JudikaturJustiz14Os140/03

14Os140/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Allmayer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Helmut T***** wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 23. Juni 2003, GZ 21 Hv 63/03b-23, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (welches auch rechtskräftige Freisprüche enthält) wurde Helmut T***** (richtig:) der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG (I.) und der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (II.) schuldig erkannt.

Danach hat er in Linz

I. den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Cannabisharz, in einer großen Menge durch Verkauf an Thomas T***** in Verkehr gesetzt, und zwar

a) zwischen Anfang und Mitte 2001 von mindestens 100 Gramm in mehreren Teilmengen,

b) zwischen Herbst 2001 und Anfang 2002 von insgesamt 1.000 bis 1.400 Gramm;

II. zwischen Ende Dezember 2002 und Anfang Februar 2003 Alexander T***** mehrmals durch die sinngemäße Ankündigung, er werde ihn umbringen, gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Rechtliche Beurteilung

Die auf Z 2, 3, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Zu Unrecht rügt die Beschwerde unter der Z 2 die Verlesung des Protokolls über die am 26. Februar 2003 im Vorverfahren erfolgte Vernehmung des Zeugen Alexander T***** (ON 5) in der Hauptverhandlung (S 206). Denn abgesehen davon, dass nach dem Inhalt dieses Protokolls die vom Zeugen in der von einer Rechtspraktikantin begonnenen Vernehmung gemachten Angaben der (diese Vernehmung fortsetzenden) Untersuchungsrichterin gegenüber in ihrer Richtigkeit bestätigt wurden, sodass ein (absolut) nichtiger Akt gar nicht vorliegt (vgl dazu Ratz in WK-StPO § 281 Rz 177; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 2 E 9), fehlt es für einen Beschwerdeerfolg schon an der formellen Voraussetzung einer unmissverständlich, ausdrücklich und - mangels der behaupteten Behinderung des Verteidigers bei der einverständlichen (S 206) Verlesung - auch rechtzeitig vor dieser erfolgten Verwahrung durch den Beschwerdeführer (Ratz aaO Rz 191; Mayerhofer aaO E 11).

Warum aufgrund des Umstandes, dass statt des Wortlautes der zu II genannten Drohung deren Sinn im Spruch des Erkenntnisses wiedergegeben wurde, die Tat mit einer anderen verwechselt werden könnte (Individualisierung), bleibt unerfindlich. Unter dem Aspekt eines unrichtigen Referates der entscheidenden Tatsachen aber ist der Verfahrensrüge zu erwidern, dass es just auf den Bedeutungsinhalt einer Äußerung und gerade nicht auf deren Wortlaut ankommt (Jerabek in WK2 § 74 Rz 34).

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider haften dem angefochtenen Urteil auch keine Begründungsfehler des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen an. Gründeten doch die Erkenntnisrichter ihre Feststellungen in logisch und empirisch einwandfreier Schlussfolgerung auf die von ihnen im Wesentlichen für glaubwürdig beurteilten Angaben der Zeugen Thomas und Alexander T***** (zum Schuldspruch I. insbesondere anlässlich ihrer ersten Vernehmung vor der Gendarmerie) und erachteten dadurch die (sämtliche angelasteten Straftaten) leugnende Verantwortung des Angeklagten für widerlegt. Dabei mussten sie sich angesichts des gesetzlichen Gebots zu gedrängter Darstellung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - entgegen der Meinung des Nichtigkeitswerbers - nicht auch noch mit der Passage seiner Einlassung gesondert auseinandersetzen, wonach die Brüder Thomas und Alexander T***** ihn zu Unrecht belasteten (S 180).

Von einer Scheinbegründung wegen der vom Schöffengericht im Zusammenhang mit dem formal einwandfreien Argument der Beweiswürdigung, die Brüder T***** hätten „durch das Zugeständnis der Suchtgiftgeschäfte mit dem Angeklagten auch sich selbst" belastet (US 6), verwendeten Formulierung, "dies liegt auf der Hand", kann keine Rede sein. Auch die weitere - durchaus im Einklang mit Denkgesetzen und Lebenserfahrung stehende - Argumentation der Erkenntnisrichter, dass "ein allfälliger Vorteil aus der Nennung auch des Angeklagten als Suchtgiftverkäufer für sie nicht erkennbar ist" (ebenso US 6), bedurfte keiner näheren Begründung.

Die tatrichterliche Erwägung, dass der Angeklagte, möglicherweise ohne von den ihn belastenden Angaben der Brüder T***** Kenntnis zu haben, allein schon auf Grund deren wegen der gemeinsamen Suchtgiftgeschäfte erfolgten Verhaftung solche Angaben befürchtete und solcherart zur inkriminierten Drohung schritt (US 7), erweist sich entgegen der Mängelrüge als logisch und empirisch einwandfrei. Dass die daraus gezogene Schlussfolgerung auch zwingend ist, wird nicht verlangt. Gleiches gilt für die Urteilsannahme, wonach der Angeklagte gegenüber den Erhebungsbeamten durch die Äußerung, „dass er nicht mehr drohen, sondern gleich ausführen werde, weil er für eine Körperverletzung auch keine höhere Strafe bekomme als für eine Drohung", vorangegangene Drohungen eingestanden habe (US 8 oben). Nach Inhalt und Zielrichtung erweist sich das Vorbringen weitgehend nur als Versuch des Angeklagten, die zu seinem Nachteil ausgefallene Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehenen Schuldberufung zu kritisieren, ohne einen Begründungsmangel in der Bedeutung der geltend gemachten Z 5 aufzuzeigen.

Auch mit der Tatsachenrüge (Z 5a) trachtet der Beschwerdeführer insbesondere unter Hinweis auf angebliche Ungereimtheiten und Widersprüche in den im Urteil ausführlich gewürdigten Aussagen der Brüder T***** bezüglich seiner Suchtgiftverfehlungen sowie auf den Umstand, dass außer dem Bedrohten (Alexander T*****) kein Mithäftling die inkriminierte Drohung mitbekommen habe (US 5 ff), seine Täterschaft in Zweifel zu ziehen. Bei Prüfung der Aktenlage an Hand seines Vorbringens ergeben sich daraus jedoch für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der getroffenen entscheidenden Feststellungen.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zunächst undifferenziert und ganz allgemein Konstatierungen zur subjektiven Tatseite, „die über die substanzlos gebrauchten verba legalia hinausgehen", vermisst, erklärt sie sich weder deutlich und bestimmt, noch orientiert sie sich am gesamten Tatsachensubstrat (s insbesondere US 4, 6 f). Der Beschwerdehinweis auf einen angeblichen Mangel an der Darstellung, „wie sich die Wissentlichkeit auf die gesamte - der Verurteilung zugrunde gelegte - (Suchtgift )Menge erstrecken konnte", übergeht die Urteilsdarstellung auf US 6 f.

Warum der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge ferner vermeint, dass zur subjektiven Tatseite bei der gefährlichen Drohung die Feststellung der "Wissenskomponente" fehle, legt er angesichts der von ihm selbst erwähnten, auf US 4 festgestellten „Absicht" des Angeklagten nicht nachvollziehbar dar.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

Rechtssätze
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