JudikaturJustiz13Os98/22v

13Os98/22v – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Dezember 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Seidenschwann in der Strafsache gegen * M* wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 201 Abs 1 und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 3. Juni 2022, GZ 18 Hv 39/22f-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * M* je zweier Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I A und B, Letzteres iVm § 15 StGB) und der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II A und B) sowie eines Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II C) und dreier Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit hier von Bedeutung – in G* * A* *

(I) mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt (A) und zu nötigen versucht (B), und zwar

A) in der Zeit vom 1. Dezember bis zum 27. Dezember 2021, indem er ihr die Hose und die Unterhose vom Körper riss, mit seinen Händen ihre Beine umfasste, diese nach oben drückte, sie mit seinem Körpergewicht fixierte und trotz ihrer verbalen und körperlichen Ablehnung vaginal mit seinem Penis in sie eindrang, sowie

B) am 4. März 2022, indem er ihr trotz ihrer Gegenwehr (US 7) die Hose herunterzuziehen trachtete, sie am Oberarm packte (US 7) und auf eine Couch warf, sie mit seinem Körpergewicht fixierte und sie würgte, um den vaginalen Geschlechtsverkehr zu erzwingen (US 7), wobei er wegen eines Klingelns an der Wohnungstür von seinem Tatplan abließ, weiters

(II) am 28. Dezember 2021 durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, nämlich zur Herausgabe von vermeintlich verstecktem Suchtgift, zu nötigen versucht, und zwar

A) durch Vorhalten eines ca sechs Zentimeter langen Springmessers mit geöffneter Klinge (US 6), und

B) nach der zu II A beschriebenen Tathandlung aufgrund eines neuen Tatentschlusses (US 6) durch erneutes Vorhalten eines ca sechs Zentimeter langen Springmessers mit geöffneter Klinge (US 6) und die Äußerung „Ich töte dich, ich bring dich um, gib mir meine Drogen!“.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 (richtig) lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Indem die Mängelrüge (Z 5) unvollständige Erörterung (Z 5 zweiter Fall) der Aussagen der Zeuginnen BI * P* und Mag. * G* einwendet, diese Aussagen aber ihrerseits sinnentstellend verkürzt wiedergibt, entzieht sie sich einer meritorischen Erledigung (RIS-Justiz RS0116504).

[5] Soweit die Rüge aus diesen – vom Erstgericht umfassend erörterten (US 10 f) – Aussagen sowie aus jener des Zeugen * P*, wonach er am 4. März 2022 keine Hilfeschreie gehört habe (ON 35 S 33), anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StGB) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

[6] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet ihre auf den Schuldspruch II A und B bezogene Behauptung, wonach es absolute Versuchsuntauglichkeit (§ 15 Abs 3 StGB) nach sich gezogen hätte, wenn A* * weder im Tatzeitpunkt noch davor tatsächlich Drogen des Beschwerdeführers versteckt hätte, prozessordnungswidrig nicht aus dem Gesetz ab (RIS-Justiz RS0116565 und RS0116569). Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei hinzugefügt, dass ein absolut untauglicher Versuch im Sinn des § 15 Abs 3 StGB nur dann vorliegt, wenn die Verwirklichung der angestrebten strafbaren Handlung auf die vorgesehene Art bei generalisierender Betrachtung, somit losgelöst von Besonderheiten des Einzelfalls, geradezu denkunmöglich ist und demzufolge unter keinen wie immer gearteten Umständen erwartet werden kann (RIS-Justiz RS0115363 [T1]).

[7] Mit der Argumentation, das „bloße in der Hand halten einer Waffe, ohne, dass zusätzlich besondere Gesten oder Äußerungen hinzutreten“ bedeute „für sich alleine noch keine Drohung mit dem Tod“, strebt die Subsumtionsrüge (Z 10) zum Schuldspruch II A den Wegfall der Qualifikation des § 106 Abs 1 Z 1 StGB an. Sie orientiert sich nicht an den Feststellungen zum – auf der Sachverhaltsebene angesiedelten (RIS-Justiz RS0092437 [T1]) – Bedeutungsinhalt der durch Gesten unter Verwendung einer Waffe geäußerten Drohung als solche mit dem Tod (US 6) und verfehlt deshalb den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[9] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.