JudikaturJustiz15Os120/21t

15Os120/21t – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Januar 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Jänner 2022 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinksi als Vorsitzende sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz und Dr. Mann und des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart von Mag. Jäger, BA, als Schriftführer in der Strafsache gegen * J* wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6. Juli 2021, GZ 24 Hv 48/21x 25, ferner über deren Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Absehen vom Widerruf und Verlängerung der Probezeit nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Artner, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Bernhauser,

I./ zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie die unter einem gefassten Beschlüsse nach § 494a Abs 1 StPO und auf Anordnung von Bewährungshilfe und Erteilung einer Weisung aufgehoben und insoweit in der Sache selbst erkannt:

* J* wird für das ihm zur Last liegende Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 23. März 2021, GZ 26 Hv 20/21v-7, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von

drei Monaten

verurteilt.

Die Anrechnung der Vorhaft wird dem Erstgericht überlassen.

Mit ihrer Berufung und ihrer Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

II./ den

Beschluss

gefasst:

Vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 31. Jänner 2019, AZ 230 Hv 66/18d, gewährten bedingten Strafnachsicht wird abgesehen.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * J* des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 3. März 2021 * W* durch die Äußerungen „Ich zerstöre dein Leben!“, „Ich mache dich kaputt!“ und „Ich lösch dich aus!“, wobei er bedrohlich gegen die Tür des von W* gelenkten Autobusses trat, gegen dessen Windschutzscheibe spuckte und dem Genannten mitteilte, er sei Kampfsportmeister, mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

[3] Er wurde dafür unter Anwendung des § 39 Abs 1a StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten gemäß § 43a Abs 3 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gegen den Strafausspruch richtet sich die zugunsten des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der Berechtigung zukommt.

[5] Zutreffend weist die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) darauf hin, dass das Erstgericht nach § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 23. März 2021, GZ 26 Hv 20/21v-7 (mit dem der Angeklagte wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 43a Abs 2 StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen sowie zu einer nach § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt wurde), hätte Bedacht nehmen und eine Zusatzstrafe verhängen müssen.

[6] Denn die der aktuellen Verurteilung zugrunde liegende Tat hätte nach der Zeit ihrer Begehung (3. März 2021; vgl US 4) schon im früheren Verfahren abgeurteilt werden können.

[7] Soweit ein Gericht mit Blick auf das irrtümliche Unterbleiben einer Bedachtnahme auf das Vor Urteil entgegen § 31 Abs 1 StGB von einem zu weiten Strafrahmen ausgeht, begründet dies Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO (RIS Justiz RS0108409; Ratz , WK StPO § 281 Rz 667, 671).

[8] Überdies ging das Erstgericht angesichts der weiteren Verurteilung des Angeklagten durch das Landesgericht für Strafsachen Graz vom 31. Jänner 2019, AZ 230 Hv 66/18d (wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB, wobei er zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen sowie zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt wurde; ON 21) von einem nach § 39 Abs 1a StGB erweiterten Strafrahmen aus (US 6), obgleich die nunmehrige Verurteilung und jene vom 23. März 2021 als eine einzige Verurteilung zu gelten hätten ( Leukauf/Steininger / Tipold , StGB 4 § 31 Rz 23). Insoweit wurde der Angeklagte nämlich bloß einmal wegen einer vorsätzlichen strafbaren Handlung gegen die Freiheit zu einer Freiheitsstrafe verurteilt; die Voraussetzungen des § 39 Abs 1a StGB lagen demnach nicht vor.

[9] Dies zwang – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zur Aufhebung des Strafausspruchs und der zugleich ergangenen Beschlüsse auf Absehen vom Widerruf und Verlängerung der Probezeit sowie auf Anordnung der Bewährungshilfe und Erteilung einer Weisung .

[10] Bei der dadurch notwendig gewordenen Strafneubemessung waren als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen und die einschlägige Vorstrafe, als mildernd das (Teil )Geständnis des Angeklagten zu werten.

[11] Ausgehend von diesen Strafzumessungskriterien (§ 32 Abs 2 StGB) war auf Grundlage des Unrechtsgehalts der Taten und der Schuld des Angeklagten die aus dem Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe zu verhängen.

[12] Bedingte Strafnachsicht kam im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe (ebenfalls wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB), die Begehung der Tat während offener Probezeit sowie die wiederholte gleichgelagerte Delinquenz nicht in Betracht.

[13] Mit ihrer Berufung und ihrer Beschwerde war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

[14] Mit Blick auf die nunmehr verhängte unbedingte Freiheitsstrafe war der zusätzliche Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 31. Jänner 2019, AZ 230 Hv 66/18d, gewährten bedingten Strafnachsicht nicht erforderlich.

[15] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.