JudikaturJustiz14Os46/08h

14Os46/08h – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Mai 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Mai 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Klaus als Schriftführer in der Strafsache gegen Angelika B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB, über die von der Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 5. Dezember 2007, GZ 38 Hv 210/07b 25, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur Generalanwältin Mag. Wachberger, jedoch in Abwesenheit der Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 5. Dezember 2007, GZ 38 Hv 210/07b 25, verletzt in der rechtlichen Unterstellung der festgestellten Tatsachen auch unter §§ 147 Abs 1 Z 1 erster und vierter Fall und 148 zweiter Fall StGB das Gesetz in diesen Bestimmungen.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in der rechtlichen Unterstellung der Taten unter §§ 147 Abs 1 Z 1 und 148 zweiter Fall StGB und demnach auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe :

Mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 5. Dezember 2007, GZ 38 Hv 210/07b 25, wurde Angelika B***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 (erster und vierter Fall), 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach dem unbekämpft gebliebenen Schuldspruch hat Angelika B***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung qualifizierter Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte nachgenannter Beherbergungsbetriebe durch Vorgabe ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zur Vermietung von Zimmern verleitet, wobei sie „zur Unterstützung der Täuschung jeweils die Meldezettel (richtig: Gästeblätter iSd § 10 MeldeG) mit falschen Namen ausfüllte bzw falsche Wohnsitze angab, sohin unter Benützung einer falschen Urkunde und eines falschen Beweismittels", und zwar

1.) am 27. April 2007 in W***** Angestellte des Hotels N*****, wobei sie im Meldezettel den Namen Angelika R***** anführte (Schaden 435 EUR);

2.) am 8. Mai 2007 in Kufstein Angestellte des Hotels G*****, wobei sie im Meldezettel eine falsche Wohnadresse anführte (Schaden 348 EUR);

3.) am 18. September 2007 in W***** Helga V*****, wobei sie im Meldezettel den Namen Anna U***** anführte (Schaden 600 EUR);

4.) am 2. Oktober 2007 in W***** Angestellte des Gasthofs N***** (Schaden 174 EUR).

Das Erstgericht traf - soweit hier wesentlich - folgende Feststellungen:

„Nachdem sie (Angelika B*****) nach ihrer Haftentlassung kurz bei Bekannten wohnen konnte, entschloss sie sich mangels weiterer Wohnmöglichkeit und infolge Einkommenslosigkeit durch die spruchgemäßen Einmietbetrügereien zumindest ein Nebeneinkommen zu verschaffen, indem sie jeweils zum Einmietzeitpunkt vorhatte, die Kosten für die Einmietung nicht zu bezahlen, da sie über kein Vermögen und Einkommen verfügte. Hiebei entschloss sie sich, in den ersten drei spruchgemäßen Fällen, ihren Meldeschein jeweils mit einem falschen Namen auszufüllen, was ihr lediglich im vierten Faktum nicht gelang, da sie unverzüglich bei der Einmietung um ein Personaldokument gefragt wurde."

In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht zudem aus: „Sie hat jeweils vorsätzlich gehandelt bzw. darüber hinaus hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeit mit Absicht. Infolge jeweiliger Verwendung von falschen Namen sowie einer falschen Wohnadresse (Faktum 2.), um nicht entdeckt bzw. verfolgt werden zu können, welche Vorgangsweise lediglich im letzten Faktum Nr. 4. von ihr nur deshalb nicht durchgeführt werden konnte, da der Vermieter von ihr einen Personalausweis verlangte, liegt mithin auch die Qualifikation des gewerbsmäßig schweren Betruges vor."

Dieses Urteil steht - wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB ist nur derjenige strafbar, welcher eines oder mehrere der dort genannten Beweismittel oder ein unrichtiges Messgerät nicht bloß anlässlich , sondern gerade zur Täuschung benützt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der in concreto schadenskausale Irrtum des Getäuschten tatsächlich auf die Benützung des Falsifikats zurückzuführen ist. Es genügt, dass der Täter dem zu Täuschenden die Urkunde mit einer darauf gerichteten Zielvorstellung zugänglich macht, mag dieser auch vom Urkundeninhalt gar keine Kenntnis nehmen (RIS Justiz RS0094510).

Zu einer solchen Verknüpfung der Benützung der Gästeblattfalsifikate mit der betrugsbegründenden Täuschungshandlung und zu einem auf den Einsatz falscher Urkunden (Schuldspruchfakten 1 und 3) oder eines falschen Beweismittels (Schuldspruchfaktum 2; vgl aber die Urteilsfeststellung US 5, wonach die Verurteilte den „Meldeschein" auch in diesem Fall mit falschem Namen „ausgefüllt" haben soll) als Mittel zur tatbestandsrelevanten Täuschung gerichteten Vorsatz der Angeklagten (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 147 Rz 14) sind dem Urteil aber keine Feststellungen zu entnehmen. Im Urteil wird vielmehr ein sachverhaltsmäßiger Bezug der Falschangaben zum Zweck der Vereitelung von Verfolgungsschritten hergestellt (US 6).

Mangels Vorliegens von die Qualifikation nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB tragenden Konstatierungen ist die Annahme der Qualifikation des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach § 148 zweiter Fall StGB schon aus diesem Grund verfehlt. Im Übrigen würden auch die Feststellungen, wonach sich die Angeklagte entschloss, sich „zumindest ein Nebeneinkommen zu verschaffen" und wonach sie „hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeit mit Absicht" handelte, für die angesprochene Subsumtion nicht ausreichen, stellt doch § 70 StGB auf die Absicht ab, sich durch die wiederkehrende Begehung von (schwerem) Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Da der Verurteilten diese Rechtsfehler zum Nachteil gereichen, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, das Urteil im aufgezeigten Umfang aufzuheben und im Umfang der Aufhebung die neue Verhandlung und Entscheidung anzuordnen (§ 292 letzter Satz StPO).

Anzumerken ist, dass die Strafbemessungserwägung des Erstgerichts, wonach „der Angeklagten nicht nur fortgesetzte und wiederholte strafbare Handlungen zur Last liegen, deren Fortsetzung lediglich durch Inhaftierung unterbunden werden konnte", sondern sie auch verdächtig sei, „ein weiteres Einmietbetrugsfaktum am ... begangen zu haben, wobei die deutschen Behörden um Übernahme der Strafverfolgung ersucht worden sind" (US 7), der Unschuldsvermutung nach Art 6 Abs 2 MRK widerstreitet.

Weiters ist zu bemerken, dass mit der Verwendung eines Falschnamens beim Ausfüllen und Unterfertigen eines zur Erfüllung der Meldepflicht nach dem MeldeG vorgesehenen Gästeblatts (§§ 5 Abs 1, 10 MeldeG) eine Urkunde iSd § 223 Abs 1 StGB hergestellt wird. Deren Weitergabe an Unterkunftgeber, die Meldebehörde oder den Inhaber eines Beherbergungsbetriebs ist - bei Vorliegen des deliktsspezifischen Vorsatzes - ein Gebrauch derselben iSd § 223 Abs 2 StGB (vgl Kienapfel/Schroll in WK2 [2006] § 223 Rz 269; Kirchbacher/Presslauer in WK2 [2006] § 147 Rz 22a; 15 Os 52/04).

Rechtssätze
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