JudikaturJustizRS0119490

RS0119490 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
10. September 2014

Die (grundrechtlich geforderte) im österreichischen Strafverfahrensrecht durch den Begriff der Verhältnismäßigkeit bestimmte Angemessenheit der Dauer einer Untersuchungshaft entzieht sich einer schematischen Beurteilung. Bei einer grundsätzlich erst in der Zukunft durch die Strafbemessung feststehenden absoluten Strafdauer ist es schon begrifflich ausgeschlossen, bereits davor einen Bruchteil dieser Größe als angemessene Dauer einer Untersuchungshaft zu bestimmen. Werden in die Untersuchungshaft Ziele und Zwecke einer auf dem rechtskräftigen Schuldspruch basierenden Strafhaft projiziert, käme es zu vorhersehbaren Friktionen mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 MRK. Aus dem Anspruch auf Aburteilung innerhalb angemessener Frist oder auf Haftentlassung lässt sich keine nach Wochen, Monaten oder Jahren zu bemessende absolute Begrenzung ableiten. Vielmehr hängt die Beurteilung der Angemessenheit ihrer Dauer jeweils von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.

Entscheidungen
3