JudikaturJustiz13Os161/00

13Os161/00 – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schmidt als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter K***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 1. August 2000, GZ 20v Vr 1177/00-48, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Ruza, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Walter K***** wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 12. Februar 2000 in Wien Brigitte P***** dadurch vorsätzlich zu töten versucht hat, dass er ihr ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von etwa 15 cm in das rechte Schulterblatt stieß. Die Geschworenen bejahten die Hauptfrage I in Richtung Mordversuch, demzufolge blieben die Eventualfragen 1 bezüglich versuchten Totschlags, 2 (in Richtung absichtlicher schwerer Körperverletzung) und 3 (nach schwerer Körperverletzung) unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten gegen den Schuldspruch aus Z 5 und 6 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht. Entgegen dem Vorbringen zur Verfahrensrüge (Z 5) wurden durch die Abweisung des vom Angeklagten in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages auf Vernehmung seiner ehemaligen Gattin, Renate K***** als Zeugin, zum Beweis dafür, "dass während des gesamten Ehelebens keine Aggressionstendenzen zum Vorschein gekommen sind und dass daher die Tat nicht aus einer Aggressionstendenz mit dem für das Tatbild des Mordes erforderlichen Vorsatz begangen werden konnte" (S 369), Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Abgesehen davon, dass durch die Verlesung des Akteninhalts (S 369) ohnedies (auch) die Angaben dieser Zeugin vor der Polizei in die Hauptverhandlung eingeflossen sind, wonach der Nichtigkeitswerber während der Ehe nie brutal zu ihr gewesen sei und sie auch nie misshandelt habe (S 95), hat der Schwurgerichtshof in seiner Entscheidungsbegründung gemäß §§ 238 Abs 2, 344 StPO (S 371) zutreffend darauf hingewiesen, dass (die beim Vorfall nicht anwesende) Renate K***** über die Motivlage des Angeklagten zur Tatzeit keine Auskunft hätte geben können. Sein bisher untadeliger Wandel wurde in den Strafzumessungsgründen genannt. Schließlich ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass Beurteilungsgrundlage der Geschworenen nicht nur das - auch Fremdaggressionstendenzen des Angeklagten für möglich erachtende - Gutachten des Sachverständigen Dr. P***** (ON 22, 363 ff), sondern auch die gutächtlichen Ausführungen der psychologischen Sachverständigen Dr. K***** (ON 19) war, in welchem dem Beschwerdeführer kein auffälliges (Fremd )Aggressionspotential, sondern im oberen Durchschnitt gelegene (freilich gehemmte) Selbstaggression bescheinigt und hervorgehoben wird, dass es "offenbar ... in der gegenständlichen Situation eben durch das Vorliegen von bedingten [gemeint wohl: bestimmten] situativen Gegebenheiten (reichlicherer Alkoholkonsum in ungewohntem Ausmaß, sexuelle Versagenssituation, Demütigung in diesem Bereich) zu einem impulsiven Durchbruch von verdrängten aggressiven und affektiven [zu ergänzen: Be-]Strebungen gekommen (ist), wobei die ansonsten im Allgemeinen geübte Anpassung im sozialen Bereich zusammengebrochen ist" (S 193).

Aber auch die Fragestellungsrüge (Z 6), welche die Nichtaufnahme einer die Schuldunfähigkeit des Angeklagten betreffenden Zusatzfrage und einer auf Tatbegehung im Zustand (selbstverschuldeter) voller Berauschung gerichteten Eventualfrage in das Fragenschema moniert, ist unberechtigt.

Denn gemäß § 313 StPO ist eine Zusatzfrage (nach einem Strafausschließlungs- oder Strafaufhebungsgrund) nur dann zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden sind, die - wenn sie als erwiesen angenommen werden - die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben würden.

Abgesehen davon, dass keiner der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen eine schwere Alkoholisierung des Angeklagten bestätigen konnte (S 349, 357 und 361), hat sich dieser nicht einmal selbst mit Volltrunkenheit verantwortet, sondern lediglich behauptet, die Tat im alkoholisierten Zustand begangen zu haben (S 323). Dabei hat er die Vorgänge im Einzelnen und ohne Erinnerungslücken geschildert. Andererseits haben auch die (in der Hauptverhandlung verlesenen bzw erläuterten) psychologischen und psychiatrischen Sachverständigengutachten keinerlei Hinweise auf eine Volltrunkenheit des Angeklagten ergeben. Demnach bestand weder ein Anlass für eine entsprechende Zusatzfrage (Mayerhofer StPO4 § 313 E 29), noch kann aus der Unterlassung einer Eventualfragestellung nach § 287 StGB Nichtigkeit abgeleitet werden (Mayerhofer aaO § 314 E 51). Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war somit zu verwerfen. Das Geschworenengericht verurteilte den Angeklagten nach § 75 StGB (S 391) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Jahren. Dabei wertete es als erschwerend, dass der Angeklagte heimtückisch gehandelt und die Wehrlosigkeit des Opfers ausgenützt hat, als mildernd den bisher untadeligen Wandel und den Versuch der Tat. Dagegen richten sich die Berufungen sowohl des Angeklagten als auch der Staatsanwaltschaft, womit ersterer die Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 41 Abs 1 Z 1 StGB, die Anklagebehörde jedoch deren Erhöhung begehrt.

Beide Berufungen sind nicht im Recht.

Das vom Berufungswerber ins Treffen geführte Geständnis ist ihm nicht als mildernd zu Gute zu halten, da das Zugeben bloßer Tatsachen ohne Eingeständnis der subjektiven Merkmale des strafbaren Verhaltens nach ständiger Judikatur nicht mildernd zu wirken vermag (Leukauf/Steininger Komm3 § 33 RN 9, § 34 RN 26, Mayerhofer StGB5 RN 49a). Einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung hat er auch nicht geleistet.

Für die Annahme, dass die Tat nur aus Unbesonnenheit begangen wurde, bietet die Aktenlage ebensowenig Deckung (S 71, 195) wie für diejenige einer relevanten Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt (S 61, 105, 115, 227).

Insgesamt hat das Geschworenengericht die Strafzumessungsgründe vollständig und richtig erfasst und - entgegen der in der Berufung der Staatsanwaltschaft vertretenen Ansicht - auch ihrem Gewicht entsprechend gewürdigt. Die Strafe trägt sämtlichen Aspekten der Täterpersönlichkeit und der Tatumstände Rechnung, so dass zu einer Veränderung kein Anlass besteht.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle.