JudikaturJustiz13Os66/22p

13Os66/22p – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Oktober 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Oktober 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Turner in der Strafsache gegen * B* wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Jänner 2022, GZ 36 Hv 39/21y 72a, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 23. Juni 2017 in W* als Entscheidungsträger der O* GmbH mit dem Vorsatz, diese durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verantwortliche der P* sro durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch die Vorgabe der erfolgten Bezahlung des Kaufpreises durch Übermittlung eines ausgefüllten und unterschriebenen (US 4), bei der Bank aber nicht eingereichten Überweisungsbelegs, zur Ausfolgung (US 4) von Baumaterial im Wert von 7.467,47 Euro, somit zu einer Handlung verleitet, die die P* sro im genannten, 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Die Behauptung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen zur Kausalität der Täuschungshandlung des Angeklagten für den Irrtum der Getäuschten wird nicht auf der Basis der – eingangs zusammengefasst dargestellten – Konstatierungen des Erstgerichts (US 4 f) entwickelt. Solcherart verfehlt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die prozessförmige Darstellung des geltend gemachten materiell rechtlichen Nichtigkeitsgrundes (RIS Justiz RS0099810).

[5] Die Sanktionsrüge (Z 11) releviert einen „groben Verstoß gegen die Unschuldsvermutung“ bei der Strafbemessung, weil das Erstgericht den Angeklagten als eine Person, „die nicht bloß einmal, sondern (zumindest) ein weiteres Mal gegen Strafrecht verstoßen hätte“, bewertet habe.

[6] Der kritisierten (in der erstgerichtlichen Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite enthaltenen) Urteilspassage (US 8 f) zufolge habe der Angeklagte es jahrelang vermieden, in der Baubranche selbst als verantwortlicher Geschäftsmann, etwa als handelsrechtlicher Geschäftsführer von Bauunternehmen, zu agieren, sondern sei er regelmäßig im Umfeld und auch im Namen von Unternehmen, die formaliter von unerfahrenen Personen geleitet und in der Folge meist insolvent wurden, als „Projektmanager“, „Berater“ oder in nicht eindeutig erkennbarer Position aufgetreten. Eines dieser Unternehmen sei etwa die M* GmbH. Zu dieser ergebe sich aus dem Bericht der Masseverwalterin , dass sie „zumindest seit Übernahme der Geschäftsführung durch […] * Y* […] offenkundig nur zu betrügerischen Zwecken missbraucht wurde“ und ein Teil der Dienstnehmer angab, vom Angeklagten „eingestellt worden zu sein“ (US 8 f).

[7] Eine Verletzung der in Art 6 Abs 2 MRK normierten Unschuldsvermutung (vgl dazu Grabenwarter/Pabel , EMRK 7 § 24 Rz 139 ff [142]) liegt (im gegebenen Kontext) vor, wenn das Gericht bei der Strafbemessung auf die Begehung einer Straftat als tatsächlichen Anknüpfungspunkt abstellt, die nicht Gegenstand des im angefochtenen Urteil gefällten oder eines sonstigen, rechtskräftigen Schuldspruchs ist (RIS Justiz RS0132357), nicht aber, wenn (wie hier) der Inhalt einer Urkunde wiedergegeben und daraus – nach dem Sinngehalt der relevierten Begründungspassage – bloß auf ein die subjektive Tatseite indizierendes Verhaltensmuster des Angeklagten geschlossen wird (vgl RIS Justiz RS0120765 [insbesondere T5 und T7], RS0128232 und RIS Justiz RS0074684 [T8] sowie Ratz , WK StPO § 281 Rz 725).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[9] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

[10] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.