JudikaturJustiz13Os82/99

13Os82/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Juli 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juli 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lokay als Schriftführer in der Strafsache gegen Aldas B***** wegen des im Versuchsstadium gebliebenen Verbrechens nach §§ 15 StGB, 28 Abs 2 und Abs 4 Z 3 SMG als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft sowie die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 25. November 1998, GZ 52 Vr 1734/98-54, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, und des Verteidigers Dr. Wampl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben; es werden:

a. im Schuldspruch die rechtliche Beurteilung

b. der Freispruch und

c. der Strafausspruch aufgehoben.

Nach § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird betreffend den Schuldspruch zu Recht erkannt:

Aldas B***** hat durch die im Schuldspruch als erwiesen angenommenen Tatsachen das Verbrechen nach § 28 Abs 2 und Abs 4 Z 3 SMG, teils (hinsichtlich Abs 2 vierter Fall) nur in der Entwicklungsstufe des Versuch nach § 15 StGB als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB begangen.

Nach § 288 Abs 2 Z 1 StPO wird die Sache betreffend den aufgehobenen Freispruch und Strafausspruch zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft verworfen.

Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte werden mit ihren Berufungen auf die Aufhebung des Strafausspruchs verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Aldas B***** wurde des im Versuchsstadium gebliebenen Verbrechens nach §§ 15 (ergänze:) StGB, 28 Abs 2 und Abs 4 Z 3 SMG als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil er Ende März/Anfang April 1998 die gesondert verfolgten Zilvinias Ba***** und Saulius L***** durch seine Aufforderung dazu bestimmt hat, den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, die das 25-fache der Grenzmenge (Abs 6) überschritt, nämlich 1.286,8 Gramm Kokainzubereitung am 4. April 1998 nach Österreich einzuführen und am 5. April 1998 im Gemeindegebiet zwischen Henndorf und Eugendorf an Thomas S***** zu übergeben, wobei es bei der Übergabe (gemeint: bei der weiteren Inverkehrsetzung durch Thomas S*****, US 6) beim Versuch geblieben ist.

Vom weiteren Anklagevorwurf, Aldas B***** habe (den bestehenden Vorschriften zuwider) im März 1998 ca 100 Gramm Kokain und 96 Stück Ecstasy-Tabletten von Litauen nach Österreich eingeführt und in Walls dem gesondert verfolgten Thomas S***** übergeben, wurde er hingegen gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wendet sich einerseits gegen den Freispruch, andererseits gegen die Versuchsqualifikation des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 4 Z 3 SMG sowie gegen das Unterbleiben für die Frage des Vorliegens gewerbsmäßiger Begehung wesentlicher Tatsachenfeststellungen.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.

Die Mängelrüge (Z 5) in Ansehung des Freispruchs weist zutreffend darauf hin, daß die Tatrichter sich nicht mit den ausführlichen Angaben des Zeugen Thomas S***** vor der Sicherheitsbehörde (S 53 ff/I = S 75 in ON 30) und vor dem Untersuchungsrichter (ON 6), die allesamt in der Hauptverhandlung verlesen und dem Zeugen vorgehalten wurden, auseinandergesetzt haben, sondern - ohne Begründung - nur dessen anderslautenden (den Angeklagten nunmehr zu entlastenden) Aussagen in der Hauptverhandlung gefolgt sind (US 8 zweiter Absatz).

Die bloße Erwähnung bisheriger (den Angeklagten belastender) Angaben des Zeugen stellt keine zureichende Erörterung widerstreitender Beweismittelergebnisse dar.

Das Erstgericht hätte nachvollziehbar dartun müssen, aus welchen Gründen es nur den Angaben des Zeugen in der Hauptverhandlung, nicht aber jenen vor der Sicherheitsbehörde und dem Untersuchungsrichter folgt (vgl Mayerhofer StPO4 E 65 zu § 281 Abs 1 Z 5). Der Freispruch war somit aufzuheben.

Aber auch die weitere Argumentation der Staatsanwaltschaft ist zum Freispruch zutreffend, weil nach den Urteilsannahmen der Angeklagte seinem Freund Thomas S***** auf dessen Frage, ob er nicht in Litauen für ihn Suchtgift, insbesondere Kokain besorgen könnte, die Telefonnummer eines in Litauen lebenden Polen bekanntgab, welchen er persönlich kannte und von dem er wußte, daß dieser mit Suchtgift zu tun hatte (US 4 erster Absatz oben). Damit war aber die geförderte Tat wenigstens in den Merkmalen des § 27 Abs 1 SMG hinlänglich individuell bestimmt, weil es ausreicht, daß sie dem Beitragstäter ihrer Art nach und in groben Umrissen bekannt ist und dieser die Übeltat, die er fördert, mit ihren wesentlichen Deliktsmerkmalen (hier: Aus- und Einfuhr sowie Überlassen von Suchtgift, insbesondere Kokain) in seinen Vorsatz aufgenommen hat. Kenntnisse über das weitere Zustandekommen des Geschäftes einschließlich der Menge des Suchtgiftes oder "sonstige Umstände" waren (entgegen der Rechtsmeinung des Schöffengerichts) für einen Tatbeitrag zum letzterwähnten Vergehen nicht erforderlich (vgl Leukauf/Steininger StGB3 RN 49; Kienapfel AT7 E 5 Rz 19; Fabrizy WK Rz 83 und 90; jeweils zu § 12).

Zum Schuldspruch ist die Subsumtionsrüge (Z 10) insoweit berechtigt, als der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen als Bestimmungstäter (auch) die - vollendete - Einfuhr nach Österreich (nach vorheriger Ausfuhr aus Litauen bzw die Einfuhr und Ausfuhr aus anderen Ländern) zu verantworten hat. Ist eine der alternativen Begehungsformen des § 28 Abs 2 SMG (nur) versucht, sind andere hingegen vollendet, so ist die Tat als teils vollendetes, teils versuchtes Verbrechen nach dieser Gesetzesstelle zu beurteilen (vgl Foregger/Litzka/Matzka SMG Anm VI.2. zu § 27, Mayerhofer Nebenstrafrecht E 27 zu § 28 SMG). Davon abgesehen ist die (von der Staatsanwaltschaft unbekämpfte und daher nicht zum Nachteil des Angeklagten korrigierbare) Beurteilung der Tat überhaupt als versucht, obwohl neben der Einfuhr auch das Inverkehrsetzen ausdrücklich festgestellt wurde, verfehlt.

Soweit allerdings die Staatsanwaltschaft das Fehlen von Feststellungen bemängelt, die eine Annahme oder Nichtannahme gewerbsmäßiger Begehung ermöglichen, wird die Rüge nicht zur strafprozeßordnungsmäßigen Darstellung gebracht. Eine gesetzmäßige Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes erfordert nämlich, daß - was die Anklagebehörde aber ungeachtet der sich aus dem Akteninhalt ergebenden Hinweise (vgl insbesondere S 59 f/I) unterlassen hat - genau erläutert wird, welche (im Urteil unberücksichtigt gebliebenen) Verfahrensergebnisse solche Feststellungen indizieren.

Insoweit war daher die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zu verwerfen.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagte auf die Aufhebung des Strafausspruchs (einschließlich der Vorhaftanrechnung) zu verweisen.

Rechtssätze
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