JudikaturJustiz14Os93/20p

14Os93/20p – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. November 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 2020 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter in Gegenwart des Schriftführers Dr. Koller in der Strafsache gegen ***** G***** wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 3 U 132/19f des Bezirksgerichts Hall in Tirol, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom 21. Februar 2020, GZ 3 U 132/19f 15, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, zu Recht erkannt:

Spruch

Der gemeinsam mit dem Urteil des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom 21. Februar 2020, GZ 3 U 132/19f 15, gefasste Beschluss verletzt im Ausspruch, vom Widerruf der ***** G***** mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 22. Oktober 2019, GZ 23 Hv 87/19d 11, gewährten bedingten Strafnachsicht sowie mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 5. Februar 2020, GZ 36 BE 6/20k 4, gewährten bedingten Entlassung abzusehen und die Probezeiten jeweils auf fünf Jahre zu verlängern, § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Im Umfang der Verlängerung dieser Probezeiten wird der Beschluss ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 23. April 2019, AZ 27 Hv 83/18v, wurde ***** G***** der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt und zu einer – teilweise bedingt nachgesehenen – Geldstrafe verurteilt. Aus dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe des unbedingt verhängten Strafteils wurde der Verurteilte mit (am 22. Februar 2020 in Rechtskraft erwachsenem) Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 5. Februar 2020, AZ 36 BE 6/20k, am 24. Februar 2020 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen (ON 4 und 5 im Akt AZ 36 BE 6/20k des Landesgerichts Innsbruck).

Am 22. Oktober 2019 wurde G***** mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck, GZ 23 Hv 87/19d 11, wegen des Vergehens des Raufhandels nach § 91 Abs 1 erster Fall StGB unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil dieses Gerichts vom 23. April 2019, AZ 27 Hv 83/18v, zu einer Zusatzgeldstrafe verurteilt, deren Hälfte unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Dieses Urteil erwuchs am 26. Oktober 2019 in Rechtskraft (ON 12 im bezughabenden Akt).

Mit Urteil des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom 21. Februar 2020, GZ 3 U 132/19f 15, wurde G***** der am 6. September 2019 begangenen Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (1./) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (2./ und 3./) schuldig erkannt. Mit zugleich ergangenem Beschluss sah das Bezirksgericht (unter anderem) vom Widerruf der zu AZ 23 Hv 87/19d des Landesgerichts Innsbruck gewährten bedingten Strafnachsicht sowie vom Widerruf der zu AZ 36 BE 6/20k des Landesgerichts Innsbruck ausgesprochenen bedingten Entlassung ab und verlängerte die diesbezüglichen Probezeiten jeweils auf fünf Jahre (ON 15 S 3).

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, verletzt der Beschluss des Bezirksgerichts Hall in Tirol in diesem Umfang das Gesetz:

Nach § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung und Verlängerung der Probezeit – abgesehen von hier nicht aktuellen Ausnahmen – nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS Justiz RS0112811, RS0092019).

Da die der angefochtenen Beschlussfassung zugrunde liegenden strafbaren Handlungen begangen wurden, bevor die Probezeiten für die zu G Z 23 Hv 87/19d 11 des Landesgerichts Innsbruck gewährte bedingte Strafnachsicht und die zu GZ 36 BE 6/20k 4 des Landesgerichts Innsbruck gewährte bedingte Entlassung zu laufen begannen (§ 49 StGB), verletzt der Beschluss in diesem Umfang § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Die aufgezeigte Gesetzesverletzung wirkt im Umfang der Verlängerung der Probezeiten zum Nachteil des Verurteilten. Der Oberste Gerichtshof sah sich veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verbinden (§ 292 letzter Satz StPO).