JudikaturJustiz14Os2/21g

14Os2/21g – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Februar 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Nagy im Verfahren zur Unterbringung des Mag. ***** B***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 24. September 2020, GZ 605 Hv 2/19b 138, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Mag. ***** B***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

[2] Danach hat er in der Justizanstalt G***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer anhaltenden wahnhaften Störung,

I/ vom 5. Dezember 2018 bis zum 12. Februar 2019 in acht, im angefochtenen Urteil näher bezeichneten, Fällen Personen, teils auch deren Familienangehörige, durch (im Urteilsspruch einzeln wiedergegebene Formulierungen) gefährlich mit dem Tod oder einer erheblichen Verstümmelung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er Drohbriefe an Behörden verschickte, wobei es ihm darauf ankam, dass die Drohung den Opfern bekannt wird;

II/ vom 27. Oktober 2018 bis zum 4. Februar 2019 in drei, im angefochtenen Urteil näher bezeichneten, Fällen Beamte (im strafrechtlichen) Sinn durch gefährliche Drohung mit dem Tod (mittels im Urteilsspruch einzeln wiedergegebenen Formulierungen) zu Handlungen, nämlich der Wiederaufnahme von Verfahren (1 und 3) oder zu seiner Freilassung (4/b), zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 1 und 4 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen ist nicht im Recht.

[4] Die Besetzungsrüge (Z 1) macht Ausgeschlossenheit der Schöffen mangels Unparteilichkeit (vgl § 43 Abs 1 Z 3 iVm § 46 StPO) geltend, weil diese dem Antrag „auf Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens“ nicht Folge gegeben hätten. Das Vorbringen übersieht, dass die gesetzeskonforme (vgl dazu die folgenden Ausführungen zur Verfahrensrüge) Erfüllung von Dienstpflichten per se nicht geeignet ist, die Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit der Laienrichter in Zweifel zu ziehen (vgl RIS Justiz RS0118445, RS0096805). Gründe für die Annahme, die Schöffen wären auch angesichts allfälliger gegenteiliger Verfahrensergebnisse nicht gewillt gewesen, von einer vorgefassten Meinung über den Fall abzugehen, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf (RIS Justiz RS0096733; zum Ganzen Lässig , WK StPO § 43 Rz 12).

[5] Die Verfahrensrüge (Z 4) scheitert schon daran, dass sie sich nicht auf einen vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung deutlich und bestimmt gestellten Antrag bezieht (RIS Justiz RS0118060). In der am 24. September 2020 gemäß § 276a zweiter Satz StPO wiederholten Hauptverhandlung verwies der Beschwerdeführer nämlich bloß undifferenziert auf seine „Anträge vom letzten Mal“, erhob sie „hiermit zu den Befangenheitsgründen“ und ergänzte sie um – großteils hier nicht relevantes – weiteres Vorbringen (ON 137 S 11 ff). Mit Blick auf seine in der Hauptverhandlung vom 27. Februar 2020 umfangreich zu verschiedenen Personen gestellten Ablehnungsanträge (ON 116 S 11 f, S 17 ff) wurde damit keine eindeutige Willenserklärung formuliert (14 Os 129/04; Ratz , WK StPO § 281 Rz 310 und 313).

[6] Im Übrigen wäre einem (inhaltlich allenfalls gemeinten) Begehren auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen zufolge (behaupteter) fehlender Sachkenntnis des Sachverständigen Dr. ***** J***** (ON 116 S 11 f und ON 137 S 12 f) kein Erfolg beschieden, weil der Beschwerdeführer die gebotene Darlegung formaler Mängel des (zuvor bereits schriftlich und mündlich erstatteten) Gutachtens (ON 37 und ON 137 S 5 ff) im Sinn des § 127 Abs 3 StPO unterließ (RIS Justiz RS0117263). Die Geltendmachung eines dieses Gutachten betreffenden Beweisverbots stand dem Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht mehr zu ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 351/4 und 373).

[7] Zur Frage der Befangenheit des Sachverständigen in der Nichtigkeitsbeschwerde nachgetragene Argumente unterliegen dem Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618). Auf eine vom Beschwerdeführer selbst verfasste „Korrektur zur Nichtigkeitsbeschwerde“ war – zufolge des Grundsatzes der Einmaligkeit der Rechtsmittelausführung – nicht Rücksicht zu nehmen (RIS Justiz RS0100152).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[9] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Rechtssätze
4