JudikaturJustiz14Os82/02

14Os82/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Jänner 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ernst P***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 5. Oktober 2001, GZ 22 Vr 199/99-80, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst P***** (im zweiten Rechtsgang) des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (idF vor Inkrafttreten des StRÄG 2001) schuldig erkannt. Danach hat er am 21. März 1991 in Bludenz mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung einen (namentlich nicht bekannten) Angestellten der Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank AG, Filiale Bludenz, durch Vortäuschung seiner Verfügungsberechtigung über das anonyme und vinkulierte Sparbuch der Monika M***** mit der Nummer 378 560 314 zur Auszahlung eines Betrages von 595.000 S verleitet, wodurch die Genannte in dieser Höhe an ihrem Vermögen geschädigt wurde.

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 ("iVm Z 9 lit b") StPO.

Rechtliche Beurteilung

Die aus tatsächlicher (Z 5, 5a) und rechtlicher Sicht (Z 10) gegen die Annahme der Schadensqualifikation nach § 147 Abs 3 StGB vorgebrachten Argumente vermögen weder formelle Mängel der Urteilserwägungen noch eine verfehlte rechtliche Subsumtion prozessordnungsgemäß aufzuzeigen.

Zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 5) behauptet Ernst P*****, die Konstatierungen über das Vorliegen des erforderlichen Bereicherungs- und Schädigungsvorsatzes seien unzureichend begründet, weil die Urteilssequenz, wonach es ihm "darum ging", Monika M***** "den Zugriff zu diesem (nach Tschechien transferierten) Geld (von 450.000 Schilling) möglichst zu erschweren" und sie "quasi im Kreis laufen zu lassen, um Zeit zu gewinnen" (US 18), bloß Deduktionselemente in Richtung der Erlangung eines Zinsengewinnes, mithin eines insgesamt die maßgebliche Wertgrenze nicht übersteigenden Verzögerungsschadens zulasse. Der Nichtigkeitswerber übergeht bei diesem Einwand jedoch, dass sich die selektiv ins Treffen geführte Passage der Entscheidungsgründe - im Kontext gelesen (US 17 ff) - auf sein Verhalten im Rahmen der von Monika M***** (erst) im Jahr 1996 unternommenen Schritte zur Rückerlangung der relevierten Summe bezieht. Demgegenüber war der inkriminierte Betrug bereits mit dem Übergang des Realisats aus dem gegenständlichen Sparbuch von 595.000 S in das Vermögen des Beschwerdeführers am 21. März 1991 vollendet. Von einem nichtigkeitsbegründenden Widerspruch der Feststellungen kann daher keine Rede sein.

Dem weiteren Beschwerdeeinwand zuwider hat das Schöffengericht die vom Angeklagten gewählte Darstellung über das angebliche Bestehen kompensabler Gegenforderungen (in Höhe von 145.000 S) ausdrücklich berücksichtigt. Es hat aber diese Verantwortungslinie im Einklang mit den Denkgesetzen, insbesondere auf Grund der für überzeugend erachteten Aussage der Zeugin Monika M***** im Zusammenhalt mit dem Fehlen schriftlicher Aufzeichnungen hierüber, abgelehnt (US 14 ff). Da die Tatrichter die (durch eine Quittung dokumentierte) vorangegangene Darlehensgewährung von 10.000 S durch Ernst P***** ebenso ausdrücklich in den Kreis ihrer Erwägungen einbezogen haben (US 8 f iVm S 89/I), liegt auch insoweit keine Unvollständigkeit vor. Indem der Beschwerdeführer einzelnen Argumenten der Beweiswürdigung (wie etwa einem im Urteil erwähnten, mängelfrei für unglaubwürdig erachteten Detail der Aussage des Zeugen Dr. Ivan P***** in Bezug auf eine angeblich ihm gegenüber erfolgte Äußerung des Angeklagten über die Eigentumsverhältnisse des Treuhandgeldes - US 16 iVm S 267/II) spekulativ für ihn günstigere Erklärungsmöglichkeiten gegenüberstellt, ficht er in Wahrheit bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung an, ohne einen Begründungsfehler darzulegen. Nach Prüfung der Akten an Hand der Ausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5a) ergeben sich für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch tragenden Tatsachenfeststellungen. Die diesbezüglichen Einwände des Angeklagten erschöpfen sich vielmehr erneut - mit teils vom Erstgericht zwar erwogenen, indes nicht zu seinen Gunsten berücksichtigten hypothetischen Argumenten (wie das Monika M***** unterstellte Motiv für eine mögliche unrichtige Belastung US 14) - in einer prozesordnungswidrigen Kritik an der den Tatrichtern vorbehaltenen Abwägung der Verfahrensresultate. Durch eine von jener des Schöffengerichtes abweichenden Interpretation der Angaben dieser Zeugin sowie des Zeugen Dr. Ivan P***** - bei gleichzeitiger Außerachtlassung der als Grundlage für den Schuldspruch herangezogenen Beweisergebnisse - zielt der Nichtigkeitswerber darauf ab, seiner formell begründet verworfenen Einlassung, den Teilbetrag von 450.000 S für Monika M***** in ihrem Auftrag in Tschechien veranlagt zu haben, mit dem Hinweis auf die im Urteil (wenngleich nicht in seinem Sinne) verwertete Verwendung des Namens M*****" bei Errichtung des Treuhandvertrages über die Verwaltung der Einlage (US 6 f, 14) zum Durchbruch zu verhelfen.

Die (sachlich aus der Z 9 lit b erhobene) Rechtsrüge verfehlt die prozessordnungsgemäße Darstellung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes, weil sie einerseits unzulässigen die Konstatierungen zur objektiven und subjektiven Tatseite des bewirkten Vermögensschadens bekämpft und andererseits unter der (urteilsfremden) Prämisse der Herbeiführung eines 500.000 S nicht übersteigenden Vermögensnachteils das Vorliegen des Strafaufhebungsgrundes der Verjährung releviert.

Schließlich übersieht Ernst P***** bei seinem gegen die Beurteilung des festgestellten Sachverhalts als Betrug (und nicht als Veruntreuung) gerichteten und auf der urteilsfremden Behauptung einer Alleingewahrsamseinräumung an dem Sparbuch durch die Berechtigte beruhenden Vorwurf (Z 10) die Bindung des Schöffensenates an die im ersten Rechtsgang vom Obersten Gerichtshof ausgesprochene Rechtsansicht: Für die kassatorische Entscheidung war nämlich relevant, dass der Sachverhalt vom Erstgericht rechtsirrtümlich unter den Tatbestand der Untreue subsumiert wurde, weil die konstatierte Liquidierung des vinkulierten Sparbuchs eine Überprüfung des Verhaltens des Angeklagten unter dem Gesichtspunkt betrügerischen Handelns erforderte (GZ 14 Os 109/00-6 = ON 65/II). Da sich die im erneuerten Verfahren festgestellte Sachverhaltsbasis gegenüber jener des ersten Rechtsgangs nicht geändert hat, der Entscheidungsgegenstand im zweiten Rechtsgang mithin derselbe geblieben ist, war das erkennende Gericht an die für das aufhebende Erkenntnis maßgeblich gewesene Rechtsmeinung des Obersten Gerichtshofes gebunden (§ 293 Abs 2 StPO; Ratz WK-StPO § 293 Rz 11; Foregger/Fabrizy StPO8 Rz 2; Mayerhofer StPO4 E 21 swN, je zu § 293). Um eine unterschiedliche Lösung desselben Rechtsproblems in derselben Rechtssache durch das Höchstgericht zu vermeiden, entfaltet die im vorangegangenen Nichtigkeitsverfahren vom Obersten Gerichtshof entschiedene Rechtsfrage (hier: die Beurteilung des - identen - Sachverhaltes als Betrug) auch gegenüber diesem selbst Bindungswirkung. Auf eine nochmalige - unzulässige (§ 293 Abs 4 StPO) - Anfechtung derselben Rechtsfrage ist daher sachlich nicht (mehr) einzugehen (Mayerhofer aaO § 285d E 2).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die beiderseitigen Berufungen resultiert (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

Rechtssätze
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