JudikaturJustiz14Os28/14w

14Os28/14w – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Mai 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Mai 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fellner als Schriftführer in der Strafsache gegen Thomas M***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB iVm § 161 Abs 1 erster Satz StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 21. Oktober 2013, GZ 51 Hv 28/12w 62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde Thomas M***** mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB iVm § 161 Abs 1 erster Satz StGB (A/I) sowie des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 2 (zu ergänzen: Abs 5 Z 4) StGB iVm § 161 Abs 1 erster Satz StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er in T***** als Geschäftsführer der M-B*****gesellschaft mbH

(A) I) zwischen 2009 und April 2011 einen Bestandteil des Vermögens der genannten Gesellschaft beiseite geschafft und deren Vermögen wirklich verringert und dadurch die Befriedigung wenigstens eines von deren Gläubigern, „und zwar zumindest der NÖ GKK, des Finanzamtes Baden-Mödling und des Abfallwirtschaftsverbandes“ vereitelt oder geschmälert, indem er ohne betriebliche Veranlassung aus dem Vermögen der Gesellschaft 84.000 Euro für private Zwecke entnahm und persönliche Strafen in Höhe von 6.270 Euro bezahlte, wobei er durch die Tat einen Schaden von 90.270 Euro herbeiführte;

(B) …

(C) von Jänner 2010 bis April 2011 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der genannten Gesellschaft grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines von deren Gläubigern, „und zwar zumindest der NÖ GKK, des Finanzamtes Baden-Mödling und des Abfallwirtschaftsverbandes“ dadurch vereitelt oder geschmälert, dass er kridaträchtig handelte, indem er es entgegen den Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens unterließ, Geschäftsbücher oder geschäftliche Aufzeichnungen zu führen oder so führte, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der M-B*****gesellschaft mbH erheblich erschwert wurde, oder sonstige geeignete und erforderliche Kontrollmaßnahmen, die ihm einen solchen Überblick verschafft hätten, unterließ.

Rechtliche Beurteilung

Die ausdrücklich (nur) gegen diese Schuldsprüche A/I sowie C und nominell ausschließlich aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Indem die Rüge zum Schuldspruch A/I der Sache nach einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) zufolge Fehlens von Konstatierungen zur Erkennbarkeit eines befürchteten Forderungsausfalls zum Nachteil der Gläubiger der M-B*****gesellschaft mbH durch die Taten des Angeklagten vermisst, übergeht sie prozessordnungswidrig (vgl RIS Justiz RS0099810) den diesem Vorbringen entgegenstehenden Urteilssachverhalt (US 7).

Weshalb fallaktuell der festgestellte - auf Vermögensverringerung und dadurch bewirkte Verletzung von Befriedigungsrechten von Gläubigern gerichtete Vorsatz des Angeklagten nicht ausreiche (der Sache nach Z 9 lit a) und sich auf konkret zu nennende Gläubiger beziehen müsse, leitet die Rüge nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (vgl zum entsprechenden Erfordernis RIS-Justiz RS0116569 und im Übrigen Kirchbacher in WK 2 StGB § 156 Rz 21).

Wann die im Referat der entscheidenden Tatsachen konkret genannten drei Gläubiger mit welchen Beträgen „angedrängt haben“, betrifft weil die Frage nach erfolgter Forderungsinitiative eines Gläubigers (vgl Kirchbacher in WK 2 StGB § 156 Rz 19a) lediglich für die Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter betrügerischer Krida von Bedeutung sein kann - keine entscheidende Tatsache (vgl RIS-Justiz RS0122137 [T7]).

Im Übrigen reicht zur Vollendung der hier in Rede stehenden Tatbestände schon die Benachteiligung eines Gläubigers aus ( Kirchbacher in WK 2 StGB § 156 Rz 19, § 159 Rz 79) und haben die Tatrichter die Forderungsinitiative ohnedies durch die Feststellung, wonach im Verfahren über den (am 18. Februar 2013 aufgehobenen; US 7) Konkurs der M-B*****gesellschaft mbH Forderungen über mehr als 1.300.000 Euro angemeldet wurden (von denen 1.172.654,28 Euro anerkannt wurden; US 5), deutlich zum Ausdruck gebracht (vgl auch das zur Begründung herangezogene [US 10] Gutachten des Sachverständigen, wonach neben anderen Gläubigern zum Beispiel die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse über 120.000 Euro, das Finanzamt Baden-Mödling über 350.000 Euro, der Gemeindeverband für Abfallwirtschaft über 10.000 Euro oder auch der Magistrat der Stadt Wien über 1.500 Euro als Forderungen jeweils auf Basis von Rückstandsausweisen angemeldet haben, die in der jeweiligen Höhe auch anerkannt wurden; ON 18 S 135 ff lf Nr 8, 12, 14, 81, 83, 84, 85).

Entgegen dem weiteren Einwand stehen die Feststellungen zu den vom Angeklagten „schwarz“ ausbezahlten Überstunden (zumindest 110.378,13 Euro) und den betraglich nicht feststellbaren Zahlungen an Subunternehmen (US 6) zu jenen, wonach der Angeklagte zur Aufbesserung seines monatlichen Geschäftsführergehalts trotz fehlenden Ertrags der M-B*****gesellschaft mbH 84.000 Euro bar behob und persönliche Strafen in Höhe von 6.270 Euro aus dem Unternehmensvermögen zahlte (US 6 f), nicht im Widerspruch (Z 5 dritter Fall). Soweit die Rüge diese Behauptung mit dem Vorbringen verknüpft, bei nicht feststellbaren betrieblichen Aufwendungen wären auch die Privatentnahmen nicht nachvollziehbar, bekämpft sie bloß unzulässig nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld die Beweiswürdigung der Tatrichter, die ihre diesbezüglichen Konstatierungen logisch und empirisch einwandfrei auf das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen (ON 60 S 4 ff), die teilweise geständige Verantwortung des Angeklagten und die Aussagen einiger Zeugen zu „Schwarzgeldzahlungen“ gegründet haben (US 10 ff).

Ebenso erschöpft sich die bloße Behauptung, zufolge überschneidender Tatzeiträume sei vorsätzliches Handeln des Angeklagten bei den inkriminierten Barbehebungen mit den Denkgesetzen nicht in Einklang zu bringen (Z 5 dritter Fall), wenn dem Beschwerdeführer zu Punkt C angelastet werde, zufolge mangelhafter Buchführung „keinen zeitnahen Überblick über den wirtschaftlichen Stand des Unternehmens“ gehabt zu haben, in einem unzulässigen Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Im Übrigen würde fahrlässige Tatbegehung nach § 159 Abs 2 StGB nur bei hier nicht gegebenenm (vorsätzliche Entnahme von über 90.000 Euro aus dem Firmenvermögen zu privaten Zwecken einerseits [A I] und Unterlassen der gebotenen Führung von Geschäftsbüchern oder geschäftlichen Aufzeichnungen in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis bestehender Zahlungsunfähigkeit andererseits [C]) einheitlichem Tatgeschehen und Identität des Objekts gegenüber vorsätzlicher Begehung im Sinn des § 156 StGB nach dem Scheinkonkurrenztyp der Subsidiarität zurücktreten (RIS Justiz RS0124805; 14 Os 87/12v).

Schließlich erklärt die Rüge mit ihrer weiteren Kritik zum Schuldspruch A/I, die Feststellungen zur subjektiven Tatseite „werden ohne sachliches Substrat getroffen bzw. keine Begründung wiedergegeben“, nicht, welche über die sachverhaltsbezogenen Konstatierungen (US 7) hinausgehenden Feststellungen zur rechtsrichtigen Beurteilung (Z 9 lit a) erforderlich gewesen wären und übersieht, dass der wie hier von den Tatrichtern gezogene (US 12) Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wissen oder Wollen unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden ist (vgl RIS-Justiz RS0116882).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.