JudikaturJustiz15Os112/14f

15Os112/14f – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. September 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. September 2014 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Anscheringer als Schriftführer in der Strafsache gegen Andreas B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, § 148 zweiter Fall StGB, AZ 41 Hv 79/14z (vormals 37 Hv 145/12y) des Landesgerichts Wiener Neustadt, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Andreas B***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 23. Juli 2014, AZ 17 Bs 242/14h, nach Anhörung der Generalprokuratur zu Recht erkannt:

Spruch

Andreas B***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Andreas B***** wurde mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 19. November 2013, GZ 37 Hv 145/12y 116, des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 3, § 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wurde dieses Urteil mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 27. Mai 2014, 15 Os 41/14i (ON 148 der Hv Akten) zu den Punkten A/1 und A/3 des Schuldspruchs, demgemäß auch in der Subsumtionseinheit nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 3, § 148 zweiter Fall StGB, im Strafausspruch sowie in einem Teil des Privatbeteiligtenzuspruchs aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung an das Erstgericht verwiesen. Im Übrigen wurde die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Die Akten wurden vorerst dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über die Berufung gegen den restlichen Teil des Adhäsionserkenntnisses und gegen das Verfallserkenntnis zugeleitet.

Nach dem bislang rechtskräftigen Schuldspruch aus dem ersten Rechtsgang hat Andreas B***** in B***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachstehende Personen durch Täuschung über Tatsachen teils unter Benützung eines falschen Beweismittels zu Handlungen verleitet, die sie oder einen anderen am Vermögen schädigten, wobei er durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte sowie den schweren Betrug (§ 147 Abs 2 StGB) in der Absicht beging, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

A./ Dr. Martina H*****

2./ von Dezember 2009 bis Jänner 2010 in mehreren Angriffen zur Ausfolgung von insgesamt 78.000 Euro durch die Vorspiegelung, dafür EDV Dienstleistungen im Zusammenhang mit Internetshops und „Netzwerken“ zu erbringen (Schaden über 50.000 Euro);

4./ am 4. April 2012 zur Überweisung von 65.000 Euro durch die Vorspiegelung, ihr dafür den Eintritt in einen Pachtvertrag an der Liegenschaft in *****, zu verschaffen;

5./ am 6. April 2012 zur Überweisung von 85.000 Euro durch die Vorspiegelung, sie dafür an einem lukrativen Geschäft im Zusammenhang mit der Anschaffung und Weiterveräußerung eines Pkws der Marke Aston Martin zu beteiligen, wobei er zur Täuschung ein nachgemachtes, vorgeblich von einem Verantwortlichen des Unternehmens A***** stammendes E Mail benützte;

B./ Nicole S***** am 9. März 2012 zur Übergabe von 93.814 Euro durch die Vorspiegelung, dafür EDV Dienstleistungen im Zusammenhang mit Internetshops und „Netzwerken“ zu erbringen (Schaden zum Nachteil der B***** K.S. über 50.000 Euro).

Andreas B***** befindet sich entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt seit 23. Juni 2012 aus den Haftgründen der Flucht und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a, b und c StPO - zeitweise unterbrochen durch die Verbüßung von Verwaltungsstrafen - in Untersuchungshaft.

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 158 der Hv Akten) hat das Oberlandesgericht der gegen den Fortsetzungsbeschluss der Vorsitzenden des Schöffengerichts vom 8. Juli 2014 (ON 151 der Hv Akten) gerichteten Beschwerde nicht Folge gegeben und die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den oben bezeichneten Haftgründen angeordnet.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen fristgerecht erhobene Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Andreas B***** ist nicht berechtigt.

Sie beschränkt sich nämlich darauf, dem Oberlandesgericht unter Hinweis auf die im ersten Rechtsgang erfolgte Aufhebung des erstinstanzlichen Schuldspruchs im Punkt A/1 (Schaden 65.000 Euro) und A/3 (Schaden 60.000 Euro) Willkür bei Prüfung der Angemessenheit der bereits über zwei Jahre andauernden Untersuchungshaft unter Vernachlässigung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK vorzuwerfen.

Demgegenüber stützt sich die Haftfortsetzung durch das Oberlandesgericht ausschließlich auf den im ersten Rechtsgang bereits rechtskräftig gewordenen Teil des Schuldspruchs (A/2, A/4, A/5 und B mit einem die Qualifikationsgrenze des § 147 Abs 3 StGB mehrfach übersteigenden Schaden von jedenfalls über 250.000 Euro), angesichts dessen von einem weiterhin bestehenden dringenden Tatverdacht in Richtung eines Verbrechens nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB ausgegangen wurde (ON 158 S 3 f, 5 f, 11). Nach der Auffassung des Beschwerdegerichts hielt sich die bis zum Zeitpunkt dessen Entscheidung erlittene Untersuchungshaft in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung dieses bereits rechtskräftigen Schuldspruchs und der schon im Hinblick darauf zu erwartenden Strafe (des mehrfach wegen Vermögensdelikten vorbestraften und bereits einige Jahre in Strafhaft gewesenen Angeklagten; ON 158 S 8, 11 f).

Da die in der angefochtenen Entscheidung genannten Gründe für die Notwendigkeit der Fortdauer der Untersuchungshaft angesichts der darin angeführten bestimmten Tatsachen und besonderen Umstände des Einzelfalls vertretbar waren (zum Prüfungsmaßstab vgl RIS Justiz RS0119490 und RS0091237 [T14]) und auch die vorliegende Grundrechtsbeschwerde diesen Gründen keine substantiellen Argumente für eine Verletzung des verfassungsmäßig geschützten Rechts auf persönliche Freiheit entgegensetzt, war sie ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

Rechtssätze
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