JudikaturJustiz14Ns52/18k

14Ns52/18k – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. November 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in der Strafsache gegen Daniel B***** wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG in dem zu AZ 4 U 118/18k des Bezirksgerichts St. Pölten und zu AZ 18 U 242/18p des Bezirksgerichts Linz zwischen diesen Gerichten geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 60 Abs 1 Satz 2 OGH Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Für die Durchführung des Strafverfahrens ist das Bezirksgericht Linz zuständig.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit beim Bezirksgericht Linz eingebrachtem Strafantrag vom 28. Juni 2018 (ON 12) legte die Staatsanwaltschaft Linz Daniel B***** ein „ab ca Mitte Mai 2016 bis … 18. Jänner 2018“ (1) und am 18. Jänner 2018 „in Linz“ (2) gesetztes, als die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG beurteiltes Verhalten zur Last.

Nach der Aktenlage wurde der Angeklagte am 18. Jänner 2018 in Linz im Besitz von losem Substitol retard 200 mg Trägergranulat (Wirkstoff: Morphinsulfat) betreten. Anlässlich seiner Vernehmung durch die Kriminalpolizei gab er dazu an, das Suchtgift (gemeinsam mit einer „Subutex Sublingualtablette“) am selben Tag in Linz erworben zu haben (ON 2; Punkt 2 des Strafantrags) und seit einigen Jahren regelmäßig Substitol und Subutex zu konsumieren (ON 2 S 15; Punkt 1 des Strafantrags). Schon zuvor hatte er in einem zum AZ 20 BAZ 821/16w von der Staatsanwaltschaft St. Pölten wegen des Verdachts (von 2015 bis Juni 2016 begangener) Vergehen nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG gegen ihn geführten – zwischenzeitig gemäß § 192 Abs 1 Z 1 StPO eingestellten (ON 13 S 15) – Ermittlungsverfahren eingeräumt, im genannten Zeitraum Suchtgift zum Eigenkonsum erworben und besessen zu haben (ON 13 S 11 ff). Angaben zum diesbezüglichen Tatort machte der Genannte bei keiner der beiden Befragungen.

Das Bezirksgericht Linz überwies die Sache „gemäß § 37 Abs 2 StPO“ unter Hinweis auf eine im letztgenannten Verfahren durchgeführte Abfrage aus dem Zentralen Melderegister, aus der sich ergab, dass der Angeklagte von 20. März 2014 bis 5. Mai 2017, sohin zu Beginn des von der Anklage umfassten Tatzeitraums, im Bezirk Amstetten polizeilich gemeldet war (ON 14), wegen

örtlicher Unzuständigkeit dem Bezirksgericht St. Pölten (ON 1 S 3 verso). Dieses nahm gleichfalls seine

örtliche Unzuständigkeit an und verfügte gemäß § 38 (dritter Satz) StPO die Vorlage der Akten an den Obersten Gerichtshof (ON 1 S 7).

Für das Hauptverfahren ist – soweit hier von Bedeutung – gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO jenes Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde. Wird eine Person wegen mehrerer Straftaten angeklagt, ist das Hauptverfahren vom selben Gericht gemeinsam zu führen (§ 37 Abs 1 erster Satz StPO). In diesem Fall kommt das Verfahren – soweit hier relevant – gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO jenem Gericht zu, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt. Eine Zuständigkeitsbegründung über die das Ermittlungsverfahren leitende Staatsanwaltschaft kommt im bezirksgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht, weil § 37 Abs 2 dritter Satz StPO auf die ermittlungsführende Staatsanwaltschaft am Sitz des Landesgerichts abstellt (RIS Justiz RS0129078; Oshidari , WK StPO § 37 Rz 6).

Die vom Bezirksgericht Linz vertretene Ansicht, die früheste vom Anklagevorwurf erfasste Tat sei an jenem Ort verübt worden, an dem der Angeklagte zur Zeit ihrer Begehung polizeilich gemeldet gewesen sei, findet im Gesetz keine Stütze; Ausführungsort – also jener Ort, an dem der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen (§ 67 Abs 1 StGB) – eines Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG ist – anders als beim Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB (RIS Justiz RS0127231 [T2]) – nicht immer der Wohnsitz des Täters.

Nach den bisherigen Verfahrensergebnissen (vgl RIS Justiz RS0131309; Oshidari , WK-StPO § 38 Rz 2/1; Bauer , WK-StPO § 450 Rz 2) wurde die früheste dem Angeklagten zur Last gelegte – auch einem bestimmten Tatort zuzuordnende (zur demgegenüber subsidiären Anknüpfung an den Wohnsitz oder Aufenthalt des Angeklagten vgl § 36 Abs 3 zweiter Satz StPO) – Tat vielmehr in Linz begangen (Punkt 2 des Strafantrags). Aus § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO ergibt sich daher die Kompetenz des Bezirksgerichts Linz (vgl auch 11 Ns 66/14s).