JudikaturJustiz13Os138/15s

13Os138/15s – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Jänner 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zabl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stefan K***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und 2 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen, AZ 9 Hv 59/15w des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 17. Juni 2015 (ON 11) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Staatsanwältin Mag. Wenger, des Angeklagten Stefan K***** und seines Verteidigers Dr. Langeder zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 9 Hv 59/15w des Landesgerichts für Strafsachen Graz verletzt das Urteil dieses Gerichts vom 17. Juni 2015 (ON 11) § 142 Abs 2 StGB.

Es werden dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Strafe (einschließlich der Entscheidung über die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher) und der zugleich ergangene Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht sowie auf Absehen vom Widerruf einer weiteren bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung der Probezeit aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 17. Juni 2015 (ON 11) wurde Stefan K***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und 2 StGB, mehrerer Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB sowie der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB, des Hausfriedensbruchs nach § 109 Abs 1 StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB „nach § 142 Abs 2 StGB“ zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt (US 2), wobei das Erstgericht einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe annahm (US 6).

Von der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher wurde verfehlt in Beschlussform (RIS Justiz RS0101735; Murschetz , WK StPO § 435 Rz 3) unter Heranziehung des § 22 Abs 2 StGB abgesehen (US 3, 7).

Zugleich erging der Beschluss (US 2 f) auf Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts Leoben vom 4. Februar 2013, AZ 10 Hv 2/13k, hinsichtlich einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe gewährten bedingten Nachsicht (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) sowie auf Absehen vom Widerruf der mit Urteil des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 20. März 2014, AZ 6 U 257/13h, hinsichtlich einer zweimonatigen Freiheitsstrafe gewährten bedingten Nachsicht (§ 494a Abs 1 Z 2 StPO) unter Verlängerung der diesbezüglichen Probezeit auf fünf Jahre (§ 494a Abs 6 StPO).

Der Angeklagte ließ das Urteil und den zugleich ergangenen Beschluss unbekämpft, die Staatsanwaltschaft erhob gegen das Absehen von der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher Berufung (ON 14).

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 23 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, verletzt das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 17. Juni 2015 (ON 11) das Gesetz:

Nach § 142 Abs 2 StGB ist, wer einen Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begeht, wenn die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und es sich um keinen schweren Raub (§ 143 StGB) handelt, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

Da das Landesgericht für Strafsachen Graz mit Blick auf den Schuldspruch zwar zu Recht davon ausging, dass die Strafe im Sinn des § 28 Abs 1 zweiter Satz StGB nach § 142 Abs 2 StGB zu bestimmen ist (US 2), dabei aber eine Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe annahm (US 6), verletzte es somit das Gesetz, obwohl die ausgesprochene Sanktion innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens lag (12 Os 134/12s, SSt 2012/72; RIS Justiz RS0099762).

Zumal eine dem Angeklagten nachteilige Wirkung der Gesetzesverletzung nicht auszuschließen ist, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, den Strafausspruch (einschließlich [§ 435 Abs 2 StPO] der Entscheidung über die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher) aufzuheben (§ 292 letzter Satz StPO).

Dies hatte die Aufhebung des zugleich ergangenen, vom Bestand des Strafausspruchs abhängigen Beschlusses über den Widerruf bedingter Strafnachsichten zur Folge (vgl RIS Justiz RS0101886).

Die Berufung der Staatsanwaltschaft ist aufgrund der Aufhebung des Strafausspruchs gegenstandslos.