JudikaturJustiz13Os110/98

13Os110/98 – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. September 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. September 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Rouschal, Dr. E. Adamovic und Dr. Habl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kofler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Werner G***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen und räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 130, 131 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 4. Mai 1998, GZ 27 Vr 529/98-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe die Diebstähle gewerbsmäßig begangen, sohin in der Unterstellung derselben auch unter § 130 erster Fall StGB, demnach auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die durch den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch Vorbehalte selbständiger Verfolgung gemäß § 263 Abs 2 StPO sowie Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurde Werner G***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen und räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall, 131 StGB (A) sowie der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (B) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er in Linz und Steyregg

A/ gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen nachgenannten Personen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

1. am 10.März 1998 eine Geldbörse mit 100 S Bargeld dem Georg P*****, wobei er, beim Diebstahl auf frischer Tat betreten, dadurch, daß er den ihm verfolgenden Georg P***** drohte, er werde ihn hauen, er mehrmals mit den Fäusten in Richtung seines Gesichtes schlug und drohte, mit dem Messer auf ihn loszugehen, Gewalt gegen eine Person anwendete und sie mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben bedrohte, um sich die weggenommene Sache zu erhalten;

2. am 23.Februar 1998 in Steyregg eine Geldbörse im Wert von ca 200 S bis 300 S des Athanas F*****;

B/ am 10.März 1998 den Polizeibeamten Günter W***** mit Gewalt, indem er sich von ihm losriß und ihn zur Seite drückte, an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme und Anlegung der Handfesseln, zu hindern versucht;

C/ am 23.Februar 1998 Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich einen Führer- und einen Zulassungsschein, lautend auf Athanas F***** mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis von Rechtsverhältnissen gebraucht werden.

Gegen die Schuldsprüche richtet sich eine auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die zum Teil berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Anfechtungsantrag (... "das angefochtene Urteil aufzuheben ...") alle den Angeklagten treffenden Schuldspruchsteile, also auch zu Faktum B umfaßt, mangelt es der Beschwerde an der vom Gesetz vorausgesetzten deutlichen und bestimmten Bezeichnung von gesetzlichen Nichtigkeitsgründen; sie läßt auch ausdrückliche oder doch durch deutliche Hinweisung angeführte Tatumstände vermissen, die Nichtigkeitsgründe bilden sollen, weshalb sie insoweit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist und zum genannten Schuldspruch als unzulässig zurückzuweisen war (§§ 285 Abs 1 Z 1 iVm 285a Z 2 StPO).

Auch der Mängelrüge (Z 5) kommt keine Berechtigung zu, soweit sie sich gegen die Täterschaft des Angeklagten beim Diebstahl und der Urkundenunterdrückung sowie die räuberische Vorgangsweise beim ersteren richtet. Hier zeigt die Beschwerde nämlich keine Formalmängel auf, sondern sucht, indem sie selbst nach Art einer Schuldberufung Beweiswerterwägungen anstellt, jene der Tatrichter in Zweifel zu ziehen und eine dem Angeklagten genehmere Lösung der Schuldfrage herbeizuführen. Solcherart richtet sich die Beschwerde jedoch - im Nichtigkeitsverfahren gegen kolle- gialgerichtliche Urteile unzulässig - gegen einen Akt der freien richterlichen Beweiswürdigung.

Im Recht ist die Beschwerde jedoch insoweit, als sie (Z 5 und Z 10) die Annahme bekämpft, der Angeklagte habe die Diebstähle gewerbsmäßig begangen.

Unter Hinweis auf die tristen finanziellen Verhältnisse des Angeklagten, insbesondere seinen Bargeldmangel und die mehrfachen (gegenständlich: zwei) diebischen Angriffe stellten die Tatrichter fest, der Angeklagte habe beim Diebstahl in der Absicht gehandelt, sich durch die wiederkehrende Begehung ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (US 8, 11). Dies allein vermag aber vorliegend die Beurteilung der gewerbsmäßigen Tatbegehung nicht hinreichend zu rechtfertigen, weil der festgestellte Gesamtwert der Beute bei beiden Angriffen nur 300 bis 400 S beträgt, somit deutlich unter der Bagatellgrenze gelegen ist. Nun können zwar auch geringfügige Nebeneinkünfte gewerbsmäßig erstrebt werden, müssen aber dann insgesamt den Bagatellbereich übersteigen, mithin wirtschaftlich nicht ganz unbedeutend sein (14 Os 103/96). In Anbetracht der insgesamt geringen Diebsbeute hätte es sohin trotz ein- schlägiger Vorbelastung und der erst kurz vor dem ersten Diebstahlsfaktum erfolgten Haftentlassung (US 5; S 21) der weiteren Feststellung bedurft, ob (durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen) ein (fortlaufendes) insgesamt über der Bagatellgrenze liegendes Einkommen verschafft werden sollte.

Da dies unterblieben ist und dieser Mangel durch den Obersten Gerichtshof nicht behoben werden kann, zeigt sich, daß die diesbezügliche Durchführung einer neuen Hauptverhandlung unentbehrlich ist.

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt zu bleiben hatte, im aufgezeigten Umfang bereits bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und insoweit Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285e StPO) sowie der Angeklagte mit seiner Berufung auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Im übrigen war jedoch die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.