JudikaturJustiz15Os121/96

15Os121/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. September 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. September 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Berger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gernot Jakob K*****, wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 24. April 1996, GZ 11 Vr 1725/95-13, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, und des Verteidigers Dr.Sladek, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gernot Jakob K***** des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 3. Mai 1995 in Voitsberg dadurch, daß er in seiner Mietwohnung in dem im Eigentum der B***** AG stehenden Haus eine Nitroverdünnung ausgoß und auf brennbaren Materialien entzündete, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht.

Rechtliche Beurteilung

Der Schuldspruch wird vom Angeklagten mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde angefochten; den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Verfehlt ist der Beschwerdeantrag, eine "Beweiswiederholung bzw Ergänzung" vorzunehmen, denn nur im Rechtsmittelverfahren über Einzelrichterurteile käme diese prozessuale Möglichkeit in Frage (§§ 473 Abs 1 und 2, 489 Abs 1 StPO), nicht aber im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof, in welchem Gegenstand und Umfang des Gerichtstages in der Bestimmung des § 287 StPO abschließend umschrieben ist.

Entgegen dem in der Tatsachenrüge (Z 5a) zunächst erhobenen Einwand hat das Erstgericht die Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite keineswegs allein aus den gutächtlichen Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen über - auch auf die Wohnung des Beschwerdeführers als aktuelles Tatobjekt bezogene - enthemmungsbedingte Sachbeschädigungen von Alkoholikern abgeleitet, sondern auch aus dem Streit mit einem Nachbarn und der dadurch ausgelösten Gendamerieintervention (vgl US 7 f iVm S 139). Deshalb versagt die Beschwerdeargumentation, die zudem rechtsirrig die Annahme der für den Angeklagten günstigsten Tatversion reklamiert und dem Erstgericht zu Unrecht auch noch eine - jedoch weder aus der Aktenlage zu ersehende noch in der Beschwerdeschrift näher spezifizierte - Verletzung seiner Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zum Vorwurf macht.

Nicht aktenkonform ist ferner das Beschwerdevorbringen, mit dem die Angaben des Zeugen Alfred A***** über eine Drohung des Beschwerdeführers mit der Herbeiführung von Sachschäden als widersprüchlich hingestellt werden, handelt es sich bei den dabei ins Treffen geführten Passagen (S 35) gar nicht um Depositionen dieses Zeugen, sondern um die Bekundung eigener Wahrnehmungen des seinerzeit intervenierenden Gendarmeriebeamten in einem Aktenvermerk, von der der Zeuge A***** letztlich auch einräumte, daß sie zutreffen könne (S 133).

Mit der Behauptung hinwieder, der Inhalt dieses Aktenvermerkes und der Aussage des Zeugen A***** in der Hauptverhandlung würde lediglich die Frage auswerfen, warum der Beschwerdeführer nach dem seinerzeitigen Streit mit diesem Zeugen nicht dessen (nebenan liegende), sondern seine eigene Wohnung angezündet und warum er seine eigene Wohnung auch nicht erst kurz vor einer allfälligen Delogierung in Brand gesteckt haben sollte, erschöpfen sich die überdies noch nach Art einer auch im Rahmen einer Tatsachenrüge unzulässigen (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5a E 4) Schuldberufung die Glaubwürdigkeit der eigenen Einlassung behauptenden Einwendungen des Angeklagten in bloßen Mutmaßungen.

Das betreffende Beschwerdevorbringen ist somit insgesamt nicht geeignet, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes darzutun.

Es versagt aber auch die Subsumtionsrüge (Z 10), wonach die dem Angeklagten angelastete Tat lediglich als Verbrechen der versuchten und nicht der vollendeten Brandstiftung zu beurteilen gewesen wäre.

Die Deliktsvollendung im Sinne des § 169 Abs 1 StGB setzt voraus, daß tatsächlich eine Feuersbrunst entstanden ist. Eine Feuersbrunst ist ein ausgedehnter, sich weiter verbreitender Brand, der mit gewöhnlichen Maßnahmen, d. h. mit den üblichen Handfeuerlöschmitteln nur mehr mühsam oder überhaupt nicht unter Kontrolle gebracht werden, sondern nur mehr durch den Einsatz besonderer Mittel (wie der Feuerwehr) wirksam bekämpft werden kann. Eine Feuersbrunst kann auch an einem Objekt relativ geringen Umfanges verwirklicht werden, wenn dieses nicht isoliert ist und die Gefahr der weiteren Ausbreitung des Feuers besteht (vgl hiezu insbesondere Leukauf/Steininger Komm3 RN 5 und 5a sowie Mayerhofer/Rieder StGB4 ENr 4 und 5 - jeweils zu § 169).

Im gegenständlichen Fall ist das Schadensfeuer nicht auf die Mietwohnung des Täters beschränkt geblieben, sondern es hat - anders als in dem von der Beschwerde zitierten Fallbeispiel (EvBl 1980/159 - aus dem veröffentlichten Teil dieser Entscheidung geht nicht hervor, daß das nur einige wenige Gegenstände erfassende Feuer auf den Dachboden eines Wohnhauses beschränkt war) - schon auf den Dachstuhl des Hauses übergegriffen. Hiedurch bestand die Gefahr des Übergreifens dieses Feuers auf das gesamte eine weitere Wohnung umfassende Objekt; damit hatte der Brand ein solches Ausmaß erreicht, daß er nicht mehr mit Mitteln der ersten Löschhilfe, sondern nur mehr im Wege des außergewöhnlich raschen Einsatzes der Feuerwehr erfolgreich bekämpfbar war. Bei Zugrundelegung der vorangeführten Beurteilungskriterien war daher bereits das Stadium des Deliktsversuches überschritten und das Schadensfeuer als Feuersbrunst zu werten (vgl hiezu Leukauf/Steiniger aaO RN 16 und Mayerhofer/Rieder aaO ENr 9a - jeweils zu § 169). Daß das Feuer rechtzeitig entdeckt und zufolge rechtzeitigen Einsatzes der Feuerwehr aus deren löschtechnischer Sicht noch als Kleinbrand einzustufen war (S 145), ändert nichts an der Deliktsvollendung im erläuterten Sinn.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Gernot Jakob K***** nach § 169 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, von der es gemäß § 43a Abs 3 StGB einen Teil von neun Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Bei der Strafbemessung wertete es keinen Umstand als erschwerend, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit und die beim Angeklagten nach dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen durch den chronischen Alkoholmißbrauch bestehende verminderte Dispositions- und Diskretionsfähigkeit .

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe "auf eine der Schuld des Angeklagten sowie des von ihm zu verantwortenden Deliktes angemessene Höhe" an.

Auch diesem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.

Einer Berücksichtigung des vom Berufungswerber zu seinen Gunsten ins Treffen geführten Umstandes, der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt komme dem Tatbestand der schweren Sachbeschädigung nahe, weshalb die verhängte Freiheitsstrafe nicht den gesetzlichen Strafzumessungsgründen entspreche, steht der Inhalt des Schuldspruches entgegen, an dem sich die Berufung zu orientieren hat (§ 295 Abs 1 StPO).

Das Erstgericht hat auch die gegebenen Strafzumessungsgründe nicht nur im wesentlichen erfaßt, sondern ihnen auch das entsprechende Gewicht beigemessen, insbesondere auch der verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten ausreichend Rechnung getragen, und unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) über den Angeklagten eine seinem Verschulden und dem Unrechtsgehalt der Tat angemessene, keineswegs reduktionsbedürftige Strafe verhängt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.