JudikaturJustiz15Ns3/15g

15Ns3/15g – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Februar 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ilkay A***** wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB im Zuständigkeitsstreit des Landesgerichts Klagenfurt und des Landesgerichts Ried im Innkreis betreffend das Verfahren AZ 18 Hv 69/14a des Landesgerichts Klagenfurt gemäß § 38 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der zur Entscheidung über einen Kompetenzkonflikt vorgelegte Akt AZ 18 Hv 69/14a wird dem Landesgericht Klagenfurt zur Vornahme der von § 485 Abs 1 StPO verlangten Prüfung des Strafantrags zurückgestellt.

Text

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis brachte am 14. Oktober 2014 beim Landesgericht Ried im Innkreis zu AZ 9 Hv 89/14m einen Strafantrag gegen Ilkay A***** wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB ein (Tatzeitpunkt: 18. September 2014; ON 3).

Mit Strafantrag vom 2. Dezember 2014 legte die Staatsanwaltschaft Klagenfurt diesem Angeklagten ebenfalls ein als Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB beurteiltes Verhalten zur Last (Tatzeitpunkt: 11. Oktober 2014; ON 3 in 18 Hv 69/14a).

Über Antrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt trat das Landesgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 4. Dezember 2014 das Verfahren an das Landesgericht Ried im Innkreis zur Verbindung mit dem dortigen Verfahren AZ 9 Hv 89/14m ab.

Der Einzelrichter des Landesgerichts Ried im Innkreis legte den Akt mit Verfügung vom 8. Jänner 2015 schließlich dem Obersten Gerichtshof gemäß § 38 StPO vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Eine Verbindung von Verfahren setzt im Fall sukzessiver Anklageerhebung nach der Anordnung des § 37 Abs 3 StPO ein bereits anhängiges Hauptverfahren und Rechtswirksamkeit der späteren Anklage voraus (vgl RIS Justiz RS0123445).

Zwar sieht das Gesetz im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts anders als in jenem vor Kollegialgerichten (§ 213 Abs 4 StPO) keine förmliche Beschlussfassung über die Rechtswirksamkeit der Anklage (des Strafantrags) vor. Der Strafantrag ist jedoch vom Einzelrichter amtswegig nach den Kriterien des § 485 Abs 1 Z 1 bis 3 StPO zu prüfen. Führt diese Überprüfung zu einem positiven Ergebnis (weist der Strafantrag also keinen der im Gesetz genannten Mängel auf), hat der Einzelrichter gemäß § 485 Abs 1 Z 4 StPO die Hauptverhandlung anzuordnen, sofern nicht die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach dem 11. oder nach dem 23a. Hauptstück vorliegen.

Schon wegen der mit der Rechtswirksamkeit der Anklage (des Strafantrags) verbundenen rechtlichen Konsequenzen ist der positive Ausgang der Prüfung im Akt unmissverständlich zu dokumentieren. Dies kann etwa durch Amtsvermerk (§ 95 StPO), durch Erlassen einer Strafverfügung oder eben durch die Anordnung der Hauptverhandlung (§ 485 Abs 1 Z 4 StPO) erfolgen, womit die Rechtswirksamkeit des Strafantrags als Voraussetzung für die Einleitung des Hauptverfahrens zum Ausdruck gebracht wird (vgl Wiederin , WK StPO § 4 Rz 71 ff).

Erst nach amtswegiger, aktenmäßig dokumentierter Überprüfung des Strafantrags kann es (mittelbar) zu einem Kompetenzkonflikt im Sinn des § 38 StPO kommen (14 Ns 56/14t; RIS Justiz RS0125311; Oshidari , WK StPO § 38 Rz 2).

Da im vorliegenden Fall der Einzelrichter des Landesgerichts Klagenfurt weder die Hauptverhandlung angeordnet, noch eine Überprüfung des Strafantrags und damit dessen Rechtswirksamkeit auf andere Weise im Akt ersichtlich gemacht hat, war der Akt diesem Gericht zur weiteren Vorgangsweise nach § 485 Abs 1 StPO zurückzustellen.

Dabei wird zu beachten sein, dass eine Verbindung der Verfahren nur solange möglich ist, als im früheren Verfahren das Hauptverfahren noch anhängig ist ( Oshidari , WK StPO § 37 Rz 7; vgl auch RIS Justiz RS0126517).

Rechtssätze
2
  • RS0125311OGH Rechtssatz

    21. März 2024·3 Entscheidungen

    Im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts kann es im Rahmen der von § 485 StPO angeordneten Prüfung der Zuständigkeit nur mittelbar zu einem Kompetenzkonflikt im Sinn des § 38 StPO kommen. Teilt nämlich das Oberlandesgericht die mit Beschluss des Einzelrichters ausgesprochene Einschätzung örtlicher Unzuständigkeit und hält es ein anderes Landesgericht seines Sprengels für örtlich zuständig, so überweist es die Sache dorthin (vgl auch §§ 215 Abs 4 erster Satz, 470 Z 3, 475 Abs 1 StPO). Hält es hingegen keines der in seinem Sprengel gelegenen Landesgerichte für örtlich zuständig, greift § 485 Abs 2 StPO. Zu einem von § 38 StPO erfassten Kompetenzkonflikt kommt es nachfolgend dann, wenn ein anderes Oberlandesgericht aufgrund einer Beschwerde gegen einen nach § 485 Abs 1 StPO gefassten Beschluss die örtliche Zuständigkeit aller in seinem Sprengel gelegenen Landesgerichte bezweifelt oder der Einzelrichter eines nachfolgend angerufenen, im Sprengel eines anderen Oberlandesgerichts gelegenen Landesgerichts seine örtliche Unzuständigkeit sonst rechtswirksam ausspricht. Nach Anordnung der Hauptverhandlung (§ 485 Abs 1 Z 4 StPO) im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts kann es zu einem Kompetenzkonflikt im Sinn des § 38 StPO kommen, wenn der Einzelrichter zur Ansicht gelangt, örtlich nicht (mehr) zuständig zu sein (SSt 61/14). In einem solchen Fall hat er nämlich, wie nach der bis 1. Jänner 2008 geltenden Rechtslage, die Hauptverhandlung abzubrechen und die Abtretung der Sache an das seiner Ansicht nach zuständige Landesgericht zu verfügen.