Art einer im Kollegialverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter.

Diese haben - dem Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) Rechnung tragend - im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen begründet dargelegt, von welchen Verfahrensergebnissen ausgehend sie die leugnende Verantwortung des Betroffenen als Schutzbehauptung angesehen haben. Dass sie dieser nicht gefolgt sind und die aus den im Ersturteil angeführten Beweismitteln gezogenen Schlüsse dem Beschwerdeführer nicht überzeugend genug erscheinen, vermag keinen Begründungsmangel herzustellen.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) bekämpft (betreffend den Ausspruch über die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 StGB) zum einen das Vorliegen einer gefährlichen Drohung, zum andern der Brandstiftung, indem sie "Feststellungen zu Lasten des Angeklagten" kritisiert, welche auf Nichtberücksichtigung von Verfahrensergebnissen beruhten, die mit den festgestellten Sachverhalten in keiner Weise in Einklang stünden. Dabei wird die Aussage des Neffen des Betroffenen zur gefährlichen Drohungen in der Hauptverhandlung als zu allgemein und ungenau bezeichnet und eine Erörterung der Depositionen des Zeugen B*****, er habe sich durch die Äußerungen des Betroffenen nicht in Furcht und Unruhe versetzt gefühlt, vermisst. Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde jedoch keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) moniert das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite mit dem Verweis auf einen behaupteten "substanzlosen Gebrauch der verba legalia". Mit diesem Vorbringen erweist sie sich einerseits selbst als nicht ausreichend substantiiert, andererseits lässt sie hiebei den erforderlichen Hinweis vermissen, welche - nach Ansicht des Beschwerdeführers durch die Aktenlage indizierte - Konstatierungen über die Urteilsfeststellungen hinaus (US 4, 5, 15 ff) noch zu treffen gewesen wären.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO (zum Teil nach § 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a StPO) in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die (vom Betroffenen zwar als Berufung wegen Schuld bezeichnete, inhaltlich aber als Berufung ausgeführte, auch im Schlussantrag so bezeichnete) Berufung (betreffend die Ermessensentscheidung) fällt in die Kompetenz des zuständigen Oberlandesgerichtes (§§ 285d, 285i StPO).