JudikaturJustiz13Os135/78

13Os135/78 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. November 1978

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.November 1978

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Eduard A und andere wegen des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von den Angeklagten Eduard A und Alfred B gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Krems an der Donau vom 30.Mai 1978, GZ. 9 Vr 909/77-36, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Proksch für den Angeklagten Eduard A und Dr. Oehlzand für den Angeklagten Alfred B und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen - ebenso wie der gesamte Wahrspruch der Geschwornen - unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der den Angeklagten Eduard A und Alfred B zu Punkt A/2 und B/2

des Urteilsspruches zur Last liegenden Tathandlungen unter den § 83 Abs. 2 StGB und demgemäß auch im Ausspruch über die von den beiden Angeklagten verwirkten Strafen aufgehoben und im Umfang dieser Aufhebung gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

1. Der Ausspruch, Eduard A und Alfred B haben auch das Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB begangen, wird aus dem Urteil ausgeschieden;

2. Eduard A und Alfred B werden für das ihnen nach den Punkten A/1 und B/1, sowie A/2 und B/2 zur Last fallende Verbrechen der Notzucht nach dem § 201 Abs. 1

StGB gemäß dieser Gesetzesstelle zu Freiheitsstrafen, und zwar Eduard A in der Dauer von 4 (vier) Jahren und Alfred B in der Dauer von 2 1/2 (zweieinhalb) Jahren sowie beide gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Die Aussprüche über die Vorhaftanrechnung und die geltend gemachten privatrechtlichen Ansprüche werden aus dem Ersturteil übernommen. Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen. Mit ihren Berufungen werden beide Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihnen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Eduard A und Alfred B des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB schuldig erkannt.

Das Urteil gründet sich auf den Wahrspruch der Geschwornen, welche die für die beiden Angeklagten gemeinsam in Richtung des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs. 2 StGB gestellte Hauptfrage I sowie die nur für den Angeklagten Eduard A wegen dieses Verbrechens gestellte Eventualfrage I jeweils einstimmig verneinten, hingegen die für Alfred B und Eduard A getrennt wegen des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs. 1

StGB gestellten Eventualfragen II (B) und IV (A) und ebenso die für die beiden Angeklagten gleichfalls gesondert wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB (im Fall B als Bestimmungstäter nach dem § 12 StGB) gestellten weiteren Eventualfragen III (B) und V (A) einstimmig bejahten. Weitere Fragen waren nicht gestellt worden.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit getrennt ausgeführten teils ziffernmäßig, teils der Sache nach auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 6, 7, 8 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.

Der Angeklagte A rügt mit seiner Beschwerde zunächst aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 6 des § 345 Abs. 1

StPO die Unterlassung der Stellung einer Eventualfrage an die Geschwornen in Richtung des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB und vertritt hiebei die Auffassung, das Verfahren habe Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Angeklagten von vornherein nicht erwartet hätten, es bedürfe mehr als bloß einer 'gewissen Einwirkung', um das Opfer zur Gestattung des Geschlechtsverkehrs zu bestimmen, die vom Angeklagten A versetzten Ohrfeigen und Schläge seien nur Mittel zur Willensbeugung gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist entgegenzuhalten, daß es insoweit nur darauf ankommt, welche Ergebnisse die Hauptverhandlung zur tatsächlichen Art der Überwindung des den Tätern geleisteten Widerstandes erbrachte. Hiebei unterscheiden sich die Tatbilder der Verbrechen nach dem § 201 Abs. 1 StGB und dem § 202 Abs. 1 StGB in ihrer Begehungsform 'mit Gewalt' voneinander dadurch, daß im ersten Fall unter 'Gewalt' der Einsatz physischer Kraft auf solche Weise zu verstehen ist, daß es zur Widerstandsunfähigkeit des Opfers kommt, d.h. ihm Widerstand unmöglich, aussichtslos oder unzumutbar erscheinen läßt, während im Fall des Verbrechens nach dem § 202 Abs. 1 StGB die Gewaltanwendung bloß der Beugung des zunächst entgegenstehenden Willens des Opfers zu dienen braucht.

Vorliegend brachten die beiden Angeklagten nach ihrer eigenen Verantwortung in der Hauptverhandlung am 11.Juli 1977 die damals 25- jährige Anna C im bewußten und gewollten Zusammenwirken in der Absicht, mit ihr geschlechtlich zu verkehren, mit dem PKW. an eine abgelegene Stelle bei Krems, wobei sie auch die Möglichkeit einer gewaltsamen Durchsetzung ihres Vorhabens in ihre Erwägungen einbezogen und deshalb die Frau von vornherein im Fond des nur zweitürigen Fahrzeuges Platz nehmen ließen.

Dort angekommen, fiel zuerst Eduard A über C her und schlug sie nicht bloß mehrfach ins Gesicht, sondern riß ihr auch gewaltsam der Reihe nach die Kleider vom Leib und zwängte ihr sodann, sie mit einer Hand am Rücksitz festhaltend, gewaltsam die Beine auseinander, indem er ihr mit den Fingern der anderen Hand tief in die Scheide fuhr. Nachdem es bei ihm zu keiner Steifung des Gliedes gekommen war, überließ er die zitternde, weinende und keinen Widerstandswillen mehr besitzende Frau dem Alfred B, der ihre Hände festhielt und an ihr einen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguß vollzog. Die von beiden Angeklagten als Mittäter zu verantwortende Gewaltanwendung stellt sich daher in der Gesamtheit ihrer Ausdrucksformen als solche dar, welche unmittelbar darauf gerichtet war, den Körper des Opfers in überwindung der Gegenwehr in eine zur Durchführung des Beischlafes geeignete Stellung zu bringen und den Widerstand gewaltsam zu brechen: Eine Eventualfrage in Richtung des eine bloße Willensbeugung voraussetzenden Tatbestandes des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB war nach der Verantwortung der Angeklagten im Sinn des § 314 Abs. 1 StPO nicht indiziert. Aber auch von Anna C als einziger Tatzeugin in der Hauptverhandlung wurden keine Tatsachen vorgebracht, nach denen, würden sie als erwiesen angenommen, die Tat nur nach dem § 202 Abs. 1 StGB zu beurteilen gewesen wäre. Die Angaben dieser - vom psychiatrischen Sachverständigen als debil eingestuften - Zeugin gingen nämlich im wesentlichen dahin, daß die Attacken der beiden Angeklagten in umgekehrter Reihenfolge stattgefunden hätten; zuerst habe B mit ihr geschlechtlich verkehrt, anschließend - der sie schlagende - A zuerst sein Glied und dann seine Finger in ihre Scheide eingeführt. Nach der Darstellung dieser Zeugin hinwieder habe B selbst (der nur insoweit 'keine Gewalt anwendete', als er sie nicht schlug) ihr mit seinen Füßen gewaltsam die Beine auseinandergedrückt und sie so 'eingezwickt' und festgehalten, daß sie zur Gegenwehr unfähig war, während A ihn nicht nur durch den Zuruf, er möge 'in sie hineinfahren, daß es sie zerreiße', zu der Tat bestimmt, sondern ihre Gegenwehr gegen ihn selbst durch Schläge ins Gesicht und Auseinanderziehen ihrer Beine gebrochen habe. Auch die genannte Zeugin bekundete demnach einen Vorgang, wie er den Tatbildvoraussetzungen des § 201 Abs. 1 StGB, nicht aber bloß jenen des § 202 Abs. 1 StGB entspricht, weshalb auch unter dem Gesichtspunkt dieser Zeugenaussage für eine Fragestellung in Richtung des Verbrechens nach der letztgenannten Gesetzesstelle kein Raum blieb.

Entgegen der Meinung des Angeklagten A wurde somit durch Unterlassung der Stellung einer Eventualfrage wegen des Verbrechens nach dem § 202 Abs. 1 StGB das Gesetz in den Vorschriften der § 312 bis 317 StPO nicht verletzt, weshalb auch der angezogene Nichtigkeitsgrund der Z. 6 des § 345 Abs. 1 StPO nicht vorliegt. Soweit dieser Angeklagte im Zusammenhang damit - insoweit auch den Nichtigkeitsgrund der Z. 8 der genannten Gesetzesstelle relevierend - dem Erstgericht vorwirft, sich auch in der Rechtsbelehrung nicht mit dem Tatbild des § 202 Abs. 1 StGB auseinandergesetzt zu haben, genügt es, ihm zu erwidern, daß die schriftliche Rechtsbelehrung nur die in den gestellten Fragen aufscheinenden Rechtsbegriffe, nicht aber andere - wenn auch mit ihnen verwandte -

Rechtsbegriffe oder ihr Verhältnis zu den Deliktsmerkmalen anderer Tatbestände, für die eine Frage gar nicht gestellt wurde, zu erläutern hatte: Da eine Eventualfrage in Richtung des Verbrechens nach dem § 202 Abs. 1 StGB - zu Recht -

nicht gestellt worden war, brauchte sich die Rechtsbelehrung mit dieser Gesetzesstelle nicht zu befassen, weshalb sich die Beschwerde des Angeklagten A auch insoweit als unbegründet erweist. Auf das zuletzt Gesagte ist aber auch der Angeklagte B zu verweisen, insoweit er sich in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO zunächst deshalb beschwert erachtet, weil die schriftliche Rechtsbelehrung keine Darlegungen zum Tatbild des Verbrechens der Schändung nach dem § 205 Abs. 1 StGB enthalte. Denn auch in dieser Richtung kam es zu keiner Fragestellung, was im übrigen vom Angeklagten B im Rahmen des von ihm ebenfalls geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Z. 6 des § 345 Abs. 1 StPO auch gar nicht gerügt wird, weshalb sich weitere Ausführungen hiezu erübrigen. Aus den gleichen Erwägungen bedurfte es schließlich entgegen der Meinung des beschwerdeführenden Angeklagten B in der Rechtsbelehrung auch keiner Auseinandersetzung mit der Abgrenzung der für die Verwirklichung des Tatbildes des Verbrechens nach dem § 201 Abs. 1 StGB zumindest erforderlichen Schuldform des bedingten Vorsatzes - welche für sich allein ausführlich und richtig erörtert wurde - und der hier nicht in Betracht kommenden der bewußten Fahrlässigkeit.

Soweit dieser Angeklagte ferner rügt, die Rechtsbelehrung sei auch deshalb irreführend, weil entgegen ihrer Darstellung 'nicht jedes Schaffen einer Gelegenheit eine strafrechtlich relevante Mitgestaltung von Tatumständen sein' müsse, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Belehrung unter Berücksichtigung der Zusammenhänge eine derartige Darstellung in Wirklichkeit nicht enthält. Vielmehr wird der Begriff der Mittäterschaft ausführlich und zutreffend behandelt, woran sich eine ebenfalls im Grund richtige beispielsweise Beifügung des - sinngemäß wiedergegebenen - Inhaltes schließt, bei Notzucht sei etwa auch derjenige Mittäter, der schon den Beginn des Notzuchtsaktes durch Schaffen der Gelegenheit und Absprache mit jener anderen Person (Mittäter), die dann die Frau widerstandsunfähig macht, einleitet und sich dann an der Tat durch Ausführung des Geschlechtsverkehres am widerstandsunfähig gemachten Opfer beteiligt. Aber auch die Erläuterung des Begriffes der Beteiligung (§ 12 StGB) in der schriftlichen Rechtsbelehrung ist entgegen der Meinung des Angeklagten B nicht widersprüchlich und erweckt keineswegs den Eindruck, daß jeder, der von strafbaren Handlungen 'Kenntnis hat', deswegen schon zum Beteiligten im Sinn des § 12 StGB wird. Vielmehr ist genügend klar zum Ausdruck gebracht, daß neben dem Wissen und Wollen in bezug auf eine Straftat, die ein anderer begehen soll, auch ein Verhalten des Beteiligten vorausgesetzt wird, das die Begehung der strafbaren Handlung des unmittelbaren Täters erleichtert oder fördert.

Insoweit erweisen sich daher auch die auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Ausführungen des Angeklagten B als nicht stichhältig, wobei noch beigefügt sei, daß der abschließende Hinweis des Beschwerdevorbringens, es hätte auch Sache der Rechtsbelehrung sein müssen, die Frage der 'überschießenden Innentendenz bei der Beteiligung' gehörig zu behandeln, mangels Klarheit einer sachlichen Erledigung nicht zuführbar ist; sollte damit die Frage der überschreitung des gemeinsamen Vorsatzes durch einen der Mittäter aufgeworfen werden, so gilt auch hier, daß der Umfang der Fragestellung und ihr Substrat eine Ausweitung der Rechtsbelehrung in dieser Richtung nicht erforderte. Was jedoch die auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 6

des § 345 Abs. 1 StPO gestützte Rüge des Angeklagten B anlangt, es hätte der Schwurgerichtshof unter Zugrundelegung seiner Auffassung, rechtlich sei eine Idealkonkurrenz zwischen den Tatbeständen des § 201 Abs. 1 StGB und des § 83 Abs. 2 StGB möglich, konsequenterweise neben der Hauptfrage wegen des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs. 2 StGB eine solche nach dem Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB stellen müssen, so übersieht der Beschwerdeführer hier, daß eine derartige Fragestellung den Denkgesetzen zuwiderliefe, weil das Verbrechen nach dem § 201 Abs. 2 StGB die zumindest fahrlässige (§ 7 Abs. 2 StGB) Herbeiführung einer schweren Verletzung im Zug der dolosen Notzuchtshandlung voraussetzt, das Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB hingegen eine mit Mißhandlungsvorsatz zumindest fahrlässig herbeigeführte leichte Verletzung, weshalb die Stellung zweier derartiger Hauptfragen, bezogen auf denselben Sachverhalt, unvereinbar wäre. Im übrigen ist er mit seinen diesbezüglichen Ausführungen auf die nachstehenden Darlegungen zur Rechtsrüge zu verweisen, wonach schon die Auffassung des Erstgerichtes, es sei eine Idealkonkurrenz zwischen den Delikten nach dem § 201 Abs. 1 StGB und dem § 83 Abs. 2 StGB möglich, nicht der Rechtslage entspricht.

In diesem Umfang versagt sohin auch die Beschwerde des Angeklagten

B.

Hingegen kommt beiden Nichtigkeitsbeschwerden Berechtigung zu, soweit sie sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 12 des § 345 Abs. 1 StPO geltend machen, der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellte Sachverhalt sei zu Unrecht nicht nur dem Tatbild des Verbrechens nach dem § 201 Abs. 1 StGB, sondern auch jenem des Vergehens nach dem § 83 Abs. 2 StGB unterstellt worden. Wird nämlich eines der in den § 201 bis 204 StGB umschriebenen Delikte oder ein Raub unter Anwendung körperlicher Gewalt begangen und zieht diese Gewaltanwendung eine leichte Verletzung des Opfers nach sich, so ist dem Täter nicht zusätzlich auch das Vergehen nach dem § 83

StGB als - damit in Tateinheit verwirklichtes - selbständiges Delikt zuzurechnen. Denn nach dem jeweiligen Abs. 2

der § 201 bis 204 StGB und ebenso nach dem § 143 StGB führt unter anderem der Eintritt schwerer Verletzungsfolgen stets zur Ausmessung der Strafe nach den dort normierten höheren Strafsätzen für die solcherart qualifizierten Taten:

Hieraus folgt, daß der Tatbestand der so beschwerten obigen Delikte auch die eingetretene schwere körperliche Beschädigung in sich schließt, weshalb eine leichte Verletzung umso mehr von den betreffenden Tatbeständen erfaßt wird und nicht als eigenes - konkurrierendes - Delikt zu behandeln ist (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/59).

Vorliegend ergibt sich aus der Aktenlage, daß Anna C sämtliche

Verletzungen - einerseits äußere Verletzungen (Blutunterlaufungen

unter dem linken Jochbogen, an den Brüsten, am linken Oberarm und an

beiden Oberschenkeln sowie einen Kratzer an der Stirne mit

Bluterguß), anderseits aber auch eine tiefreichende

Scheidenzerreissung mit Eröffnung mehrerer kleiner

Scheidenschlagadern und der linken Gebärmutterschlagader - durch A

im Zug der gemeinsam mit B verübten Notzuchtshandlung erlitt, worauf

der Schwurgerichtshof auch bei der Formulierung der auf das Vergehen

nach dem § 83 Abs. 2 StGB gerichteten Eventualfragen III (' ... bei

der in der Eventualfrage II beschriebenen Tat ... ') und V (' ...

bei dem in der Eventualfrage IV umschriebenen Sachverhalt ... ')

Bedacht nahm.

Hiezu sei der Vollständigkeit halber bemerkt, daß die oberwähnten Unterleibsverletzungen nach dem Gutachten des Gerichtssachverständigen schwere (lebensgefährliche), die anderen hingegen nur leichte Verletzungen darstellten und die Geschwornen ersichtlich (vgl. auch die gemäß dem § 331 Abs. 3 StPO abgefaßte Niederschrift) die für die beiden Angeklagten gestellte Hauptfrage I und die auf A bezogene Eventualfrage I (§ 201 Abs. 2 StGB) nicht deshalb verneinten, weil sie etwa den Eintritt oder schweren Grad dieser Verletzung anzweifelten, sondern weil sie diese Verletzung zufolge der vom gerichtsärztlichen Sachverständigen bestätigten Seltenheit den Angeklagten nicht für strafrechtlich zurechenbar (§ 7 Abs. 2 StGB) erachteten.

Da die in bezug auf den Angeklagten A ('bei Verneinung der Hauptfrage I ... ') gestellte, im übrigen hinsichtlich der Art des Vorsatzes (Verletzungsvorsatz oder Mißhandlungsvorsatz mit fahrlässiger Verletzung) sprachlich unklar formulierte - wohl aber letztlich ein Handeln im Sinn des § 83 Abs. 2 StGB ausdrückende - Eventualfrage V aber auch wieder diese Unterleibsverletzungen umfaßt und von den Geschwornen bejaht wurde, erweist sich die Antwort der Geschwornen auf die gestellten Fragen insoweit als in sich widersprechend, als nicht einerseits eine - auch bloß auf Fahrlässigkeit beruhende - strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Zufügung der schweren Verletzung bei der Notzuchtshandlung verneint, anderseits aber bejaht werden kann. Der dadurch verwirklichte Nichtigkeitsgrund der Z. 9

des § 345 Abs. 1 StPO wurde aber von keinem der Angeklagten geltend gemacht und kann auch nicht von Amts wegen aufgegriffen werden. Die Annahme der Zufügung von leichten Verletzungen im Zuge einer Notzuchtshandlung ist aber - wie oben ausgeführt - dem Täter rechtsrichtig nicht gesondert als Vergehen nach dem § 83 StGB zuzurechnen. Ebenfalls nur illustrativ sei schließlich darauf verwiesen, daß der Angeklagte Alfred B auf Grund der bejahten Eventualfrage III - die sich auch tatsächlich nur auf die leichten Verletzungen der Anna C bezog - selbst unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des Erstgerichtes des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB als Beteiligter nach dem § 12 StGB - und nicht als unmittelbarer Täter - schuldig zu erkennen gewesen wäre; auch diesem Umstand kommt aber, ausgehend von der richtigen Rechtsansicht, wonach zwischen den Delikten nach dem § 201 Abs. 1 StGB und dem § 83 StGB keine Idealkonkurrenz anzunehmen ist, hier keine weitere Bedeutung zu.

Das Urteil des Geschwornengerichtes erweist sich daher im aufgezeigten Umfang als mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 12 des § 345 Abs. 1 StPO behaftet, weshalb in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der beiden Angeklagten wie im Spruch zu entscheiden war.

Diese Vorgangsweise hatte eine Neubemessung der Strafen nach dem

(gleichbleibenden) Strafsatz des § 201 Abs. 1

StGB zur Folge.

Bei der Strafbemessung waren im Fall des Angeklagten A erschwerend die Verletzung des Opfers, die besondere Rohheit im Zuge der Tatverübung und die einschlägigen Vorstrafen, mildernd das Geständnis und die offenbare Verstandesschwäche, im Fall des Angeklagten B erschwerend die Verletzung des Opfers und die einschlägigen Vorstrafen, mildernd das Geständnis und die ersichtliche Verstandesschwäche.

Die verhängten Freiheitsstrafen entsprechen dem Unrechtsgehalt der Verfehlung und dem Verschuldensgrad der Angeklagten. Sie sind - aus spezialpräventiver Sicht -

geboten, um die beiden Angeklagten auf den rechten Weg zurückzuführen.

Die übrigen Entscheidungen beruhen auf den bezogenen Gesetzesstellen.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf den Strafneuausspruch zu verweisen.